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BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
Versteinerter Baumstamm
3.November 2008 - Jetzt abstimmen
Aus
dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski
Mit
Gesprächen über den Klimawandel könnten wir Abende füllen, denn
schließlich hatten wir einen recht kühlen Sommer, und niemals zuvor war
es so kalt im September, wie in diesem Jahr. Es gibt Freunde, die
behaupten, dass es früher die Temperaturen im Dezember zuließen, am
Strand zu schlafen und in den Monaten März und April überwiegend draußen
zu leben. Nun, ich hingegen erinnere mich nur zu gut an unsere ersten
Jahre hier auf der Insel, wo es im Winter Schnee und Regen gab. Wird es
immer kälter in Griechenland?
Die
letzte Woche zeigte uns das Gegenteil: Die Temperaturen stiegen auf fast
30 Grad, und dieses Wetter lockte wieder einige Schwimmer ins Meer.
Viele Griechen jedoch schauen derweil traurig auf Ihre Olivenbäume. Da
kein Tropfen Regen fiel, sieht es nach einer schlechten Ernte aus, und
die wenigen Früchte, die an den Zweigen hängen, sind klein und schreien
nach Wasser, damit sie vielleicht, wie durch Zauberhand, doch noch prall
und saftig genug werden, um das gesunde gelbgoldene Öl zu schenken.
Die
Zeitgeschichte zeigt uns, dass das Klima nie stabil war. Hier, auf
Lesvos, beweist dies der „Versteinerte Wald“, der vor vielen Millionen
Jahren entstanden ist. Damals bedeckten riesige Wälder von Mammutbäumen
(Sequoia), die Insel, von der Art, wie es sie heute nur unter tropischen
und subtropischen Klimabedingungen in Süd-Ost-Asien und Nordamerika
gibt. Dies lässt die Wissenschaft zu der Überzeugung gelangen, dass in
Griechenland und in jedem Fall auf Lesvos einst eine solche Witterung
herrschte.
Will man Vulkane in Europa sehen, so besucht man Sizilien, um den
grummelnden Ätna zu besteigen oder man steigt in einen spektakulären
Krater auf Madeira, um in das Dorf Curral das Freias zu gelangen. Nach
Lesvos treibt es Vulkanliebhaber nicht wegen ihres Hobbys, obwohl es
doch diese Feuer speienden Berge waren, denen die Insel ihre
Fruchtbarkeit und ihre Attraktion zu verdanken hat. Die Insel ist somit
für die Geologen voller Schätze und der 15.000 qm große Park, mit all
seinen versteinerten Bäumen und Pflanzen ist für sie ein Paradies,
obwohl es nicht einen aktiven Vulkan mehr gibt.
Sollten Sie einmal eine geführte Tour zu dem faszinierenden geologischen
Park im Westen der Insel machen und sich den Dörfern Agra und Anemotia
nähern, so wird man Sie darüber informieren, dass Sie gerade den Krater
eines Vulkans durchqueren. Dieses nachzuvollziehen, bedarf schon einer
Menge Phantasie. Zwar stellt die raue Bergwelt mit ihren zerklüfteten
Berghängen eine sehr interessante Landschaft dar, aber es erinnert bei
weitem nichts an einen konisch runden Berg, aus dessen krönendem Gipfel
Rauch aufsteigen könnte.
Überall auf der Insel kann man leuchtend buntes Gestein und
pulverisierte Lava finden, ebenso Zeitzeugen für das damalige
Vorhandensein inzwischen erloschener Vulkane, wie es der „Versteinerte
Wald“ ist, dessen Bäume und Wurzeln sich ja nur dank der Vulkanausbrüche
und der darauf folgenden Regenfälle teilweise in Halbedelsteine
verwandelten.
Wenn Sie im Sommer in den Park kommen, kann es sein, dass die sengende
Hitze es nicht zulässt, dass Sie sich vorstellen können, dass die Insel
einst mit riesigen Bäumen bewachsen war. Doch ich bin sicher, schlendern
Sie in der Vor- oder Nachsaison gemächlich zwischen den beeindruckenden
uralten Bäumen daher, wird es Sie sicherlich nicht unberührt lassen.
Der
„Versteinerte Wald“ von Lesvos ist der größte seiner Art auf der Welt.
Es gibt noch kleinere Parks: In der Provinz Chubut in Argentinen das „Petrified
Forest National Monument“, in Belgien der „Geosite Goudberg von
Hoegaarden“, „Paleorrota“ und „Geopark“ in Brasilien, den „Petrified
Forest National Park“ in Arizona und darüber hinaus noch weitere kleine
Plätze mit versteinerten Bäumen in anderen Ländern, wie z.B. in Ägypten,
Indien und der Tschechischen Republik.
Lesvos ist sehr stolz auf dieses Naturphänomen, aber bezüglich
touristischer Attraktionen hat es starke Konkurrenten im eigenen Land,
denkt man nur an den „Palast von Knossos“ auf Kreta, die
mittelalterliche Stadt von Rhodos und die Akropolis in Athen, die ja
sogar eine Startnummer für die Wahl der „Neuen Sieben Weltwunder“ hatte.
Die Akropolis hat es nicht geschafft, aber es gibt eine neue Chance für
Griechenland, denn nun will man im nächsten Jahr aufrufen, zur Wahl der
„Neuen 7 Weltwunder der Natur“. Die Vorrunden, in denen ein jeder, auch
per Internet, seine Stimme abgeben kann, sind bereits in vollem Gange,
aber letztendlich darf ein jedes Land nur mit einem Naturwunder in die
nächste Runde.
Für
Lesvos ist dies keine gute Nachricht, denn nun muss sich der
„Versteinerte Wald“ messen mit den Meteora-Felsen, der Insel Santorin
und dem höchsten Berg Griechenlands, dem Olympos. Der derzeitige
Zwischenstand: Olympos = Platz 107, Santorin = Platz 137, Meteora =
Platz 111, tja, und der „Versteinerte Wald“ liegt leider erst auf der
322. Stelle!
Seltsamerweise tritt der „Versteinerte Wald“ in der Kategorie „Wälder“
an, meiner Meinung nach würde er besser in die Sparte „Felsen“ oder
„Parks“ passen. Nicht, dass es irgendwas bringt, aber ich würde doch nur
zu gern sehen, dass das Naturwunder von Lesvos einen zweistelligen Platz
erringt. Dieser faszinierende Ort auf einer bezaubernden Insel ist es
doch sicherlich wert, dass Sie Ihre Stimme für ihn abgeben. Also, lassen
Sie Ihr Abstimmungsrecht nicht ungenutzt und wählen Sie den
„Versteinerten Wald“ von Lesvos!
www.new7wonders.com
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