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BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
Sonnenuntergang
im Hafen von Molyvos
13.Mai 2008 -
Besuch einer Ex-Prinzessin
Aus
dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski
Die Saison
in diesem Jahr begann ziemlich abrupt, denn zu Ostern gab es nicht nur in
Griechenland sondern auch in anderen Ländern Europas Ferien. Somit machten
Touristen und Griechen „das Dorf unsicher“ (eine deutsche als auch ein
holländisches Redewendung). Nein, nicht wirklich, denn hier auf Lesvos gibt es
keine Jugendlichen, die Krawall machen oder grölend durch die Gassen laufen.
Auch der Großteil der Touristen verhielt sich vorbildlich, bis auf einige
Griechen, die lautstark in den Tavernen um schnelleren Service baten, aber das
kennt man ja, denn die Festlandbesucher, möchten immer gern schnell ihr Essen
auf dem Tisch haben.
Von einem
Tag auf den anderen waren die Hotels ausgebucht, die Shops, Cafés und
Restaurants geöffnet, und die Straßen von Molyvos voller Leben. Wir haben uns ja
schon daran gewöhnt, dass uns auf unseren Spaziergängen in den Bergen
verzweifelte Wandersleute entgegenkommen, weil sie mit der schlechten
holländischen Übersetzung des Wanderführers von Mike Maunders nicht klar kommen
oder weil sie nicht wissen, wie sie die Anweisungen des Guides von den Andersons
interpretieren sollen. An Feiertagen, wie Ostern und dem 1. Mai, zeichnet sich
diese Verzweiflung auch in den Gesichtern der Besucher von Molyvos ab, denn im
Dorf schiebt man sich in diesen Zeiten förmlich durch die Gassen, und es ist
fast unmöglich, einen freien Tisch in einem Restaurant zu finden. Dieses Jahr
war es dermaßen voll, dass sogar die Hauptstraße zeitweise gesperrt werden
musste, hauptsächlich dank der Griechen, die sich weigerten, das
mittelalterliche Städtchen zu Fuß zu erkunden. Molyvos war unbeschreiblich
geschäftig, einladend und gastfreundlich. Es wurden Filme, Musik, Feuerwerk und
Paraden präsentiert.
So
animierend der Saisonstart auch war, richtig warm wurde einem dabei nicht, denn
Wolken und ein kalter Wind sorgten dafür, dass die Temperaturen für diese
Jahreszeit recht niedrig waren. Waren in Holland, Belgien und auch an den
deutschen Küsten die Strände voll, so scheute man sich hier doch noch, sich in
die Fluten des blauen Meeres zu stürzen.
Zur rechten
Zeit endeten die Ferien und die Menschen kehrten in ihre Heimat zurück, denn am
späten Sonntagabend wurde Molyvos von einem königlichen Besuch überrascht. Es
begann damit, dass eine prachtvolle riesige Segeljacht sich dem Hafen näherte
und bewaffnete Polizisten strategisch die Kais besetzten. Dann brachte ein
kleines Boot Königin Sofia von Spanien ans Ufer.
Es war kein
offizieller Besuch, was den fehlenden roten Teppich erklärt. Auf meine Frage,
was die Königin gerade nach Molyvos führte, bekam ich von den Menschen, die
ihrer Ankunft beiwohnten, die Antwort: Shopping!
Shopping?
In
Molyvos?
Na, ich
musste schon lachen, denn vor meinem inneren Auge sah ich “Eure Majestät” durch
staubige Supermärkte wandeln und in Souvenirläden kramen, die seit Jahren ein
und dieselben Waren anbieten, na eben die, die wahrscheinlich in ganz
Griechenland feilgeboten werden. Oder kam sie etwa extra wegen der Spezialitäten
der Insel, die es früher allein in der Kooperative bei der Eselsstation gab aber
jetzt auch in vielen Läden in der Agora verkauft werden? Das goldene
Lesvos-Olivenöl, die köstlichen eingelegten süßen Früchte, der Ouzo, der als der
beste des ganzen Landes gilt? Inzwischen hat sich die Qualität dieser Produkte
über die Landesgrenzen hinaus herumgesprochen und sie haben Berühmtheit erlangt.
Tja, was mag wohl der Bürgermeister von Molyvos Königin Sofia bei ihrem
Spaziergang durch die Marktstraße von Molyvos alles erzählt haben? Wie auch
immer, sie war knapp einen Tag zu spät und verpasste darum die Chance, die
hiesigen Musikanten in Aktion zu sehen. Nachdem ein Film über „Rebetica“
(griechisch-orientalische Musikrichtung) gezeigt wurde, ergriffen diese freudig
ihre Instrumente und spielten, sangen und tanzten bis in den späten
Sonntagvormittag.
Doch ich
denke, Königin Sofia hat ja eigentlich genug griechischen Tanz und Gesang in
ihrem Leben mitbekommen. 1938 wurde sie als Tochter von Paul I., dem damals
regierenden König von Griechenland, geboren. 1962 heiratete sie Prinz Juan
Carlos von Spanien, der 1975 den Thron bestieg. Sofia hingegen verlor ihren
Prinzessinnen-Titel, als 1967 in Griechenland die Demokratie ausgerufen und
königliche Titel damit abgeschafft wurden. Es war die Militärjunta, die der
griechischen Monarchie ein Ende setzte, und Sofias Bruder, Konstantin I., der
1964 nach seinem Vater König von Griechenland wurde, vom Thron schubste. Und
auch nach der Junta wollte die Bevölkerung ihr Königshaus nicht mehr zurück.
Eine Volksabstimmung im Jahre 1974 ergab, dass eine deutliche Mehrheit der
Griechen gegen die Monarchie war.
Nein, es
stimmt nicht, dass Königin Sofia von Lesvos, oder gar aus Molyvos stammt, wie
manch einer sich zuflüsterte, als sie durch das pittoreske Städtchen wandelte.
Sie wurde auch nicht empfangen, wie man eigentlich eine Königin empfängt, aber,
wie sie sich gab und was immer sie sagte, vermittelte den Eindruck, dass sie
sich sehr geehrt fühlte und man sich nicht vorstellen konnte, dass es diesen
negativen Volksentscheid gegen sie und ihre Familie in Griechenland je gegeben
hat.
Also, warum
haben ihre Wege sie denn nun nach Molyvos geführt? War es eine Reise aus
Sentimentalität, weil sie ihren Mann bei einer Kreuzfahrt zu den griechischen
Inseln kennen lernte? Hat ihre langjährige Liebe ihre Wurzeln hier auf Lesvos?
Denn auf irgendeiner griechischen Insel haben sie sich das erste Mal geküsst...
Copyright ©Julie Smit 2008 |