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BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
5.Juli 2008 -
Touristen-, Wild-, Haus- und zugelaufene Katzen
Aus
dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski
Seit der
Sommer angebrochen ist, ist es für mich hier wie Urlaub. Nicht allein deshalb,
weil das Wetter nun zum täglichen Schwimmen im Meer einlädt, sondern auch, weil
ich nun nicht mehr dauernd riesige Töpfe voll Nudeln kochen und mich nicht immer
darum kümmern muss, dass genug Futter im Haus ist.
Sind es im
Winter über 20 Katzen, die ich verpflege, so halten sich jetzt an manchen Tagen
gerade mal 3 an unserem Haus auf. Statt 10 Futternäpfe, habe ich nur noch eine
längliche Schale zu füllen, denn die meisten der Samtpfoten haben ihren
alljährlichen langen Sommerurlaub angetreten. Die größte Reisegruppe hat sich im
benachbarten Hotel einquartiert, als sie die ersten Touristen erblickten, andere
verteilten sich auf diverse Feriendomizile, die inzwischen von so netten
Zweibeinern bewohnt sind, die täglich für gefüllte Näpfe sorgen und nicht geizig
mit Zuwendung und Streicheleinheiten umgehen.
Ich sollte
eine Marktlücke füllen und den „Katzenurlaub“ organisieren! Nein, mein Klientel
wären nicht die Tiere, sondern diejenigen unter den Lesvos-Besuchern, die Freude
daran haben und es als Bereicherung ihres Aufenthaltes sehen, wenn sie sich in
dieser Zeit um die Katzen kümmern können. Ja, ihre Gesellschaft zu haben, ist
wirklich sehr süß, und ich beschwere mich auch nicht darüber, dass die Katzen
von ihnen verwöhnt werden, aber ich frage mich, ob sich irgendjemand Gedanken
darüber macht, dass dieses Verhätscheln Folgen hat? Die Katzen (und auch einige
Hunde) lernen, während Mensch zu den Mahlzeiten am Tisch sitzt, um Futter zu
betteln, sich es auf seinem Schoß bequem zu machen, sie finden Gefallen daran,
in einem weichen Bett zu schlafen und es sich in einem Haus einzurichten.
Normalerweise sind dies doch alles griechische Wildkatzen, die sich gut selbst
versorgen können, und die nun durch dieses Betütern zu Touristen-Katzen werden.
Eine
weitere schlechte Angewohnheit von Touristen ist die, Katzen von der Straße
aufzulesen und sie mit in ihre Ferienunterkunft zu nehmen. Sie können diesen
süßen wolligen schnurrenden Samtpfötchen einfach nicht widerstehen und sind
guten Glaubens, dass sie in ihrem Zimmer mit stets gefülltem Fressnapf und nie
fehlender Aufmerksamkeit besser aufgehoben sind. Aber stellen sie sich denn gar
nicht die Frage, was mit ihren „Schützlingen auf Zeit“ passiert, wenn sie
abgereist sind, die Saison zu Ende geht und das Hotel die Pforten schließt?
Schauen
Sie, ich habe kein Katzen-Auffanglager, ich tue nur alles, was mir möglich ist,
dass sich die Vermehrung in einem normalen Rahmen hält, das heißt, dass ich im
Winter dafür sorge, dass soviel Katzen, wie möglich, sterilisiert und einige
Kater kastriert werden. Wenn der Sommer beginnt, habe ich dies bewerkstelligt
und dann? Wie ist es denn trotzdem möglich, dass nach ganz kurzer Zeit so viele
Katzenbabys im Hotel zur Touristenattraktion werden? Bitte, auch das Hotel ist
kein Tier-Asyl!
Sie wollen
nicht wirklich wissen, was hier im November und Dezember passiert, wenn alle
Hotels geschlossen sind. All die Touristen-Katzen streunen, nun plötzlich auf
sich allein gestellt, auf den Straßen herum. Es bleibt doch nicht einer da, um
sie zu füttern oder zu streicheln. Ich weiß, dass das griechische Katzenleben um
einiges härter ist, als das einer holländischen Hauskatze, aber ich frage mich
jetzt, ob eine „Touristenkatze“ es nicht doch noch schwerer hat. Im Sommer
überschüttet mit Delikatessen und Zärtlichkeiten, und dann, im Winter, ist es
vorbei mit diesem Wohlstand und sie muss sich wieder auf ihre Instinkte
besinnen, um als Wildkatze zu überleben. Bitte, bitte denken Sie daran, wenn Sie
das Bedürfnis haben, in Ihrem Urlaub eine Katze zu verwöhnen.
Glücklicherweise gibt es auch Touristen, die an ihrem Urlaubsort ihr Herz an
eine Katze oder einen Hund verlieren und sich dazu entschließen, diesen
Vierbeiner mit in die Heimat zu nehmen. Diese Tiere werden dann zu
fremdländischen Hauskatzen und sie erwartet ein Leben, von denen viele Katzen
hier nur träumen können. Manchmal denke ich darüber nach, dass man neben
Olivenöl und Feta eigentlich auch Katzen exportieren könnte, es gibt doch
unzählige hier, und dieser Handel wäre sicherlich eine Goldgrube. Aber dann
fallen mir gleich all die überfüllten Tierheime ein und dass es auch nicht allen
holländischen Vierbeinern gut geht und sie häufig genug ebenso ein neues Zuhause
suchen müssen.
Wie auch
immer, auf Lesvos gibt es 2 Tierheime, die man mit denen in Holland vergleichen
kann (außer, dass sie kein Geld zur Verfügung haben): Das „Lesbian Wildlife
Hospital“ in Agia Paraskevi, das gleichzeitig auch eine Krankenstation für
verletzte wildlebende Tiere, wie z.B. Vögel und Schildkröten, hat, und das
EreSOS in Eressós, das Platz für 7 Hunde bietet (aber meistens sind dort um die
20) und ein Haus voller Katzen hat.
Eigentlich
ist das „Lesbian Wildlife Hospital“ kein Obdach für verwundete Tiere, obwohl es
dort wirklich so aussieht. Unter anderem trifft man dort auf sehr eindrucksvolle
Raubvögel, wie Eulen, Bussarde, etc., die nicht mehr allein in freier Wildbahn
überleben können, und sie teilen ihr Haus mit einer großen Anzahl von Hunden und
Katzen. Was sollen Sie sonst machen mit einer Katze, die nach einer Operation
nur noch 3 Beine hat oder mit Welpen, die knapp dem Tod entronnen sind, weil
irgendwer sie einfach in den Müll geworfen hat? Wenn Sie mehr über diese Arbeit
oder die Besuchszeiten wissen möchten:
www.wildlifeoplesbos.net .
Nun zum
stetig expandierenden Heim in Eressós, das sich um Katzen, Hunde, Esel und
Pferde kümmert (ja, es kommt auch vor, dass die Griechen Pferde oder Esel
aussetzen): Sie nehmen Jungtiere auf, die nicht selten auf der Insel in den Müll
geschmissen oder direkt vor ihre Tür gelegt werden, sie befreien angekettete
Hunde, die zum Schutz der Schafe vor Füchsen, in der glühenden Mittagshitze
ohne Schatten dahinsiechen. Fragen Sie nicht, in welch katastrophalem Zustand
diese Kreaturen ihre neue Zufluchtstätte erreichen...
Dort werden
sie dann verpflegt und aufgepäppelt, bevor man für sie ein neues Zuhause (häufig
im Ausland) sucht. Genau wie im „Lesbian Wildlife Hospital“, setzen sich die
Menschen hier zu 200% für die Tiere ein und sind angewiesen auf Spenden und
ehrenamtlicher Mitarbeit. Sie können mit EreSOS Kontakt aufnehmen unter
info@eresosforanimals.com
oder der Telefonnummer (0030) 22530 52148.
Copyright ©Julie Smit 2008 |