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BOULEVARD NEWS AUS LESVOS

 

Safari-Esel im Norden von Lesvos

 

5.Oktober 2008 - Streunende Esel

Aus dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski 

 

Griechenland war einst das Land der Esel. Als es noch keine motorisierten Fahrzeuge gab, reiste man auf den Rücken dieser Grautiere, und sie waren Transportmittel für die Dinge des Alltags, insbesondere in der Olivenernte und beim Einholen von Holz und Heu. Hydra ist eine griechische Insel, auf der die Tradition bewahrt geblieben ist, da auf ihr Kraftfahrzeuge jeglicher Art nicht erlaubt sind. Hier stehen die Esel noch geduldig am Hafen und warten auf die ankommenden Boote, um dann Fracht oder Gepäck ins Dorf zu schleppen.

 

Auch das Eiland Santorini bietet noch Eselsdienste denjenigen an, die all die 600 Stufen hoch zum Krater nicht zu Fuß erklimmen möchten. Angesichts der Besucherzahl, kann man nur sagen, dass die Tierchen dort ein ziemlich hartes Leben haben.

 

Auf Lesvos müssen die Esel auch arbeiten, die meisten jedoch nur einmal am Tag. Hier werden Eselsafaris angeboten, die entweder zum Strand führen, wo die Touristen ein Barbecue erwartet oder als eine interessante landschaftliche Abwechslung durch die Berge. Im Süden der Insel werden die grauen Vierbeiner noch für die Olivenernte gebraucht, da die Hänge der Haine steil und unbefahrbar sind.

 

Trotz alledem ist der griechische Esel vom Aussterben bedroht. War es früher noch so, dass das fotogene Motiv eines alten Mannes auf seinem Esel zum Alltag gehörte, ist es heute Glücksache so ein Bild schießen zu können. Es gab eine Zeit, in der man eine halbe Millionen Esel in Griechenland zählte, aber von 1950 – 1996 reduzierte sich die Anzahl drastisch um 96% auf 18.000. Seitdem sind sie noch weniger geworden, was zum Teil auch mit den katastrophalen Bränden auf dem Peleponnes zusammenhängt, wo 40% der Eselsbevölkerung leben.

 

Die Bauern, die sonst auf die Hilfe der Esel angewiesen waren, sind mittlerweile auf einen Pick-Up umgestiegen und haben ihre treuen Gefährten einfach laufen lassen. Die Grautiere sind nun auf sich selbst gestellt und müssen schauen, wie sie sich ihr Leben einrichten.

 

Auch die Lesvos-Esel, die manch einem von Ihnen solch schöne Ausflüge ermöglicht haben, sind nach der Saison allein. Haben sie ihre Schuldigkeit getan, dann setzt man sie aus, meist in den Bergen, wo sie sich nun um ihr Futter selbst kümmern müssen. Nein, keine Angst, sie haben kein schlechtes Leben da, denn Mutter Natur hat den Tisch dort reichlich gedeckt.

 

Freilaufende Esel sind jedoch der festen Überzeugung, dass sie alles essen dürfen, was ihnen vors Maul kommt, auch wenn sie zufällig in ihren Garten geraten. Die Bezeichnung „dummer Esel“ ist völlig unangebracht, im Gegenteil, sie sind sehr intelligente Tierchen, und ihre allgemein bekannte Sturheit dient ihnen nur, um Vorschriften und Verbote zu verweigern und ihren eigenen Willen durchzusetzen. Warum auch sollten sie eine gerade entdeckte Köstlichkeit in Ihrem Garten so einfach aufgeben?

 

Gefährlich sind die streunenden Esel jedoch in der Nacht, da sie nicht mit Scheinwerfern ausgerüstet sind und allzu oft unverhofft mitten auf der Straße stehen, ganz vertieft in Gedanken über ihr Eselleben. Also, wenn Sie mit Ihrem Auto um eine Kurve kommen, beachten Sie, dass urplötzlich ein Esel vor Ihrer Kühlerhaube auftauchen kann. Aber auch Schafe und Ziegen können Sie so unangenehm überraschen, und auch der Grieche selbst, für den es ganz selbstverständlich ist, mitten auf der Straße mit jemandem, dem er begegnet ist, ein wenig über die neusten Ereignisse zu plaudern.

 

Das Verhalten eines Griechen zu ändern, ist ein aussichtsloses Unterfangen, Schafe und Ziegen müssen die Straße ab und an nutzen, um zu neuen saftigen Weiden zu gelangen, aber im Hinblick auf die streunenden Tiere, ist die griechische Regierung überzeugt, nun endlich diese Problematik in den Griff zu bekommen. Pferde (ja, auch diese Vierbeiner wandern regelmäßig durch die Landschaft und über jegliche Straßen und Pfade) und Eseln sollen nun gekennzeichnet werden, so dass der jeweilige Tierbesitzer schnellstens herausgefunden werden kann, sollte Ihr Garten gerade mal wieder als Futtertrog herhalten müssen oder ein Tier in einen Verkehrsunfall verwickelt sein, was hier nicht selten der Fall ist und oft ziemlich bös ausgeht.

 

Für das Pilot-Projekt hat man Lesvos auserkoren. Ich frage mich, wie man dabei vorgehen will und das gerade im Süden der Insel, dort wo man auf eine Menge Langohren trifft, die entweder unbedarft knabbernd und kauend im Grünen stehen oder mit ihrem breiten Hinterteil mindestens ein Drittel der Straße in Beschlag nehmen. Woher will man wissen, wem sie gehören? Will man sie einfangen und in ein Auffanglager für Esel bringen?

 

Hier, im Norden von Lesvos, wird sich dies, vor allem im Winter, einfacher gestalten, denn es gibt nur zwei Eselsbesitzer, nämlich die beiden Organisatoren der Eselstouren (ich spreche jetzt mal nicht von den paar älteren Griechen, die ihre treuen Vierbeiner hegen und pflegen, wie einen guten Freund). Also, vernichtet hier gerade ein Grautier ihre Blumen und Gewächse, bedarf es keiner Kennzeichnung, um zu wissen, auf wen sie wütend mit dem Finger zeigen können.

Bei den Pferden ist es ähnlich. Die Griechen sind verrückt nach ihnen, und einmal im Jahr nehmen die Rösser an einem Umzug im Dorf teil. Es bleibt aber für mich weiterhin ein Rätsel, warum sie die Tiere überhaupt halten. Für das Fleisch bestimmt nicht, denn Pferde sind für den Griechen das, was die heiligen Kühe in Indien sind. Wenn Sie einem Griechen erzählen, dass in Ihrer Heimat Pferdefleisch eine Spezialität ist, schaut er Sie an, als hätten Sie sich gerade als Kannibale geoutet.

 

Bauer kennt Bauer, und da nun mal jeder jeden kennt, ist es schnell herauszufinden, zu wem ein freilaufender Gaul gehört. Natürlich frage ich mich schon, ob ein Chip am Ohr dazu führen wird, dass die dann leicht zu identifizierenden Besitzer ihre Pferde und Esel auf ihrem Grundstück halten werden, aber ernsthaft Sorgen mache ich mir darüber, ob es denn wirklich so weitergehen soll mit all den streunenden Eseln. Wird man sie weiterhin aussetzen, sich selbst überlassen und in Kauf nehmen, dass schwere Unfälle passieren können?

 

Der Artikel, den ich las, und in dem das neue Chip-Projekt angekündigt wurde, stand in der lesvorischen Tageszeitung „Embros“ und beantwortete nicht wirklich meine Fragen. Zwar habe ich gerade erst kürzlich entdeckt, dass man mit nur einem Klick auf der Tastatur ganze Webseiten im Internet übersetzt bekommt, aber die Texte, die dann in der holländischen oder englischen Sprache herauskommen sind wirklich dümmer, wie ein Esel nur sein kann. Aber nichts desto trotz, verfüge ich jetzt über die lokalen Zeitungen, die Online erscheinen. Das griechische Abrakadabra nimmt sogar manchmal erkennbare Formen an, und siehe da, ein Artikel über „strooilicht Ezels“ (griech.:adéspota gaidoéria). In der englischen Fassung ist es korrekt mit „streunende Esel“ übersetzt, aber bitte, welch ein niederländisches Wörterbuch benutzen sie bei Google?

 

Tatsache ist, dass die streunenden Esel auf Lesvos vom Aussterben bedroht sind. Ob dem motorisierten Verkehr zum Opfer gefallen oder nicht, man sieht sie weniger und weniger am Wegesrand. Ein klassisches Bild Griechenlands wird nach und nach verschwinden, besonders wenn die Kennzeichnungspflicht eingeführt wird, denn dann wird ein jeder Bauer bestreiten, einen Esel zu haben...

 

Copyright ©Julie Smit 2008