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BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
Brand
zwischen Molyvos und Pétra
11.August 2008 -
Sommerhits
Aus
dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski
Wir
stecken mitten in der Sommerhitze. Die Straßen von Athen sind leer, denn
die meisten Griechen suchen Abkühlung an den Küsten des Meeres und sie
werden fündig, denn der Nordwind sorgt derzeit selbst mitten im August
für kühle Nächte. Es war der „kälteste“ Juli seit 10 Jahren in
Griechenland und die endlosen Hitzewellen, die im letzten Jahr die
dramatischen Waldbrände auf dem Peleponnes zur Katastrophe haben werden
lassen, sind bis jetzt weg geblieben.
Von
den Bränden kann man dies leider nicht sagen. Seit letzter Woche
erscheint auch Lesvos auf der Liste über die wilden Feuer in
Griechenland. Letzten Mittwoch züngelten zwischen Molyvos und Petra, nah
bei der Anlage „Karuna“, plötzlich hohe Flammen auf. Das Inferno dauerte
nicht lange, aber lange genug, um die Bewohner von „Molywood“ (das neue
Häuserviertel rund um „Milelja“) in Angst und Schrecken zu versetzen.
Angetrieben vom Wind, kroch das Feuer rasend schnell den Berg hinauf,
und es sah so aus, als wolle es den Hafen von Petra erreichen. Der
Feuerwehr gelang es jedoch, unterstützt von einem Hubschrauber und einem
Löschflugzeug, die Flammen in wenigen Stunden zu löschen. In der Nacht
musste man noch einmal ausrücken, da einige Glutherde erneut einen Brand
entfacht hatten, der jedoch schnell erstickt werden konnte. Am Morgen
konnten die Einsatzkräfte nach erfolgreicher Arbeit abrücken, aber
bereits in der nächsten Nacht brannte es in demselben Gebiet schon
wieder (dieses Mal in der Nähe des Stausees).
Über die Ursache für die Brände kursierten mehrere Gerüchte im Dorf. Da
war von einem Bauer die Rede, dessen Zugmaschine in Flammen aufging,
während er sie reparierte, und von einem dummen Landwirt, der
verbotenerweise seinen Müll verbrannte, ja, und auch die Geschichte von
der Brandstiftung machte die Runde. Inzwischen hat sich herausgestellt,
dass es tatsächlich ein Verrückter war, der die Brände absichtlich
legte, denn dem 2. Brand folgten innerhalb weniger Stunden noch 4
kleinere Flammenherde, und zwar allesamt in der Gegend um „Milelja“. Die
Feuerwehr hat nun die Gegend rund um die Uhr unter Beobachtung gestellt.
Doch lassen Sie uns versuchen, die Brände zu vergessen und den
Sommermonat August mit all seiner Geschäftigkeit zu genießen. Am
Freitag, den 15. August, ist „Mariä Himmelfahrt“, nach Ostern der
wichtigste Feiertag in Griechenland. Schon Tage davor zieht es die
griechischen Pilger in Scharen zum uralten Marienbild der
Wallfahrtskirche in Agiássos. Sollten Ihnen Menschenmengen ein Gräuel
sein, so sollten Sie jetzt auch Pétra meiden, denn das Wahrzeichen des
Dorfes, die weiße Kirche auf dem Felsen, ist ebenfalls der Gottesmutter
geweiht und ein beliebtes Ziel in diesen Augusttagen.
Auch Molyvos ist derzeit voller Menschen. Bis zur Monatsmitte sah es
anders aus: Es war für diese Jahreszeit ungewöhnlich leer, und die
Laden- und Restaurantbesitzer hatten allen Grund zur Beschwerde. Bei der
Gemeinde kann die Schuld dafür jedoch nicht gesucht werden, denn die
hatte alles getan, um auch den Besuchern in diesem Sommer Kurzweil zu
bieten, denen Meer und Sonne nicht ausreicht: Neben Kunstausstellungen,
Tanz- und Theateraufführungen sind es Konzerte auf der Burg, die
kulturelle Abwechslung bieten. Am letzten Freitag war es
Panthelis
Thalassinos, der mit zauberhaftem Klang und Gesang die
Sterne vom Himmel spielte. Es war eine wolkenlose sternenklare Nacht,
und die Gemäuer aus längst vergangener Zeit waren versucht, verzückt den
Atem anzuhalten, was jedoch ein eiskalter Wind aus Nordwesten zu
verhindern wusste, der gnadenlos über das Publikum hinwegfegte, und
leider den einen oder anderen von der musikalischen Darbietung ablenkte.
Sehr, sehr schade, denn Thalassinos Stück „Apo tin Petra sto Molyvos“
ist immer wieder ein Hörgenuss, geht es doch um einen Spaziergang von
Pétra nach Molyvos, der seinen Ausklang darin findet, barfuss den Strand
von Eftalou entlangzulaufen (zu finden auf der 1. CD des Doppelalbums „Sist
kardias mou t’anoichta“). Ein anderes Lied, „
Karavia Chiotika
“ erzählt vom strengen Nordwest-Wind (an diesem Abend hatte es
einen zynischen Beigeschmack) und den Booten aus Chios, die Erinnerungen
mitbringen, an eine verlorene Liebe zu einem Mädchen, dessen Mund
süßlich nach Mastix duftete. Die Musik von Thalassinos ist einfach
wundervoll. Sie ist etwas melancholisch, vermeidet den typisch
griechischen Rebetica-Rhythmus, spielt sich leicht in die Herzen der
Zuhörer und entfacht in ihnen die Sehnsucht nach den griechischen
Inseln.
Weiteres beliebtes traditionelles Liedgut wird am 23. August auf der
Burg von den Sängerinnen Melina Aslanidou und Rallia Christidou
vorgetragen. Und sollten Sie auch die Texte, aufgrund mangelnder
Griechisch-Kenntnisse, nicht verstehen, so ist es doch schon ein
unvergessenes Erlebnis unter den Sternen in einer alten Burg zu sitzen
und diesen zauberhaften Klängen zu lauschen.
Der
größte Sommerhit war jedoch der Film „Mamma Mia“. In ganz Griechenland,
und auch in Molyvos, waren die Eintrittskarten zu der Verfilmung des
Musicals mit Hits der schwedischen Gruppe ABBA in Windeseile vergriffen.
Meryl Streep und Pierce Brosnan (früherer James Bond-Darsteller) lockten
alle Altersgruppen ins Kino. Doch nicht die Darsteller waren der
Publikumsmagnet, sondern die atemberaubend schönen Landschaften
Griechenlands. Neben Studioaufnahmen in England wurde auf den
Sporadeninseln Skopelos, Skiathos und Pilion gedreht. Dies ließ die
Kassen zu klingeln (man sagt aber, dass einige Aufnahmen vom Laguna
Beach, Kalifornien, dazwischen gemogelt wurden).
Tja, und in der letzten Nacht war es Mutter Natur, die für einen
spektakulären Auftritt sorgte: Mit einem Gewitter setzte sie Licht, Ton
und Wasser beeindruckend in Szene. Am frühen Abend begann die Show mit
zuckenden grellen Blitzen zwischen den dunklen Wolken über der Türkei.
Erst später untermalte dieses Spektakel der Donner, erst dumpf-grollend
und dann aber heftig knallend. Nun kam der Regen zum Einsatz: strömend
und plätschernd. Die ganze Nacht hielt mich dieses Konzert wach, und
erst als der Morgen dämmerte, konnte ich bei einem beruhigenden steten
plopp-plopp-plopp (ein Loch im Dach!) einschlafen. Bis dahin hatte ich
aber schon mit Dutzenden von Handtüchern alle Fensterrahmen gestopft, um
das Haus trocken zu halten.
Copyright ©Julie Smit 2008 |