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BOULEVARD NEWS AUS LESVOS

 

Wallfahrtskirche der Panagia in Agiássos

 

17.August 2008 - E-Mails für Maria und die Kirchen von Lesvos

Aus dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski 

 

98% der Griechen sind griechisch-orthodox getauft. Fast ausnahmslos besuchen all diese Gläubigen regelmäßig die Kirche. „Mariä Himmelfahrt“, am 15.8., ist nach Ostern der höchste Festtag, Weihnachten rangiert in Griechenland auf Platz 3.

 

Aber ich muss zugeben, dass die kirchlichen Festtage nicht nur „Fresstage“ sind, sondern dass es selbstverständlich ist, an den Gottesdiensten teilzunehmen, obwohl diese in Griechenland Stunden dauern können. Auch Wallfahrten sind noch heute populär, und für die Pilger ist der 15. August das wichtigste Datum. Ein großer Teil der Bevölkerung strömt an diesem Tag zu den bekannten Marienkirchen, um die Gottesmutter zu ehren.

 

Eine der berühmtesten Wallfahrtskirchen Griechenlands ist die „Panagia Evangelistria“ auf der Kykladeninsel Tinos. Zehntausende reisten letzte Woche auf dieses Eiland, um die berühmte Ikone der „Maria Megalomatika“ (Maria mit den großen Augen) mit den Lippen zu berühren. Die Zeit ist auch hier nicht stehen geblieben: Für diejenigen, die nicht an einer Wallfahrt teilnehmen konnten, wurde eine E-Mail-Adresse eingerichtet, und hunderte Menschen aus dem In- und Ausland richteten somit ihre Worte an die Jungfrau Maria.

 

Auch auf Lesvos war an den Orten der Marienverehrung reges Treiben. Tausende Gläubige ließen es sich nicht nehmen, in Pétra die 114 Stufen zu dem Wahrzeichen des Dorfes, dem Felsen mit der „Panagia Glykofiloúsa“ (Kirche der süß küssenden Muttergottes), heraufzusteigen. Für die alten Frauen bedeutete dieser mühevolle Aufstieg auf den Felsen eine ungeheuere Anstrengung und dann noch bei diesen hohen Temperaturen.

 

Schon Wochen vor dem 15. August hieß man die Pilger in der Marienkirchen in Agiássos willkommen. Dem Volksmund nach gelten zwei Wallfahrten nach Agiássos als gleichwertig zu einer Pilgerreise nach Jerusalem. Viele Menschen nehmen den Weg zu Fuß auf sich, und manch ehrfürchtiger Pilger legt das letzte Stück bis ins Dorf auf seinen Knien rutschend zurück. Die Kirche wurde sozusagen als Wohnhaus für die jahrhundertealte Ikone der „Maria Vrefokratoussa (Maria, die das Jesuskind trägt) errichtet. Es wird gesagt, dass der aus Ephesus stammende Agathon, ein Priester aus Konstantinopel, die Ikone im 8. Jahrhundert nach Agiássos brachte.

Agathon wurde nach Jerusalem verbannt, aber er hatte den sehnlichen Wunsch die Kaiserin Irene von Byzanz zu besuchen, die auf Lesvos lebte, und zwar ebenfalls in Verbannung, und im Besitz einer wertvollen Ikonensammlung war.

Als Agathon nun mit dem kostbaren Marienbild (immerhin galt das Bildnis als Werk des Evangelisten Lukas) Lesvos erreichte, war Irene aber gerade verstorben, und er musste sich nach einem sicheren Ort umsehen. Das damals unbesiedelte abgelegene Gebiet rund um den Olympos erschien dem Geistlichen für seine Zwecke ideal, und so errichtete er dort eine kleine Einsiedelei, der sich bald andere Fromme anschlossen. Um 1170 wurde die erste Kirche auf dem Grab Agathons errichtet, es folgten Wohngebäude, und nach und nach entstand ein kleines Dorf. Namensgeberin von Agiassos war die Ikone, denn sie trug die Inschrift „Mitir Theoe, Agia Sohn“, was bedeutet: „Mutter Gottes, Heilige Zion“ (Auch Jerusalem wurde zu dieser Zeit Zion genannt).

 

Agiássos war damals Fluchtpunkt für die Griechen, die den Türken entkommen wollten, als diese Lesvos eroberten. 1701 soll, der Überlieferung nach, ein osmanischer Bezirksverwalter mit dem „Heiligen Wasser“ aus Agiassos von einer schweren Krankheit geheilt worden sein. Daraufhin wurde dem Dorf vom Sultan Steuerfreiheit gewährt. Dieses Steuerparadies zog viele Menschen in das Bergdorf, und Agiássos wurde eine wohlhabende Stadt. Im Jahre 1729 lebten etwa 500 Familien dort.

 

1812 ging die Kirche und ein Teil des Ortes in Flammen auf (ja, auch damals tobten vernichtende Brände). Der Sultan versprach den Bau eines neuen Gotteshauses, dass dann auch errichtet wurde, aber wiederum – zusammen mit der gesamten Siedlung – einem weiteren verheerenden Feuer im Jahre 1877 zum Opfer fiel. Dorf und Kirche wurden wiederum neu aufgebaut.

 

Heute ist Agiássos über die Grenzen hinaus auch bekannt für seine Holzschnitzereien und Töpfereien. Unmittelbar am Dorfeingang wird man schon konfrontiert mit Geschäften, die vom Boden bis zur Decke voll sind mit Keramik und Ikonen. Auf dem Weg bis zur Kirche hat man somit die Möglichkeit, hunderte von Marienabbildungen sowie Teller, Vasen und Krüge in verschiedensten Formen und Farben zu bewundern und alle Heiligen der Insel kennen zu lernen.

 

Und glauben Sie mir, Lesvos hat viele Heilige. Es gibt so viele Kirchen und Kapellen, und ein jedes dieser Gotteshäuser hat seine eigene Geschichte und ist einem Heiligen geweiht. Noch immer lassen Menschen aus Dankbarkeit und zu Ehren einer/eines Heiligen ein Kirchlein errichten, die jedoch leider nicht mehr so schön sind, wie die aus vergangenen Zeiten. Die wertvollen Ikonen und Wandmalereien werden heutzutage ersetzt durch wertlose Drucke und Bildern in kitschigen Rahmen.

 

Einige Fresken aus der Vergangenheit haben überlebt, aber nur wenige Gemeinden haben das Geld, diese Schätze professionell zu erhalten. Eines meiner Lieblingsgemälde ist das Fresko in der Kirche des ehemaligen Nonnenklosters „Moní Perivólis“ (auf dem Weg von Vatoússa nach Ántissa).

Diesem Stück gebührt der Platz in einem Museum. Es stammt aus dem 16. Jahrhundert und gibt eine Szene wieder, wie von Hieronymos Bosch erdacht:

Seemonster fressen Menschen auf... Unverständlich, dass dieses farbenprächtige Kunstwerk immer noch nicht durch eine Glasscheibe geschützt wird.

 

Es ist also völlig zurecht, dass Lesvos mit seinen historischen Kirchen bei World Monuments Watch auf der Liste der 100 am meisten gefährdeten Gebiete steht. 12 Kirchen der Insel, aus dem frühen Christentum bis hin derer, aus dem 19. Jahrhundert, werden erwähnt. Obwohl die Namen nicht verzeichnet sind, bin ich sicher, dass die Kirche von Moní Perivólis darunter ist.

 

Der World Monuments Fund will diese und ähnliche Kulturschätze vor dem Untergang bewahren, einer Zerstörung, die verursacht wurde durch Klimaveränderung, Krieg und andere Gefahren, oder gar durch unsachgemäße Restaurierung, wie dies auf Lesvos der Fall ist. Man weiß hier wirklich nicht, wie ein solches Kunstwerk zu schützen ist. Stellen Sie sich nur einmal vor, und es ist wirklich wahr, um den 15 August eines jeden Jahres, wird eine solch unschätzbar wertvolle, Jahrhunderte alte Ikone von tausenden Menschen berührt und geküsst. Hinzu kommt, das Wandmalereien, wie in Perivólis nicht geschützt werden vor Wettereinwirkungen, Mosaikböden verrotten und unbezahlbare alte Ikonen unbeaufsichtigt zwischen kitschigen neueren Werken stehen.

 

In den größeren Klöstern, wie z.B. dem Kloster Limónos, bei Kalloní, und in der Taxiárches-Kirche in Mandamádos, kümmert man sich um seine Schätze. Aber wie sieht das Schicksal der kulturellen Kostbarkeiten in den kleineren und weniger populären Kirchlein aus? Nehmen wir z.B. die Wandmalereien von Liota: Sie sind fast alle verschwunden! Die reiche, konservative, griechisch-orthodoxe Kirche Griechenlands sollte sich schämen, dass eine internationale Organisation sich um ihre Schätze kümmern muss...

 

Copyright ©Julie Smit 2008