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BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
24.Juni 2008 -
Geld regiert die Welt
Aus
dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski
Wiederum
hört man Geschichten, wie aus dem Wilden Westen, von Kreta, der Insel, die
berüchtigt ist für ihre Fehden. Es scheint so, als gäbe es auf Kreta keine
Patriarchen mehr, die ihre Familie schützen, sondern vielmehr nur solche, die
sich in Kolumbien wähnen, und als Drogenbarone aufspielen. Letztes Jahr im
November hat ein Offizier eine Razzia in Zoniana fast mit dem Leben bezahlt, da
seine Einsatztruppe von armeeähnlich bewaffneten Einwohnern empfangen wurde. Die
gesamte Region war in heller Aufregung, und man hob unter den Augen der Medien
eine ganze Region um ein Bergdorf aus. Unmengen von Waffen wurden
sichergestellt, und es fanden sich Millionen Euro, die aus früheren
Banküberfällen stammten, auf den Konten von einfachen Schafshirten wieder.
Sonntag
passierte es wieder. Einige Einsatzkräfte der Polizei entdeckten in dem Dorf
Malades, nah von Heraklion, ein Marihuana-Feld, und bei ihren Nachforschungen
gerieten sie ins Schussfeuer, wobei wiederum ein Offizier lebensgefährlich
verletzt wurde. Ich bin mir sicher, dass jetzt größere Einsatzkräfte dorthin
geschickt werden, denn die Regierung kann doch nicht die Blamage über sich
ergehen lassen, dass sie den Drogenhandel von Kreta nicht in den Griff bekommt.
Tja, der
Sommer wird für die Griechen ungemütlich heiß. Erst einmal sind da noch die
Spätfolgen der Waldbrände des letzten Jahres, und hinzu kommt der
Siemens-Bestechungsskandal, der eine Krise in der Partei „PASOK“ ausgelöst hat,
was jedoch nicht bedeutet, dass Mitglieder anderer politischer Organisationen,
wie z.B. der „Neo Demokratia“ nicht genauso korrupt sind und ihre Hände in
Unschuld waschen könnten.
Das weitere
heiße Eisen sind die unentwegt steigenden Preise, die aus Griechenland derzeit
das teuerste Land Europas machen. Die Regierung macht es sich sehr einfach und
schiebt die Schuld auf die weltweite Nahrungsmittelkrise.
Sie denkt
nicht im Traum daran, die Preispolitik des Großhandels etwas näher unter die
Lupe zu nehmen oder gar den Preissteigerungen einen Riegel vorzuschieben. Es
sieht fast so aus, als läge die Entwicklung im Interesse der Regierung...
Touristen, die hier in einen Supermarkt gehen, sind angesichts der Preise
fassungslos und können sich nicht vorstellen, wie die Griechen mit ihrem
minimalen Einkommen es überhaupt schaffen, ihren Lebensunterhalt zu finanzieren.
Aber es
gibt vereinzelte Aufschreie gegen die derzeitige Situation. Sie kommen aus den
Reihen der Rechtsextremen und der Anarchisten, die in der letzten Woche
Demonstrationen in Thessaloniki gegen das hohe Preisniveau organisiert haben. In
Athen kam es zu einer Aktion von maskierten Jugendlichen, die gegen die hohen
Preise in der Form revoltierten, dass sie einen Supermarkt ausraubten und die
Ware auf den Straßen verteilten. Der Beute wurden Handzettel beigefügt, die
ihren Protest gegen die Preissteigerung Ausdruck gaben.
So langsam
beginnt auch die Regierung zu verstehen, dass die gestiegenen Preise Grund für
die ausbleibenden Besucher sein könnten. Ein wirklicher Grund zur Sorge, denn es
ist der Tourismus, der die Einnahmequelle des Landes darstellt.
Molyvos ist
von diesem Problem noch nicht betroffen. Derzeit quellen die Straßen des Dorfes
über und die Hotels sind so voll, dass Überbuchungen an der Tagesordnung stehen.
An anderen Plätzen auf der Insel jedoch, beklagt man sich über die fehlenden
Besucher und darüber, dass diejenigen die da sind, zuwenig Geld in den
Geschäften und Restaurants lassen. Zu erklären ist es damit, dass Europa die
neuen Mitgliedsländer, wie z.B. die Tschechen, subventionierte, damit diese die
neue Gemeinschaft kennen lernen können. Aber, wenn für diese jetzt zwar die
Reise hier hin dadurch möglich ist, so haben sie dann aber nicht soviel in der
Geldbörse, um sich hier vor Ort etwas angesichts der hohen Preise gönnen zu
können.
Ein Trost
ist es deshalb, dass immer mehr Griechen dazu übergehen, auch vor der Saison,
die eigentlich im August für sie ist, Urlaub zu machen. Im Gegensatz zu den
vergangenen Jahren, trifft man sie jetzt schon Ende Juni in den Urlaubsorten an.
Und wenn ein Grieche sich das Geld für einen Urlaub zusammengespart oder
geliehen hat, dann gibt er dieses auch aus, ohne sich Gedanken über gestiegene
Preise zu machen.
Vor einiger
Zeit war es noch so, dass es günstiger war, in einem Restaurant zu essen, als in
ein Geschäft zu gehen, um sich die Zutaten dafür zu kaufen. Heute jedoch ist es
andersherum. Noch vor 5 Jahren bezahlte man in einer Taverne für ein Abendessen
umgerechnet zwischen 10 und 15 Euro. Derzeit jedoch müssen Sie sich in Molyvos
auf einen Betrag zwischen 20 und 25 Euro pro Peron einstellen. Aber ich habe
schon immer gesagt, je weiter man sich von den Touristenzentren entfernt, umso
günstiger wird es. So waren wir letzte Woche in Skamnioudi (nah bei Lisvori), wo
wir in einer Taverne fangfrischen Rochen und Kalamari genießen durften und die
Rechnung sich auf unter 10 Euro pro Person belief (wir besuchten jedoch nicht
die Taverne direkt am idyllischen kleinen Hafen, sondern die, die etwas weiter
an einer Sandstraße Richtung Skala Polochnitos gelegen ist).
Es ist ja
schon eine Schande, dass Griechenland so teuer geworden ist, aber dass sogar
Lesvos solch ein hohes Preisniveau hat... Die Insel wartet ja nun mal nicht mit
einem hohen Hotelstandard auf (im Gegenteil, ich frage mich schon, ob die
hiesigen Insulaner überhaupt wissen, was eine moderne Unterkunft heutzutage
bieten muss). Demgegenüber steht jedoch ein idyllisches Eiland, das noch nicht
vom Massentourismus verdorben wurde. Lesvos ist nach wie vor von einem
bezauberndem Charme und mit vielen wunderschönen Plätzen, die Sie bei Ihrem
Besuch nur mit einigen wenigen Menschen teilen müssen. Diese Ruhe müssen Sie
jedoch inzwischen teuer bezahlen, aber ich versichere Ihnen, sie ist einen jeden
Cent wert, und Sie bekommen sehr viel für Ihr Geld!
Copyright ©Julie Smit 2008 |