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BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
Flüchtlingsboote am Strand
18.Mai 2008 -
Willkommen in Europa!
Aus
dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski
Die
Regierung Griechenlands möchte sich von ihrem Telefonkonzern OTE trennen. Seit
Monaten laufen Verhandlungen mit der „Deutschen Telecom“, die immer wieder zu
platzen drohten. Aber nun hat man sich auf die Konditionen geeinigt, die Telecom
hat nun die Aktienmehrheit, der erste Schritt zur Übernahme ist getan.
Die
griechische Bevölkerung, schon verärgert wegen der Privatisierung des
Rentenfonds und einem zu niedrigen Lohnniveau, ist wütend. Spontane
Demonstrationen und Arbeitsniederlegungen sprechen Bände. Mittlerweile gehören
Streiks ja in Griechenland schon zum täglichen Leben. Aber ich muss sagen,
wenigsten hier gehen die Menschen für ihre Rechte und zur Verteidigung der
nationalen Institutionen auf die Straße.
Ich meine,
sehen Sie sich die Niederländer an. Es ist doch verrückt, da vertrauen sie einem
Geldinstitut ihr Geld an, und plötzlich wird dieses an mehrere ausländische
Banken verkauft! Ich will aber nicht zur „Fortis AG“, „Barclays“ oder zur „Royal
Bank of Scotland“ gehen. Aber hat mich jemand nach meiner Meinung gefragt? Nein!
Dasselbe ist jetzt auch noch bei meinem Internetbetreiber passiert. Da wird
dieser doch wahrhaftig von dem Unternehmen gekauft, dass ich mein ganzes Leben
zu meiden versucht habe...
Und? Wird
man als Kunden informiert oder gar für den Fall eines Wechsels entschädigt?
Nein! Nur der „Judas“ bekommt einige Hunderttausende oder gar Millionen von
Euros... Von meinem Geld!
Für
Griechenland ist dies nun die erste Übernahme durch ein ausländisches
Unternehmen. Der „Judaslohn“ ist garantiert – wie hier üblich - in einem
Umschlag (Fakelos) unter dem Tisch gezahlt worden. Nun, in Holland versucht man
erst gar nicht eine solche Vorgehensweise zu verheimlichen. Es geschieht in der
Öffentlichkeit, und ab und an werden die skandalträchtigen Beträge, die über den
Tisch gehen, sogar in den Medien preisgegeben. Und was macht das Volk? Atmet
einmal tief durch und bringt die Angelegenheit dann vor das Parlament. Und dort?
Dort wird dann der Ministerpräsident mit den Schulter zucken und deutlich
machen, dass ihm leider die Hände gebunden sind, ein anderer Volksvertreter wird
eine heftige Rede gegen Korruptionen halten, und dann gehen unsere politischen
Helden wieder zur Tagesordnung über. Das war es dann, eben so, wie ein harmloser
Streit unter Nachbarn. Geht irgendwer auf die Straße, wenn er sich betrogen
fühlt? Gibt es irgendwelche spontanen Streiks? Nein! Aber, ich denke, die Zeit
ist reif dafür. Nach einem Artikel im „Volkskrant“ vom 18. Mai 2008 hat sich die
Differenz zwischen dem Einkommen eines leitenden Angestellten und eines
Arbeiters in den letzten 25 Jahren verdreifacht! Und da fragt man sich, weshalb
das Leben teurer und teurer wird? In Griechenland wird diese „Raffkultur“ in
Form von gefüllten Briefumschlägen (fakelos) gelebt, wie z.B. beim Arztbesuch,
bei der Registrierung eines Babys, etc..Hat man einen Umschlag mit einem
mindestens 2-stelligen Betrag in der Tasche, kann man sicher sein, dass alles
gut über die Bühne geht. Da unterscheiden sich die griechischen Beamten nicht
von den holländischen. Denken wir doch an die Aufdeckung des Korruptionsskandals
im vergangenen Winter, hinsichtlich der Auftragsvergabe an Siemens für die
gesamte Elektronik bei den Olympischen Spielen 2004. Immer und immer wieder gibt
es Ermittlungen gegen den einen und anderen bestechlichen Politiker, der seine
Grenzen überschreitet.
Derzeit ist
das Leben in Griechenland viel teurer als z.B. in den Niederlanden. Auch wenn
die Menschen deshalb revoltieren. Letzte Woche streikten die LKW-Fahrer, die
Zulieferer der Tankstellen, Hochschullehrer und das Personal von Olympic-Airways.
Sicherlich habe ich nicht alle aufgezählt, wie z.B. den Stromlieferanten, der
sich vor einigen Wochen im Ausstand befand und damit fast das gesamte
Griechenland lahm legte.
Und hier
auf Lesvos? Allzu sehr waren wir nicht betroffen. Zwar waren bei „Lidl“ die
Regale leer, in der Kooperative gab es keine Kräuter, die wunderbare
Oliven-Seife war, wie das eine oder andere Produkt, nicht zu bekommen, und
einige Leute waren besorgt, dass sie nicht von der Insel kommen, da ich sie aber
nicht mehr gesehen habe, gehe ich davon aus, dass „Olympic-Airways“ sie in Athen
abgesetzt hat. Der Treibstoffmangel war für die Insulaner kein Problem, da
Lesvos über riesige Vorratstanks verfügt. Warteschlangen vor den Tankstellen,
wie in anderen Teilen des Landes, gab es daher nicht.
Es gab
jedoch einen Streik einer ganz anderen Art auf einer kleinen Insel in der Ägäis:
121 Flüchtlingskinder, im Alter zwischen 10 und 16 Jahren, sind auf Leros in den
Hungerstreik getreten. Mit Hilfe von Schleppern sind sie illegal aus der Türkei
über das Mittelmeer auf die Insel gekommen. Derzeit sind sie in einem Hotel und
benachbarten Gebäuden unterkommen, wo jedoch die Lebensbedingungen
menschenunwürdig sind. Leros gehört zur Inselgruppe der südöstlich gelegenen
Dodekanes und hat etwas mehr als 8000 Einwohner. Seit Jahresbeginn befinden sich
860 Flüchtlinge, davon viele Kinder, auf der Insel. (Laut Medien fliehen immer
mehr Kinder ohne Begleitung von Erwachsenen). Die Bevölkerung von Leros steht
diesem Flüchtlingsproblem hilflos gegenüber, denn sie haben weder Erfahrungen
damit, noch haben sie Platz, um diese große Anzahl Menschen aufzufangen. Um
jedoch die griechische Regierung zur Hilfestellung zu bewegen, müssen sie
bestimmt eine Menge fakelos sammeln. Bald ist Hochsaison auf Leros, und der
Großteil der Betten ist bereits belegt...
Weitere
Infos: http://www.youtube.com/watch?v=a70Ljqx0vuk
Copyright ©Julie Smit 2008 |