Molyvos (Mithimna)

Lesvos

Home

Home
>>News-2016<<
>>News-2015<<
>>News-2014<<
>>News-2013<<
>>News-2012<<
>>News-2011<<
>>News-2010<<
>>News-2009<<
>>News-2008<<
>>News-2007<<
>>News-2006<<
>>News-2005<<

31.Dezember 2008
21.Dezember 2008
15.Dezember 2008
9.Dezember 2008
1.Dezember 2008
24.November 2008
17.November 2008
10.November 2008
3.November 2008
28.Oktober 2008
19.Oktober 2008
13.Oktober 2008
5.Oktober 2008
30.September 2008
23.September 2008
15.September 2008
9.September 2008
30.August 2008
24.August 2008
17.August 2008
11.August 2008
4.August 2008
28.Juli 2008
20.Juli 2008
13.Juli 2008
5.Juli 2008
29.Juni 2008
24.Juni 2008
15.Juni 2008
1.Juni 2008
26.Mai 2008
18.Mai 2008
13.Mai 2008
3.Mai 2008
28.April 2008
20.April 2008
13.April 2008
30.März 2008
24.März 2008
10.März 2008
2.März 2008
24.Februar 2008
17.Februar 2008
9.Februar 2008
3.Februar 2008
27.Januar 2008
20.Januar 2008
13.Januar 2008
6.Januar 2008
1.Januar 2008

BOULEVARD NEWS AUS LESVOS

 

Seeigel

 

 

24.August 2008 - „Griechisch essen“ für Fortgeschrittene

Aus dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski 

 

Das erste Mal, als ich auf einen Ouzo bei griechischen Freunden eingeladen wurde, war es sehr spät abends, und ich, als Holländerin, ging davon aus, dass zu diesem Getränk allerhöchstens etwas Käse gereicht würde. Also, aßen wir zuvor daheim zu Abend. Tja, und dann traute ich meinen Augen nicht, als unsere Gastgeber jedoch eine Schüssel nach der anderen auf den Tisch stellten... Welch ein Unterschied zu der bescheidenen Platte mit etwas Brot, Fisch und Käse, die in den Tavernen zum Ouzo gereicht wird.

 

„Einen Ouzo trinken“ ist in Griechenland das Synonym für eine komplette Mahlzeit. Die Gerichte, die von den Griechen daheim gekocht werden, unterscheiden sich kaum von denen, die auf der Speisekarte der Tavernen stehen, denn auch dort bekommt man „Hausmannskost wie bei Muttern“ serviert.

Wenn man Glück hat, vor allem um einen Feiertag herum, geht das Angebot in den Restaurants über die üblichen Tagesgerichte hinaus. Mein Tipp: Anstatt die Speisekarte zu studieren, fragen Sie doch einfach, was die Küche an diesem Tag hergibt. Es wird Sie die eine oder andere köstliche Überraschung erwarten.

 

Einer meiner Favoriten unter den Festtagsgerichten: Gefülltes Lamm („arnaki jemista“). Die Füllung besteht aus Reis, kleine Stückchen Innereien, Rosinen, Pinienkernen, Zimt und anderen Gewürzen. Um ein Lamm zuzubereiten, benötigt man einen riesigen Backofen. Hat man so ein Gerät nicht, kann man an Festtagen, wie z.B. Ostern, die Bäckerei des Dorfes aufsuchen, die gerne ihren Ofen für die Öffentlichkeit zur Verfügung stellt. Die leckerste Art jedoch, ein Lamm zuzubereiten, ist in einem Außen-Holzkohleofen. Am Tage zuvor machen Sie ein Feuerchen darin, warten eine halbe Stunde, bis die Kohlen glühendrot sind, schieben sie an die Seite, und dann kommt die große Schale mit dem gefüllten Lamm und ein klein wenig Wasser hinein. Das Fleisch wurde zuvor mit einer Öl-Zitronensauce eingerieben. Der Ofen wird nun hermetisch verschlossen, und wenn Sie ihn am nächsten Abend wieder öffnen, ist der Braten wunderbar zart, und die Füllung ist perfekt.

 

Eine andere gefüllte Speise, die ab und an in hiesigen Restaurants (z.B. in der 2. Taverne in Petri) zu bekommen ist, heißt „kalamaria jemista“ (gefüllter Tintenfisch). Die Reisfüllung nimmt den herrlich süßen Geschmack des Calamari und der diversen Gewürze (darunter fein geraspelte Orangenschale) an.

 

Als ultimatives Häppchen zum Ouzo gilt hier der Seeigel (achinoes), ein Gericht, was Sie auf der Speisekarte jedoch meist vergeblich suchen werden (manchmal aber im Fischrestaurant in Achladeri zu bekommen). Wenn Sie Glück haben, bietet Ihnen ein Fischer am Strand diese Delikatesse an, aber am besten ist es, wenn Sie die Seeigel selbst aus dem Wasser holen. Für die sichere „Ernte“ gibt es einen speziellen Stab mit einem „Greifer“. Um sie dann zu köpfen (ähnlich einem Ei), benötigt man eine Art Zange. Wenn man dann die Innereien sorgfältig herausgespült hat, verbleibt in der Schale der helle orangefarbene Rogen, der mit seinem wunderbar salzigen Geschmack so fantastisch zum würzigen Ouzo passt. Wie sie auch Fleisch-, Fisch- und manch Gemüsegericht mit Zitrone abrunden, beträufeln viele Griechen auch den Seeigel damit. Mir jedoch schmeckt er pur am besten.

 

Schalentiere sind eine Spezialität, die der Golf von Kalloni freigibt: Muscheln (midia), Venusmuscheln (Kidonia), wilde Austern (stridi), kleine Jakobsmuscheln (chtenia). Herrliche Köstlichkeiten, die vor allem im Winter in den Tavernen, rund um den Golf von Kalloni, und manchmal auch in einigen wenigen anderen Restaurants auf der Insel, serviert werden. Griechen lieben es, Schalentiere roh zu essen, so auch Muscheln und Austern. Da rohe Austern nicht mein Fall sind, bitte ich den Koch höflich darum, sie mir zu kochen, was nie ein Problem darstellt. Daheim bereite ich Austern auf holländische Art zu: In Weißwein und mit einigen Gewürzen. Eine Meeresfrucht, die sich jedoch nach dem Kochen nicht öffnet, esse ich nicht.

 

Schlachtet ein Bauer ein Tier, behält er die besten Stücke. Dies ist der Grund dafür, weshalb auch das nachfolgende beliebte „Ouzo-Gericht“ so selten auf der Karte steht: Lämmerhoden (ameletita) und Kalbsbries (glikadia) (es besteht die Chance, es im Restaurant „Ellis“ in Anaxos zu bekommen). Schon allein jetzt, wo ich darüber schreibe, läuft mir das Wasser im Munde zusammen, wenn ich mir den herrlich süß-wilden Geschmack der in viel Olivenöl zubereiteten Speise auf der Zunge vorstelle. Besser noch als der Hoden selbst, ist der Fond, der durch die Zubereitung entsteht. Stunden kann man damit verbringen, am Ouzo zu nippen und diese Sauce mit Brot zu stippen.

 

Leber (sikoti) ist keine Rarität. Im Gegensatz zu allem anderen Fleisch, dass die Griechen gerne gut durchgebraten essen, wird diese Innerei aber „medium“ serviert.

 

Für all diejenigen von Ihnen, die an dieser Stelle etwas angewidert denken, dass ich mich wohl vor gar nichts ekele, was hier in Lesvos auf den Tisch kommt, hier ein Gericht, bei dem auch ich Schwierigkeiten habe, es zu essen: Schafskopf (kevali profaton). Der Kopf wird als Ganzes auf einer Platte serviert, aber man verzehrt natürlich nicht alles von ihm. Die Schädeldecke wird ein wenig geöffnet, so dass man dann ganz bequem das Gehirn herauslöffeln kann. Auch Wangen, Augen und Zunge gelten als Delikatesse. Ich bin sicher, wenn Sie genug Ouzo intus haben, werden auch Sie diese Spezialität genau so zu schätzen wissen, wie Ihre Gastgeber.

 

Zum Schluss möchte ich noch über die „Patza“ schreiben, eine fette Suppe aus Innereien und ein gutes Mittel, gegen einen Kater. Die Griechen beugen damit sogar den Folgen einer durchgezechten Nacht vor. In Großstädten, wie z.B. in Athen, gibt es spezielle „Patza-Restaurants“, die auch in der Nacht geöffnet und meist rappelvoll sind. Hier in Molyvos bekommt man sie ab und an serviert, wenn man bei Freunden eingeladen ist. Nach einem üppigen Mahl, das gekrönt wurde von Massen an Süßigkeiten, dann, wenn man nicht mehr „Papp“ sagen kann und auch die Flaschen geleert sind, kommt der Kessel mit „Patza“ auf den Tisch. Das ist jedoch der Moment, wo ich so satt bin, dass ich nicht einen Löffel mehr runterkriegen kann, selbst dann nicht, wenn das eine Suppe aus köstlichster Schokolade wäre. Die Einheimischen jedoch langen kräftig zu, und wenn Sie jetzt den Eindruck gewonnen haben, dass die Griechen standfeste Trinker sind, so kann ich Ihnen aber versichern, einem verkaterten Griechen werden Sie selten begegnen...

 

 

Copyright ©Julie Smit 2008