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BOULEVARD NEWS AUS LESVOS

 

Ein Flüchtlingsboot

 

13.Oktober 2008 - Traurige Rekorde

Aus dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski 

 

Im vergangenen Monat wurden diverse Rekorde auf Lesvos gebrochen. Grund genug für mich, noch einmal die Themen Flüchtlinge, Brände und Wetter aufzugreifen.

 

Bei den ankommenden Flüchtlingen, wurde im September eine neue Höchstmarke erreicht: An manchen Tagen kamen über hundert von ihnen auf die Insel, und trotz der alarmierenden Hilferufe der Hilfsorganisationen, rauft sich die Regierung der Insel immer noch verzweifelt die Haare, angesichts des aus allen Nähten platzenden Auffanglagers und der nicht ausreichenden Einsatzkräfte, um die Situation in den Griff zu bekommen. Auch in Athen und Patras, den nächsten Stationen, droht die Lage zu eskalieren.

 

Die überwiegende Zahl der Flüchtlinge strandet mit dem Boot zwischen Molyvos und Mandamádos, mit dem Ziel, so schnell als möglich nach Mytilini zu kommen, und von dort aus, über Athen, in ein anderes europäisches Land. In den frühen Morgenstunden kann man sie sehen, die Menschengrüppchen, zu Fuß unterwegs, auf der Straße von Molyvos Richtung Pétra oder Mandamádos.

 

Mandamádos ist ein kleines ruhiges Dorf, welches nun immer mehr mit Flüchtlingen konfrontiert wird, die durch die Gassen ziehen. Neben den vielen jungen Männern, sind es auch oft Frauen und kleine Kinder, die gerade von der kalten See kommend, noch immer bibbernd vor Kälte, einen solch erbärmlichen Anblick bieten, dass sie das Mitleid der Dorfbewohner erregen, die sie dann mit Nahrung und warmer Kleidung versorgen.

 

Jedoch, die Bürger geben nicht nur, sie nehmen auch: Inzwischen ist es so, dass immer mehr Flüchtlinge die Insel mit einem Boot erreichen, das mit einem Motor ausgestattet ist. Unmittelbar nach ihrer Ankunft müssen diese sowohl das Boot, als auch der Motor zerstören, da sie ansonsten riskieren, an das Ufer zurückgeschickt zu werden, von dem sie gerade geflohen sind. Also, wird das Boot mit Löchern seeuntauglich gemacht und der Motor versenkt. In den Augen mancher Inselbewohner ist das eine Verschwendung ohnegleichen, und in ihren Köpfen entstand eine neue Geschäftsidee: Erst in der vergangenen Woche wurden einige Personen verhaftet, die im Begriff waren, die Bootsmotoren zu verkaufen. Boote und Maschinen, die man am Strand entdeckt, müssen aber offiziell zur Polizei gebracht werden. Aber verstehen kann man den Handel schon, denn wären die Boote nicht zerstört worden, so hätte fast ein jeder Insulaner inzwischen sein eigenes Schlauchboot und, wer weiß, im nächsten Jahr vielleicht sogar mit einem Außenbootmotor!

 

Wie auch immer, die Gefahr ist, dass man nun (was anscheinend bereits geschieht), den Flüchtlingen an der Küste auflauern wird, um in Besitz der Boote zu kommen, was zu einem Streit und Handgemenge führen kann, da den Ankommenden ja wichtig ist, ihr Fluchtfahrzeug zu zerstören.

 

Es sind immer mehr kaputte Gummiboote, die das Landschaftsbild von Lesvos prägen. Zusätzlich zu ausgedienten Eisenbettgestellen, sind sie es nun, die als farbenfrohes Baumaterial für Schafsställe und andere Scheunen Verwendung finden. Auch die zu hunderten an den Stränden herumliegenden Kunststoffpaddel sind von Nutzen, wie z.B. als Zaunpfähle. Sie müssen zugeben, der griechische Bauer ist hinsichtlich der Abfallverwertung recht erfindungsreich.

 

Nun aber zu einem weiteren Rekord des vergangenen Monats, zum Wetter. Es war der kälteste September seit Gedenken in Griechenland. Niemand hätte gedacht, dass nach den ersten Regenfällen in der Monatsmitte, der Sommer zurückkehren würde. Der grau verhangene Himmel und vereinzelte Stürme sorgten für einen gemeinsamen Aufschrei: „Chimonas!“ (Winter).

 

Das Wetter ließ aber auch den Gedanken aufkommen, dass Kälte und Regen den Brandstifter stoppen würden. Aber, im Gegenteil, nach einigen kleinen Feuern, wurden die Menschen erschüttert, durch zwei riesige Brandherde, die dieses Mal auch noch nur einige Meter von bewohnten Häusern gestoppt werden konnten Am nächsten Tag ging es in Windeseile, wie ein Lauffeuer durch das Dorf, dass 2 Jugendliche verhaftet worden seien. Sollte man die Übeltäter nun endlich geschnappt haben? Die Gerüchteküche brodelt im Dorf immer ziemlich heftig, insbesondere, wenn es sich um ernste Angelegenheiten handelt, die eigentlich hinter verschlossenen Türen behandelt werden. Fakt ist, dass die Jungen schnell wieder freigelassen wurden. Ob sie nun die Täter sind? Nun, da laufen die Meinungen auseinander. Man sagt, dass bei einigen Jugendlichen der Frust groß war, da für die Gegend, wo die meisten Feuer ausgebrochen sind, ihnen von der Gemeinde die Erlaubnis verweigert wurde, eine Motocross-Strecke anzulegen.

 

Ein weiteres Gerücht besagt, dass die Familie eines der Jungen, ihren starken Einfluss geltend gemacht hat und so mit irgendeinem Deal die Freilassung bewirken konnte. Tja, die alten Dorfregeln verschwinden nur langsam.

 

So wirklich weiß auch niemand, warum die beiden Jugendlichen überhaupt verhaftet wurden. Manch einer behauptet zwar, sie seien auf frischer Tat geschnappt worden, aber, ob sie es wirklich waren oder gar gestanden haben, kann niemand genau sagen und auch nicht, ob Molyvos nun vor weiteren Bränden sicher ist. Tatsache ist, dass seit einer Woche die Feuerwehr, die immer noch ein Fahrzeug Patrouille fahren lässt, nicht ein einziges Mal ausrücken musste, und eine weitere Tatsache ist, dass mit den 41 Bränden innerhalb von 2 Monaten noch ein trauriger Rekord in der Geschichte des Dorfes zu verzeichnen ist.

 

Obwohl man noch einige Touristen aus den Niederlanden erwartet, haben einige Griechen bereits das Saisonende eingeläutet. Die meisten Geschäfte und Tavernen haben bereits ihre Türen und Fenster verrammelt, was nicht gerade dafür förderlich ist, dass sich der allgemeine Wunsch nach einer Verlängerung der Saison erfüllt. Dies ist doch genauso wenig einladend, wie die schwarz verkohlten Landstriche und die mit Kleidungsstücken und Schlauchbootresten übersäten Strände.

 

Aber das sind glücklicherweise nur kleine Makel in der nach wie vor bezaubernden Landschaft der Insel. Der September ist vorüber und das Barometer kündigt endlich wieder schöne Tage an. Es ist ruhiger geworden auf Lesvos, und die Netze für die Olivenernte sind bereits ausgerollt... Kalo Chimonas!

 

Copyright ©Julie Smit 2008