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BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
24.März 2008 -
Rhodos
Aus
dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski
Sie möchten
die Insel, auf der Sie leben, noch mehr zu schätzen wissen? Nun, mein Tipp:
Besuchen Sie eine andere Insel! Wir sind für eine Woche nach Rhodos geflogen...
Wiederum habe ich mich bei dieser Gelegenheit in die Altstadt dort verliebt,
aber, trotz alledem, ich war so glücklich heute wieder zurück nach Lesvos zu
kommen, unserem Eiland, mit seinen Bergen, seinen Bäumen und seinen Blumen.
Zugegeben,
Rhodos-Stadt ist einfach prachtvoll. Besonders faszinierend, die Altstadt, 408
v. Chr. gegründet und von den Kreuzrittern im 14. Jahrhundert wieder aufgebaut.
Die Italiener bauten, renovierten und restaurierten während der Zeit ihrer
Besatzung (1912 – 1943) so einiges. Zurecht wurde die Altstadt von Rhodos 1988
von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.
Der März
ist ein idealer Monat, um diese Stadt zu besichtigen. Einige Stunden am Tag
präsentieren sich die mittelalterlichen Straßen, deren Häuser immer noch bewohnt
sind, wie ausgestorben, und somit kann man ungestört das Flair der engen Gassen,
umrahmt von ihren kunstvollen Steinbogen, genießen und sich bezaubern lassen von
farbenfrohen Türen, lauschigen Innenhöfen mit prächtigen Mosaikböden, von
malerischen Plätzen und winkligen Straßen, die davon erzählen, wie es war, als
noch die Ritter hier Quartier bezogen. Weiter geht der faszinierende Rundgang,
vorbei an noch nicht vollständig restaurierten Moscheen, an den schweren
massiven Toren der imposanten Stadtmauer und dem beeindruckenden
Großmeisterpalast.
All überall
stößt man immer wieder auf die Mauer, die sich hoch über die Häuser erhebt. Die
Festungsmauer, die die Stadt völlig umgibt, ist sogar doppelt, mit Ausnahme zur
Seeseite hin. Zwischen den beiden Steinwällen erstreckt sich mittlerweile eine
lauschige Parklandschaft, von der aus einem nochmals die Größe der
mittelalterlichen Stadt verdeutlicht wird.
Auch ein
Spaziergang auf dem Hafenpier bietet eine faszinierende Aussicht über die
kilometerlangen Festungsmauern, wo Palmen versuchen, genauso hoch zu werden, wie
die Wachtürme und Minarette aus vergangener Zeit. Nein, die Altstadt hat nichts
mit einer griechischen Stadt zu tun, sie ist eher maurisch mit ihren engen
Gassen, die Schatten spenden, den Minaretten, die nach Gott weisen und den
Palmblättern, die sich träge im lauen Wind wiegen.
Zu dieser
Zeit wird die Stille nur gestört, wenn ein Kreuzschiff im Hafen anlegt. Dann
scheint die Stadt sich selbst zu wecken, um die sommerlich gekleideten Besucher,
die durch die Gassen strömen, in den Restaurants, Cafés und Bars zu bewirten und
ihnen die Souvenirs in den vielen Geschäften anzubieten, in der Hoffnung etwas
Geld verdienen zu können. Lebhaft werden nun die Straßen und noch bunter.... im
März und auch noch Anfang April. Bricht jedoch die Saison an, schieben sich
tausende von Touristen durch diese Sträßchen. Ich denke mir, dass dann der
Zauber, den jetzt die so wundervoll restaurierte Altstadt ausstrahlt, ein
bisschen verloren geht.
Rhodos ist
eine der Inseln Griechenlands, die schon sehr früh touristisch erschlossen
wurde. Bereits vor 25 Jahren standen hier riesige Hotelkomplexe, um den
Besucherstrom aufzufangen. Abgebrochen ist dieser Strom nie, sondern, im
Gegenteil, von Jahr zu Jahr größer geworden, was nicht nur die steigende Zahl
der neu eröffneten Bars und Restaurants in der Altstadt beweist, sondern vor
allem die Hotels, Ferienhäuser und Villenanlagen, die, wie Pilze, auf der ganzen
Insel aus der Erde schießen.
Vor nunmehr
25 Jahren war ich das letzte Mal auf Rhodos. Natürlich war mir klar, dass sich
viel verändert haben wird, aber als ich sah, in welchem Ausmaß, war ich doch
schockiert. Der gesamte Küstenstreifen, an dem das berühmte weiße Lindos liegt,
ist komplett zugebaut. Kleine bezaubernde Dörfer, wie Kouskinou sind gänzlich
verschwunden und durch Villenviertel ersetzt worden; Faliraki, einst ein
gemütlicher Familienstrand, ist eine Art Disney-World, ohne Disney-Figuren
geworden.
Selbst die
Thermen von Kallithea sind so umgebaut worden, dass man sich kaum vorstellen
kann, dass es einst der berühmte italienische Architekt Pietro Lombardi war, der
dieses Bad geschaffen hat.
Nur Lindos
liegt scheinbar unverändert da. Doch gegen Molyvos verliert selbst Lindos seinen
Charme. Lindos kann noch so bedeutend und geschichtsträchtig sein, aber als ich
die weißgekalkten Häuschen sah, die sich an den Berghang schmiegten, gekrönt von
der mittelalterlichen Burg, konnte mich dieser Anblick nicht mehr so begeistern,
wie früher einmal. Waren es all die touristischen Einrichtungen und Bauten,
deren Anblick mir auf dem Weg so sauer aufgestoßen ist, so dass der damals so
faszinierende Anblick jetzt einen bitteren Beigeschmack hatte?
Ja, es ist
wahr, dass ich mich über ein jedes Gebäude beschwere, was um Molyvos herum
errichtet wird. Aber nun muss ich zugeben, dass, verglichen mit dem Tempo, in
dem auf Rhodos gebaut wird, auf Lesvos kaum ein Neubau entsteht. Nun habe ich
mit eigenen Augen sehen können, wie man die Seele einer Insel an den Tourismus
verkaufen kann oder, besser gesagt, an Unternehmen, die nur das Geld sehen.
Diese Erfahrung hat bewirkt, dass meine Liebe zu Lesvos noch größer geworden
ist. Hier ist es noch so, dass der Fremdenverkehr sich an die griechische
Lebensart anpasst und nicht andersherum.
Als ich
anlässlich meines Besuches einem Griechen auf Rhodos erzählte, dass ich auf
Lesvos lebe, entgegnete er, dass das ja die Insel sei, die 50 Jahre der jetzigen
Zeit hinterherhinken würde. Bei meinen Unterhaltungen habe ich auch erfahren,
dass auch Rhodos sich früher jahrelang mit den selben Problemen im Bezug auf
Abfallbeseitigung und steigendem Elektrizitätsbedarf konfrontiert sah.
Heute, als
wir vom Flughafen zu unserem Zuhause fuhren, erschien uns die Landschaft so viel
reicher als auf Rhodos. Ein grünes Eiland mit mannigfaltiger Flora, zauberhaften
traditionellen Häusern, gemauert aus Stein, gediegenen Schafsställen,
kapriziösen Berghängen und Küsten, an denen sich stille Buchten
aneinanderreihen. Es sieht wirklich so aus, als habe die Neuzeit um Lesvos einen
Bogen gemacht, aber auch hier hat das Rad der Zeit sich gedreht. Es ist nur so,
dass man sich hier vom Fortschritt nicht verrückt machen lässt und bei
Bauvorhaben den Respekt vor der Natur nicht verloren hat. Nein, hier gibt es
nicht eine solch imposante Altstadt und keine so fotogenen weißgetünchten
Häuschen vor aquamarin-blauer See... Lesvos hat jedoch seine traditionellen
Dörfer und seine unberührten Küsten mit zahlreichen stillen Buchten, und dies
selbst in der Hochsaison. Die gesamte Insel strahlt noch eine reine griechische
Atmosphäre aus, und das Leben hier wird nicht durch den Tourismus dominiert.
Man sollte
sich die Frage stellen, warum Lesvos noch immer nicht auf der von der UNESCO
geführten Liste des geschützten Weltnaturerbes steht. Das würde der Insel doch
Kraft und Stärke geben, um solch Finanzhaien wie Savvaides auf Rhodos
entgegenzusteuern oder gar einem solch englischen Investor, der jetzt auf Kreta
auf 2.800 Hektar Land eine Anlage mit 5 Feriendörfern, 3 riesigen Hotelkomplexen
und 2 Golfplätzen errichten will, den Kampf anzusagen. Glauben Sie mir, ich bin
so glücklich, auf einer Insel wie Lesvos zu leben!
Copyright ©Julie Smit 2008 |