Molyvos (Mithimna)

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BOULEVARD NEWS AUS LESVOS

 

Ein Haus in Griechenland

4.Dezember 2006 - Ich gehe...

Aus dem Englischen von Gabriele Podzierski

Heute bekam ich mal wieder eine Mail von einem Leser, mit Fragen, die sehr häufig an mich gestellt werden: Wie ist es, nach Lesvos auszuwandern, und wie ist es, dort zu leben? Nun, meine spontane Antwort ist: Großartig!!! Aber, ich muss dazu sagen, dass ein Leben hier nicht jedermanns Sache ist. 

Die wichtigste Frage, die man sich stellen muss, ist die, ob man es sich finanziell überhaupt erlauben kann, auf Lesvos zu leben. Dabei sollte man jedoch nicht auf eine Arbeit hier zählen. Sicher gibt es hier einige Jobs in der Gastronomie, jedoch nur für einige Monate, dazu noch sehr schlecht bezahlt, und man muss schon ein erfahrener und abgehärteter Grieche sein, mit so wenig Geld das Leben hier zu meistern. 

Sollte die Planung die Selbständigkeit sein, so gebe ich zu bedenken, dass dafür ein langer Atem nötig ist, denn Griechenland ist ein Land mit unzähligen Auflagen, Gesetzen, Papieren und Stempelchen: Für Ausländer nahezu undurchschaubar. Auf den meisten Ämtern wird nur griechisch gesprochen, und leicht überkommt einen das Gefühl, man werde von Pontius nach Pilatus geschickt. Dinge, wie ein Telefon- oder ADSL-Anschluß, die Anmeldung eines Autos oder gar der Bau eines Hauses, arten in große Abenteuer aus, die es wert sind in einem Roman festgehalten zu werden, wenn man sie denn nervlich überstanden hat. 

Sollten Sie an Ihrem Vorhaben, hier einen Job zu suchen, festhalten wollen, so muss ich ja wohl nicht erwähnen, dass Griechischkenntnisse dafür unbedingt erforderlich sind. Ob es schwierig ist, diese Sprache zu erlernen? Nenene! Und damit geht´s schon los, denn Ne ist das griechische Wort für Ja. Selbst, wenn Sie noch so ein großes Sprachtalent sind, wird es Sie viel Mühe und Schweiß kosten. Die schnellsten Wege: Entweder in eine griechische Familie heiraten oder eine hiesige Schule besuchen.  

Eine weitere wichtige Frage, die Sie sich stellen sollten: Was mache ich hier auf Lesvos? OK, Sie können den ganzen Tag spazieren gehen, Fahrten über die landschaftlich herrliche Insel machen, die vorbeikommenden Esel zählen, den Chorta-Pflückern Kaffee kochen, die verletzten Tiere, die am Straßenrand liegen, zum Tierarzt bringen, verirrten Touristen auf den richtigen Weg helfen, griechischen Wein im Hafen genießen, den Tag Ouzo trinkend in einem Kafenion verbringen, Ihr Glück beim Fischen versuchen, mit Bauern plaudern und Ihren griechischen Wortschatz erweitern, bei der Olivenernte helfen, bis der Rücken dermaßen schmerzt, dass Sie eine Woche im Bett verbringen müssen oder sie können auch Tage auf den Schreiner warten, der dann doch nicht kommt. Sie sehen, man kann sich mit vielen Dingen hier beschäftigen, aber ist es das, was Sie wirklich wollen? 

Im Sommer gibt es Unterhaltung genug. Tavernen, Restaurants und Bars sind gut besucht, das Meer lädt an heißen Tagen zur Abkühlung ein und das Open-Air-Kino zeigt einige interessante Filme. Aber im Winter geht mindestens die Hälfte der hier arbeitenden Menschen zurück in die Heimat, ein großer Teil der Einwohner besucht Familie und Kinder in Athen oder Thessaloniki, ein Tourist ist eine Seltenheit, die Geschäfte, Restaurants und Tavernen sind fast alle geschlossen, ja, man kann sagen, dass man auf sich allein gestellt ist.  

Sieht es aber so aus, dass Sie finanziell abgesichert sind, Ihnen die griechische Sprache liegt und Ihnen Ihr Vokabular ermöglicht, zu grüßen, Abschied zu nehmen, sich zu bedanken, gute Reise zu wünschen und zu gratulieren und Sie sind sich sicher, dass sie nach 2 Monaten hier nicht vor Langeweile eingehen, dann sind die ersten Schritte getan. 

Jetzt müssen Sie sich jedoch noch einem Verhaltenstest wie beim „Mensch-ärgere-Dich-nicht“ unterziehen. Wie reagieren Sie, wenn Schafe und Ziegen sich durch Ihren Garten fressen? Wie gehen Sie mit streunenden Eseln auf Ihrem Grund um? Was fühlen Sie, wenn Sie immer wieder auf wilde Müllkippen in grüner Natur stoßen? Wann reißt bei Ihnen der Geduldsfaden, wenn es auf der Straße nicht weitergeht, weil der Fahrer eines Autos angehalten hat, um einen Freund lang und ausgiebig zu begrüßen? Bleiben Sie ruhig, auch wenn Sie immer wieder mit Rücksichtslosigkeit im Straßenverkehr konfrontiert werden? Schaffen Sie es, den andauernden Stromausfällen, seien sie auch in noch so ungünstigen Momenten, ein Stück Romantik abzugewinnen? Wie steht es mit Ihren Gefühlen, wenn Sie sich zwischen armen hungernden Kätzchen entscheiden müssen, weil es unmöglich ist, jedes aufzunehmen? Haben Sie ein sanftes Lächeln auf den Lippen, wenn Sie einen Handwerker dabei beobachten, wie er einen neuen Boiler auf „griechische Art“ installiert? Erheitern Sie die vielen Ritzen in Mauer, Fenster, Türen, durch die der stürmische Wind eisige Kälte in Ihr  Haus bläst? Lässt auch ein wochenlanger Streik der Banken, Schulen und Kindergärten Sie gute Laune bewahren? Sie blicken auch unbesorgt auf das nicht ausgebaute Gesundheitssystem (ich darf erinnern: Wir sind hier auf einer Insel)? Nun, wenn Sie all das mit „ja!“ beantworten, dann sind sie geboren, für das Leben hier auf Lesvos. 

Wenn Sie davon überzeugt sind, dass Sie alle Hürden mit Bravour nehmen werden und Sie bereit sind, Ihr abgesichertes Leben für ein griechisches Abenteuer aufzugeben, dann packen Sie ganz schnell Ihre Koffer, und ich werde Sie herzlich willkommen heißen auf dem paradiesischem Lesvos!

Copyright ©Julie Smit 2006