Molyvos (Mithimna)

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BOULEVARD NEWS AUS LESVOS

 

Erdbeeren an dem Erdbeerbaum

17.Oktober 2006 - Chimonas

Aus dem Englischen von Gabriele Podzierski

Es ist KALT auf Lesvos! Es ist ganz und gar kein schöner Herbst hier: Allzu plötzlich war der Sommer vorbei, und nun ist es wie im Winter. Nun werden Sie sagen, dass das doch für Oktober normal sei – nein, nicht hier. Oktober auf Lesvos, das bedeutet eigentlich: viele warme Sonnenstrahlen, die die Insel in herrliches herbstliches Licht tauchen, so dass die Natur in einer Farbenpracht nur so erstrahlt. Normalerweise hat man tagsüber Zeit, sich von den heißen Sonnenstrahlen zu verabschieden, während man Kastanien sammelt oder noch einmal auf der Terrasse sein Essen genießt. Die milden Abende laden ein, draußen am Feuer zu sitzen. Nun jedoch huschen bleistiftgraue Wolken über die Insel, und ein kalter strenger Nordwind fegt über Berg und Tal. Ich muss gestehen, dass wir darauf warten, dass sich die Wolken pechschwarz färben, anstatt nur so über den Himmel zu fegen, denn dann gäbe es endlich Regen, und für was sind dunkle Wolken denn sonst da? 

Die Insel ist immer noch trocken – pulvertrocken, im Gegensatz zum restlichen Griechenland, wo Überschwemmungen und andere Wasserkatastrophen derzeit an der Tagesordnung stehen. Die wenigen Tropfen die auf Lesvos gefallen sind, reichten mal gerade dazu aus, etwas mageres Gras wachsen zu lassen und die Herbstkrokusse aus der Erde zu locken. Die Natur schreit jedoch nach mehr Wasser.  

Gestern wurden wir von einem sonnigen, fast windstillen Tag überrascht. Wir nutzten dieses Geschenk direkt für einen Ausflug, denn der Wetterbericht sagte nichts Gutes für die nächsten Tage voraus. Paliós war unser Ziel, wo selbst im Sommer kleine Wassertümpel stehen, in denen Frösche und Schildkröten sich des Lebens erfreuen und die seltenen Rostenten ihr Zuhause gefunden haben. Zur Zeit sind sie jedoch nicht da, denn die Wasserstellen sind nahezu leer oder sehen aus, wie in der Afrikanischen Steppe, ausgetrocknet und mit spröder rissiger Erde. Traurig. 

Die Erdbeerbäume aber sahen nicht so aus, als ließen sie sich von der Trockenheit beeinflussen: Die runden Erdbeerballen, die Früchte, die diese Bäume tragen, hatten sich schon kirschrot gefärbt und schmeckten köstlich. Das Meer war samtweich und von der Sonne erwärmt. Heute kann ich mir gar nicht mehr vorstellen, dass ich gestern noch in der tiefblauen See in der Bucht von Paliós schwamm, mit Blick auf die mysteriösen „Weißen Inseln“ (Nissi Aspro), die sich leuchtend vom Hintergrund des türkischen Festlands absetzen. Am späten Nachmittag dann, war es plötzlich vorbei mit dem guten Wetter, so als sei es nur ein Traum gewesen. Der Wind setzte wieder ein und wuchs in der Nacht beunruhigend kräftig an. Heute ist ein stürmischer grauer Tag, und es ist dermaßen kalt,  dass ich laufend zu den Gipfeln der Berge schaue, um zu sehen, ob nicht schon der erste Schnee gefallen ist.  

Die Gemeinderatswahlen haben auch nicht wirklich für sonnigen Glanz gesorgt. In Molyvos haben – wie bereits vor 4 Jahren – die Partei des derzeitigen Bürgermeisters, Lefteris Vogiatzis, und die von Stelios Karadonis gewonnen. Die Stichwahl am kommenden Sonntag wird also nicht besonders aufregend, denn meiner Meinung nach, sind die interessanten Parteien außer Gefecht gesetzt. 

In Pétra ging es etwas spannender zu. Hier der Bericht von Karin Haake über den ersten Abend, an dem Speakers´Corner auf der Platía errichtet war: „Eine riesige Leinwand wurde aufgestellt und mit Seilen an den hölzernen Elektrizitätsmasten auf der anderen Straßenseite befestigt. Der erste Check-up und die Mikro- und Kamerakontrollen waren durchgeführt, und während die Prominenten, offizielle Abgeordnete von Kirche und Armee und das übrige Publikum auf den umliegenden Terrassen auf den Sprecheinsatz warteten, passierte vor ihren Augen das Unerwartete: Ein Reisebus kam aus Richtung Ánaxos, nichts Böses ahnend. Der Fahrer, völlig unwissend, was da in Pétra vor sich ging (keinerlei Vorsichtsmaßnahmen waren getroffen worden!), folgte seiner gewohnten Wegstrecke. Und so musste ein jeder verdutzt und hilflos mit ansehen, wie der Bus, der reichlich hoch war, weiter geradeaus, direkt in die Seile fuhr. Im Zeitlupentempo sah man die Leinwand, die Scheinwerfer und die Kameras, wie ein Kartenhaus zusammenbrechen. Danach, sekundenlang Totenstille... Dann spielten sich dramatische Szenen ab: Männer fuchtelten wild mit ihren Armen in der Luft, schüttelten verzweifelt ihre Köpfe, manch einer brach vor Fassungslosigkeit fast zusammen, und man hörte ein Fluchen und Schreien. Der Bus hatte unbeeindruckt seine Fahrt fortgesetzt, und der Fahrer ist sich sicherlich bis heute keinerlei Schuld bewusst. Ein Polizist kam angerannt, aber was sollte er jetzt noch ausrichten? Es folgten die typisch lautstarken griechischen Diskussionen, und nach einer halben Stunde begann man mit dem Wiederaufbau, so dass man mit dem Vortrag noch in der Zeit lag." 

Das war aber nur der Anfang vom Wahlzirkus in Petra: Böse Zungen behaupten, dass in Skoutáros bei der ersten Wahl geschummelt wurde, so dass diese wahrscheinlich wiederholt werden muss.  

Auch bei den Lehrern gibt’s nichts Neues. Sie versuchen weiterhin eine 45%ige Erhöhung ihrer Bezüge mittels Streik durchzusetzen, und der begann eine Woche nach Schulbeginn im September. Nun ist bereits die 5. schulfreie Woche abgelaufen und die Beschwerden  werden immer lauter. Nicht nur die Mütter klagen, da sie schon nicht mehr wissen, wie sie ihre Kinder beschäftigen sollen, sondern auch die anderen Dorfbewohner, die sich mehr und mehr von den Kindern gestört fühlen, die tagtäglich auf den Straßen herumlungern und vor lauter Langeweile nur Blödsinn anstellen. Während es in Athen zu harten Auseinandersetzungen zwischen Ordnungskräften und Lehrern kommt, die von den Eltern unterstützt werden, beschweren sich in Molyvos alle über die Lehrer, die die Kinder so leicht und lange einfach im Stich lassen. 

Also, nichts Neues unter der Sonne, die derzeit auf der Insel nicht scheint. Ein jeder sieht alles grau in grau, was wahrscheinlich auch der Grund dafür ist, dass von einem kalten Winter die Rede ist. Den Oliven reagieren ebenso. Viel zu früh haben sie sich gefärbt und fallen bereits von den Bäumen, was jedoch nichts mit dem Wetter zu tun hat. Es sind Insekten, die die Bäume befallen haben. Nach und nach ist man auf Lesvos zum biologischen Anbau übergegangen, was bedeutet, dass die Olivenhaine nicht mehr mit Insektiziden besprüht werden. Das Ungeziefer kann nun ungestört über die Früchte herfallen, und die Oliven-Presse hat einen Monat früher als geplant ihre Tore geöffnet. 

Oder können die Oliven vielleicht doch das Wetter vorausfühlen, und wir bekommen einen frühen strengen Winter? Ich für meinen Teil werde jetzt schon mal meine warme Kleidung herausholen. Kalo Chimonas! (Einen guten Winter!).

Copyright ©Julie Smit 2006