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BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
Schafe und Ziegen
22.April 2009 - Schafs-Terror
Aus
dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski
Gestern wurde das
orthodoxe Osterfest gefeiert. Überall in Griechenland sah man
die Lämmer an Spießen, die sich über dem Feuer drehten. Dieses „Souvla“
ist eines der traditionellen Ostergerichte, ein anderes ist das gefüllte
Lamm aus dem Ofen. Man konnte zwar nicht in die Küchen schauen, aber
sich an dem herrlichen Duft von dem süß gebackenem Braten erfreuen, der
an diesem Tag in der Inselluft lag.
Da
ich dieses Fleisch eigentlich sehr gerne esse, freue ich mich ein jedes
Jahr auf den österlichen Festschmaus, aber derzeit begegne ich Schafen
und Ziegen ziemlich zwiespältig, und wenn es nach mir ginge, könnten sie
an diesem Osterfest alle vertilgt worden sein.
Ich
weiß nicht woran es liegt, vielleicht sind die Landwirte besser
subventioniert worden, oder es werden weniger Tiere aufgrund der
Wirtschaftskrise gegessen, Fakt ist auf jeden Fall, dass wir seit
Monaten von Schafen terrorisiert werden. Sie sind vor, hinter und neben
dem Haus, und selbst in meinen Träumen höre ich sie unentwegt blöken und
das Gebimmel ihrer Glocken.
Sie
wundern sich jetzt sicherlich, wie man sich von solch friedlichen
Tierchen, die keinem Menschen was zuleide tun, terrorisiert werden kann,
zumal sie etwas dumm, arg scheu und ängstlich sind. Nun, Sie erinnern
sich bestimmt daran, dass uns im letzten Jahr 2 streunende Hunde
zugelaufen sind: Der große schwarze Labrador „Black Jack“ und der fast
verhungerte Jagdhund „Bambi“. Vergeblich habe ich alles versucht, ein
neues Heim für die zwei zu finden. Black Jack ist ein Traum von einem
Hund, völlig unproblematisch, aber Bambi? Er hört überhaupt nicht auf
das, was ich sage, bis auf die Information, dass sein Dinner bereit ist.
Es scheint, als sei es nur Essen und Trinken, was für ihn von Interesse
ist.
Mit
dem Tag, als die Schafe kamen, begannen die Probleme. Black Jack, der
täglich eine befreundete Hundedame besucht, die an der Straße von
Eftalou wohnt, gefiel es, neben ihr weitere Spielgefährten, wenn auch
sehr ängstlich aufgeschreckte, gefunden zu haben, dem Bauern aber nicht.
Fazit: Er hat Black Jack von seinem Land verwiesen und er will ihn auch
nicht mehr auf seinem Grundstück sehen, was bedeutet, dass wir ihn
permanent anleinen müssen, denn unser Hund will, wie jeden Tag, zu
seiner Freundin.
Tja, und auch bei dem immer gesünder und kräftiger werdenden Hund Bambi
erwachte der Jagdinstinkt wieder. Wie ein Wirbelwind preschte er immer
den Schafen nach durch die Landschaft und hinterließ einen grausigen
blutrünstigen Pfad. Es war nicht möglich, ihn an die Leine zu nehmen und
nachdem mehrere tote Schafe gefunden wurden, blieb uns nur die
herzzerreißende Entscheidung, ihn in die ewigen Jagdgründe zu schicken.
Aber als der Schäfer auch noch unserem Winterhund Albino unterstellte,
seine Tiere zu jagen, war das Maß voll, und ich kochte vor Wut. Albino
kann man nicht anleinen, ohne dass er völlig hysterisch wird, außerdem
geht er erst gar nicht in die Nähe von Schafen, es sei denn, er stolpert
zufällig darüber, und ich bin mir sicher, dass er ihnen kein Haar
krümmt. Wir haben nun ein Abkommen mit dem Schafshalter getroffen: Wir
haben einen Preis auf seinen Kopf ausgesetzt, wenn Albino dabei erwischt
werden sollte, dass er ein Schaf terrorisiert. Für uns ist dabei
wichtig, dass er jetzt erst einmal seine Freiheit behalten kann. Ich
muss jedoch gestehen, dass uns unsere täglichen Spaziergänge nun doch
weit weg von unserem von Schafen umzingelten Haus führen, denn m
Hinterkopf lauert die Angst, dass Albino doch einmal...
Wir
stehen nicht allein da mit dieser Problematik, denn eine Reihe von
Hundebesitzer werden von den Bauern damit konfrontiert, dass ihre Tiere
Schafe gerissen haben sollen. Es ist ein schwerer Kampf der Kulturen
ausgebrochen zwischen den Landwirten, die ihre Herde unbeaufsichtigt
weiden und den Menschen, die ihre Hunde frei laufen lassen. Ich begreife
langsam, warum es so viele angeketteten Hunde auf der Insel gibt.
Für
mich ist es schwer zu beurteilen, wer im Recht ist. Auf der einen Seite,
tun die Bauern zu wenig, um ihre Tiere zu schützen (man denke nur mal an
die zahlreichen Füchse, die auch nicht angekettet werden können), und
auf der anderen Seite, sollten auch Hundehalter verantwortungsvoll mit
dem Verhalten ihrer Vierbeiner umgehen. Ich habe meine Lektion hart
gelernt: Nie wieder werde ich einen streunenden Hund aufnehmen, denn ich
habe keine Erfahrung damit, wie ich ihnen Regeln und Gehorsam beibringe.
Ich
hätte ja schon eine Lösung, aber ich befürchte, dass diese nicht so
schnell von den Griechen angenommen werden wird, denn solange man denken
kann, gehören Schafe und Ziegen zum Landschaftsbild. Diese Tiere stellen
aber nicht nur für das Zusammenleben mit Hunden ein Problem dar, sondern
auch hinsichtlich der Umweltverschmutzung.
Australische Wissenschaftler haben festgestellt, dass Schafe durchaus
Klimakiller sind, denn sie furzen und rülpsen und scheiden somit eine
große Menge Methan aus, ein aggressives Treibhausgas, das zur
Erderwärmung beiträgt. Die 88 Millionen Schafe, die es in Australien
gibt, sind Ursache für 11% der gesamten Methangasemission, ganz zu
schweigen von den 28 Millionen Kühen. Wenn Sie das nachlesen möchten
gehen Sie auf den Link: „Klimawandel Methangas Kühe und Schafe“(
http://au.messages.yahoo.com/news/politics/280466/ )
Wie
die Griechen, essen die Australier gerne Schafs- und Rindfleisch. Nun
wird dort aber dazu aufgerufen, auf Känguru-Fleisch umzusteigen, um so
die Umwelt zu schonen. Na, und das scheint für mich auch die perfekte
Lösung für Griechenland zu sein! Kängurus produzieren nicht so viel
Methan, brauchen 8 x weniger Wasser wie Schafe und nur 1/3 von deren
Futter, womit der Umwelteinfluss rapide sinken würde.
Grasende Schafe (auch Ziegen) haben im Laufe der Jahrhunderte große
Teile der griechischen Landschaf zerstört, und da dieses Land (wie auch
Australien) regelmäßig schweren Dürreperioden ausgesetzt ist und das
Grundwasser als Folge der intensiven Landwirtschaft immer tiefer und
tiefer liegt, verschlimmern diese Tiere alles noch. Tja, und dann nicht
zu vergessen, dass Kängurus keine Angst vor Hunden haben, und mal
ehrlich, bei dieser Sprungkraft, wie sollte ein Hund es überhaupt
schaffen, ein Känguru zu erlegen? Also, für mich ist der Austausch einer
Schafs- in eine Känguruherde die ideale Lösung für jedermann.
Die
Frage, die bleibt, ist die, wie Kängurufleisch das traditionelle Souvla
am Spieß ersetzen soll. In Australien werden die Verbraucher angehalten,
sich für Kängurufleisch zu entscheiden, da es weniger gefährliche Fette
enthält. Hier in Griechenland erscheint mir das als ein unmöglicher
Plan, denn die Griechen lieben ihr traditionelles Lammfleisch viel zu
sehr, es sei denn... Nun, wenn man ihnen einen guten finanziellen
Zuschuss für ein jedes ausgetauschte Tier zahlen würde... na, da bin ich
mir doch fast sicher, dass uns in ein paar Jahren der köstliche Duft von
„Känguru aus dem Ofen“ zur Osterzeit um die Nase weht...
Copyright ©Julie Smit 2009 |