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BOULEVARD NEWS AUS LESVOS

 

Ziegen auf Lesvos

Ziegen auf Lesvos

 

28.Januar 2009 - Bauernfängerei

Aus dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski 

 

Ab dem 1. Oktober eines jeden Jahres sind offene Feuer wieder erlaubt, was für die Bauern der Startschuss dafür ist, die Teile ihrer Ländereien in Brand zu setzen, auf denen sich innerhalb der vergangenen Monate kleinere Büsche und Gesträuch breit gemacht haben. Wenn dann der Qualm in den Himmel steigt, sehen einige Berggipfel wie rauchende Vulkane aus. Schon nachdem der erste Regen fällt, wächst schnell frisches Gras nach, färbt die schwarze Erde wieder saftig grün und stellt das perfekte Dinner für Schafe und Ziegen dar.

 

Ich mag diese Brände gar nicht: Die vielen riesigen verkohlten Flächen entstellen das sonst so schöne Landschaftsbild der Insel, und nicht alle Bauern sind bei ihrem Vorgehen so sorgfältig, wie sie es eigentlich sollten. Man denke nur an Rhodos, wo im November vergangenen Jahres ein großes Stück kostbarer Natur in Flammen aufging, weil ein Landwirt unvorsichtig war.

 

Die griechische Landschaft ist jedoch nicht nur da, damit man sich von ihr bezaubern lassen kann, sondern sie dient den Bauern als Weideplatz für ihre Tiere. Sie treiben ihre Ziegen und Schafe auch auf ungenutzte Ländereien, die ihnen nicht gehören und verärgern so manch einen neuen Landbesitzer, indem sie ihm kahl gefressene Wiesen zurücklassen, wenn dieser seinen Besitz nicht gut genug umzäunt.

 

Ich denke, dass die Bauern, nicht nur hier, sondern in ganz Griechenland, vor schwierigen Zeiten stehen, denn mehr und mehr Grundstücke werden verkauft und fallen alsdann als Weideflächen weg. In der Vergangenheit war es noch so, dass Schafe und Ziegen überall grasen konnten, denn manch ein Grundbesitzer war froh, wenn die Tiere sich als natürliche Rasenmäher nützlich machten und die Grundstücke passierbar blieben. Inzwischen ist das aber nicht mehr so einfach, denn auf nicht wenigen Parzellen ist Ziegen und Schafen „der Zutritt verboten“. Auch steht das Zündeln, um Weideflächen zu erzielen, seit den verheerenden Waldbränden 2007 in Griechenland, erheblich in der Kritik.

 

Tja, es ist aber auch problematisch, denn grasen die Tiere zu wenig, dann überwuchern Landstriche mit undurchdringlichem Gestrüpp, fressen sie jedoch zuviel, dann hinterlassen sie kahlen Grund, was Auslöser für Erdrutsche oder Schlammlawinen sein kann. Es gibt viele Menschen hier, besonders die Ausländer aus dem Westen Europas, denen Ziegen und Schafe ein Dorn im Auge sind. Für sie sind sie eine Gefahr auf den Straßen, die Ursache für verkohlte Landstriche, und sie können schon mal gar nicht verstehen, dass ihr Besitzer sie auf einer Wiese grasen lässt, die nicht sein eigen ist.

 

Auch hier auf der Insel macht der Fortschritt nicht halt, und in den modernen Zeiten ist kein Platz mehr für die traditionelle Viehzucht. Tja, und was wird dann, wenn es kaum noch Schafs- und Ziegenherden gibt, so wie es jetzt schon zu beobachten ist? Was ist dann mit den kulinarischen Spezialitäten der Insel? Gibt es dann keine frischen Lammgerichte mehr? Wie soll dann der leckere „Feta“ und „lado tiri“ hergestellt werden?

 

Es ist offensichtlich, dass die alte und die neue Zeit aufeinander prallen. Ich möchte betonen, dass ich nicht mit allem übereinstimme, was landwirtschaftliche Erzeugnisse betrifft. So bin ich z.B. sehr froh über die Sanktionen, die den Milch- und Käsefabriken rund um Vatoussa, Andissa und Skalochori hinsichtlich der Gewässerverschmutzung auferlegt wurden, was aber auch höchste Zeit wurde, denn in der Region stinken die Flüsse dermaßen, dass einem jedwede Lust auf einen Spaziergang dort vergeht.

 

Mehr und mehr Landwirte geben auf, schmeißen ihre Arbeit hin und das nicht nur, weil es immer weniger Weideflächen für ihre Schafen und Ziegen gibt, sondern auch, weil Futtermittel immer teurer werden und der Verkauf von Fleisch, Milch und Käse nicht mehr genug Geld einbringt, um damit über die Runden zu kommen.

 

Aber es sind nicht die Viehbauern, die angesichts ihrer schwierigen Situation seit 10 Tagen in Griechenland demonstrieren, sondern die Landwirte. Mit 9.000 Traktoren blockieren sie die Grenzen zur Türkei, nach Bulgarien und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien. Sie haben Autobahnen und wichtige Überlandstraßen blockiert und damit Transportwege praktisch lahm gelegt. Inzwischen machen sich Versorgungsengpässe bemerkbar, Obst, Gemüse aber auch Arzneimittel werden langsam Mangelware. Am heutigen Mittwoch wollen auch die Fluglotsen streiken.

 

Die Bauern wollen mit ihren Protesten staatliche Hilfe erzwingen, denn durch sinkende EU-Subventionen und fallende Weltmarktpreise für Weizen, Baumwolle und Olivenöl haben sie in den letzten Jahren fast ein Viertel ihrer Einkommen verloren.

 

Obwohl man allen Grund dazu hätte, seiner Wut über die hier ebenfalls gesunkenen Preise für Öl, Milch und Gemüse Ausdruck zu verleihen, ist auf Lesvos noch niemand auf die Straße gegangen. Es wird gesagt (niederländische Meinungsäußerung), dass es die Zwischenhändler sind, die sich auf Kosten der Bauern und des Endverbrauchers bereichern. Hier ein Beispiel: Ein Landwirt bekommt für 1 kg Broccoli 40 Cent, verkauft wird dieses Kilogramm im Geschäft aber für 1,40 Euro! Der Bauer, der pflügt, sät, düngt, wässert, erntet und Maschinen unterhalten muss, hat somit ganz eindeutig einen niedrigeren Gewinn, als der Einzelhändler.

 

Es sind aber nicht nur die Landwirte, die nicht mehr genug Geld verdienen, sondern allgemein sind Löhne und Gehälter in Griechenland zu niedrig, womit es kein Wunder ist, dass Streiks und Demonstrationen an der Tagesordnung stehen. Man darf auch nicht vergessen, dass seit der Einführung des Euro, Griechenland das teuerste Land Europas ist. Ein schlechtes Steuersystem und unzählige Korruptionsaffären treiben die Preise immer weiter in die Höhe.

 

Wenn wir nicht aufpassen, werden die Bauern aussterben, Schafe und Ziegen werden nicht mehr das Landschaftsbild zieren, und die Geschäfte werden nicht mehr die Gemüse-, Obst-, Oliven-, Fleisch-, Käse-, und Milchprodukte von der eigenen Insel anbieten können. In den modernen Zeiten läuft man auch hier auf Lesvos Gefahr, so wie es bereits in anderen westeuropäischen Ländern der Fall ist, wo Kinder schon gar nicht mehr wissen, dass das Fleisch von Rindern und Schweinen kommt und die Milch von der Kuh, nur noch abgepackte Ware aus wer weiß was für einem Land oder Gewächshaus zu bekommen...

 

Copyright ©Julie Smit 2009