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BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
Die neue Telefonzentrale von Eftalou
Foto: Igor
Alexander
11.September 2009 - Totalschaden
Aus
dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski
Irgendwie standen die Sterne in diesem Sommer nicht gut für uns. Es hieß
endgültig von einem lieben Freund Abschied zu nehmen und zwei Menschen,
die uns ans Herz gewachsen sind, haben die Insel wegen Krankheit für
unbestimmte Zeit verlassen müssen. In unserem Haus haben sich ungebetene
Gäste eingemietet, wie die große Wespe, Frösche, die fröhlich durch die
Zimmer hüpften und Familie Maus hinter dem Ofen (aber wir kriegen dieses
Problem langsam in den Griff und das ohne Gift und Fallen). Hinzu kommen
die Sorgen wegen der dauernden Brände. Nun liegen wir nicht direkt in
der „Schusslinie“ des Pyromanen, obwohl er auch einmal direkt in unserer
Nähe (ich habe darüber geschrieben) zugeschlagen hat, aber unsere
Freunde leben in der am stärksten betroffenen Region. Neben diesen
Großbränden gab es aber auch einige kleine Feuer, wie z.B. unsere
Waschmaschine, die vor einiger Zeit ausbrannte. Für mich noch heute
einfach unfassbar, denn ich habe mir nicht vorstellen können, dass eine,
mit nasser Wäsche gefüllte Maschine, Feuer fangen kann. Ich muss noch
eben weiter ausführen, denn eigentlich war dieser Vorfall letztendlich
für uns ein Glücksfall: Als ein guter Freund von uns, die Waschmaschine
von ihrem Platz entfernte, schreckte er damit eine Schlange darunter
auf, die sogleich unter dem Kühlschrank Schutz suchte. Aber, keine
Chance, unser Helfer schaffte es, mit dem Kühlschrank das Reptil zu
erschlagen...
Aber die Schreckensmeldungen gingen
weiter: Unser Auto fing Feuer, weil wir es versäumt hatten, Wasser und
Bremsflüssigkeit nachzufüllen. Unser Mechaniker ermahnte uns zwar,
diszipliniert darauf zu achten, aber, die Hitze...
Dann, bei einem Abendessen mit Freunden,
flog uns die Gasflasche um die Ohren. Zu unserem Glück ging auch das gut
aus, weil es einem extrem coolen Gast gelang, die Flammen mit nassen
Tüchern zu ersticken.
Es geht weiter! Und nun der Grund,
weshalb Sie auf die neuen Lesvos-News etwas warten mussten: Ein
betrunkener Autofahrer krachte vergangenen Sonntag in den
Telefon-Verteilungskasten von Eftalou. Es gibt nur Gerüchte darüber, wer
der Unglücksrabe war (entweder eine Frau oder ein minderjähriger Knabe),
was mich vermuten lässt, dass es sich um einen Dorfbewohner handeln
muss. Nun, der Schaden war von solch einem Ausmaß, dass ganz Eftalou und
ein Teil von Molyvos tagelang ohne Telefon (und damit ohne Internet)
zurechtkommen musste. Sie glauben ja wohl nicht, dass die griechische
OTE für diese Fälle einen Notdienst hat... Es hatte den Anschein, dass
es dieser Telefongesellschaft ziemlich egal war, wie ihre Kunden, die
Restaurants und Hotels ohne jegliche Telefonverbindung, dadurch ja auch
Fax und Internet, klar kamen.
Ich muss zugeben, es war für mich eine
ganz neue Erfahrung, so ein Sonntag ohne Telefon..., tja, und dann kam
ja noch erschwerend hinzu (aber nicht verwunderlich für diesen
Katastrophensommer), dass wir auch nicht fernsehen konnten, da wir wohl
den Fälligkeitstag unser Rechnung vom Kabelunternehmen verschlafen
hatten. Also, keine Nachrichten und keine Wettervorhersagen, und das
gerade jetzt, wo das Wetter mit Kälte und Regen verrückt spielt, und es
mich nicht wundern würde, wenn es morgen schneit (nein, Quatsch, dafür
sind die Temperaturen noch etwas zu hoch).
Am darauf folgenden Montag blieb das
Telefon immer noch stumm und das TV schwarz, obwohl wir unsere Rechnung
mittlerweile bezahlt hatten. Es stellte sich dann heraus, dass die
Monteure, die unser neues Fenster im Wohnzimmer eingebaut hatten, ein
Kabel zertrennt hatten.
Nun, dafür wurde Eftalou für die
folgenden Tage um eine Attraktion reicher: Um den zerdepperten
Verteilerkasten entstand eine OTE-Werksniederlassung mit einer täglich
wechselnden Zahl von „emsigen“ Arbeitnehmern. Man konnte sie bewundern,
und zwar rauchend, Kaffee trinkend, telefonierend, Kabel ziehend, Masten
erklimmend, smalltalkend mit Vorbeikommenden... ich denke, sie hatten
eine schöne Zeit, die auch begeistert von den Touristen gefilmt und
fotografisch festgehalten wurde, denn wann sieht man schon so einen
Auflauf von OTE-Mitarbeitern, die unter bunten Sonnenschirmen einen
solchen – wie es den Anschein hatte – Höllenjob erledigen?
Nach einigen Tagen waren auch die
Griechen der Überzeugung, wie im tiefsten Afrika zu wohnen, denn, wie
kann es sein, dass die Reparatur eines solchen Kastens in der heutigen
Zeit (ein neuer wurde dann aus Athen eingeflogen) so lange dauert?
Inzwischen war es Donnerstag, und, mal ehrlich 1 oder 2 Tage ohne
Telefon, Internet, Skype, E-Mails, kann ja ganz nett und lehrreich sein,
aber dann...
Als unser Nachbar den OTE-Mann um
Erlaubnis für das obige Foto bat,
verkündete dieser stolz, dass er derzeit
der berühmteste Mann von Lesvos sei, denn ein jeder würde ein Bild von
ihm machen. Ich dachte, man solle besser ein Schild mit „Fotografieren
verboten!“ aufstellen, denn, wie lange sollte es ansonsten noch dauern,
bis wieder das Telefon klingelt?
Aber jetzt, es ist Freitag, kann ich
glücklicherweise verkünden, dass wir wieder online sind! Zu verdanken
haben wir es unserem Nachbarn (nochmals ein herzliches Dankeschön,
Igor!), der den OTE-Mann inständig gebeten hat, uns doch gleichzeitig
mit den Hotels und Restaurants in Eftalou (die verständlicherweise
vorrangig behandelt wurden) anzuschließen. Wer weiß, was geschehen wäre,
hätte er das nicht getan... Freunde von uns sind immer noch ohne
Verbindung zur Außenwelt, und morgen beginnt das arbeitsfreie
Wochenende...
Anmerkung der Übersetzerin:
Dienstag, 11. Uhr... der OTE-Mann klopft
an der Tür... Ende gut – Alles gut!
Copyright ©Julie Smit 2009 |