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BOULEVARD NEWS AUS LESVOS

 

Alte Platane bei Chalika

Alte Platane bei Chalika

 

20.Januar 2009 - Infekt

Aus dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski 

 

Na, Sie denken doch bestimmt, dass wir hier ein gesundes Leben führen, mit soviel Gemüse und Obst, Fisch, Bio-Fleisch und viel Spaziergängen und Bewegung an der gesunden Seeluft... richtig, aber trotz alledem bleibt man nicht verschont von einer Erkältung.

 

Glücklicherweise, habe ich in diesem Herbst eine Menge Feigensirup zubereitet, Kilos von Feigen gesammelt, in der Sonne trocknen lassen, einige Tage in Wasser kochen lassen, absieben und einkochen lassen, bis eine dickflüssige Substanz entsteht = Vrasma, auch „Petimezi“ genannt. Dieser Sirup passt hervorragend zu Pfannkuchen, ist aber auch gleichzeitig ein hilfreicher Hustensaft.

 

Es begann mit Halsschmerzen. Als diese so nach und nach besser wurden, lief die Nase, und der Kopf war dicht. Neben 1 kg Papiertaschentüchern, hab ich 1 kg selbst gemachten Thymianschnaps getrunken (1 kg deshalb, weil man in Griechenland das Maß aller Dinge kg ist, bestellt man z.B. Wein, sagt man nicht 1 Liter, sonder 1 Kilo). Diese Arznei wird so hergestellt, dass man eine ganze Menge gesammelten Thymian in einen Topf gibt, diesen mit Cognac übergießt und dann einige Wochen ziehen lässt. Thymian hat die Eigenschaft, Bakterien abzutöten. Ich glaube, er musste eine schwere Schlacht schlagen, denn nur nach und nach geht es mir jetzt ganz langsam etwas besser (Eigentlich wird ja eine Erkältung durch Viren erzeugt und nicht durch Bakterien, so dass Thymian nicht wirklich hilft).

 

Fakt ist, dass bei einer Erkältung Ruhe hilft... tja, und das ist für mich gar nicht so einfach. Die Erkältung erwischte mich gerade da, als das Wetter wieder schöner wurde. Ein sehnsüchtiger Blick nach draußen, und dann gehen die Gedanken dahin, dass ein kleiner Spaziergang mit den Hunden (und Katzen) nicht ungesund sein kann, ach, und so ein bisschen Brennholz sammeln auch nicht schaden könnte, und welch eine Schande es ist, die Sonnenstrahlen so ohne ein kleines Sonnenbad vorübergehen zu lassen...

 

Aber nein, während die Sonne das Landschaftsbild in eine glitzernde Märchenwelt verwandelte, verbrachte ich die Zeit, fest eingemummelt, brav vor dem Fernseher und zappte mich durch die Kanäle. Hängen blieb ich dann u.A. bei Sendungen über Schlösser, Burgen, Kathedralen und mittelalterlichen Plätzen in Spanien, Italien und Frankreich. Was für wunderschöne Städte und welch reiche Geschichte sie haben!

 

Plötzlich überkam mich Heimweh, und die Frage schoss mir durch den Kopf, was ich eigentlich hier auf Lesvos mache, einer armen Insel, die mir so etwas nicht bieten kann, auf der es nicht einmal eine handvoll geplünderter mittelalterlicher Burgen gibt, von erhaltener grandioser Bildhauerei oder gar gerettetem wertvollem antiken Inventar gar nicht zu reden.

 

Meine weiteren Gedanken drehten sich darum, was die Griechen in den letzten 2.000 Jahren eigentlich gemacht haben. In Frankreich haben sich die Könige der Vergangenheit versucht, sich mit ihren Bauwerken gegenseitig zu übertreffen. Die Katholiken errichteten eine imposante Kathedrale nach der anderen, und die Griechen?

 

Besetzer aus allen Herren Länder hinterließen ihre Spuren in Griechenland mit imposanten Bauwerken, wie z.B. die Kreuzritter auf Rhodos. Das Erbe, das die Griechen hinterlassen haben, stammt doch insgesamt aus der Antike: Tempel und Statuen, und die meisten davon haben nur teilweise überlebt.

 

Gefesselt war ich von einem Bericht über ein Schiff, dass sich auf den Weg von Gent (Belgien) machte, um über Flüsse in das Herz des französischen Burgund zu gelangen, um in den Dörfern die Geschichte dieser Region zu erkunden. Es wurden faszinierende Baudenkmäler gezeigt, von denen ich vorher noch nie gehört hatte. In dieser Nacht ließ mich ein quälender Husten nur schlecht schlafen und Paläste, Kirchen und Patrizierhäuser wirbelten durch meine unruhigen Träume. Am nächsten Tag war sie da, die Frage, was mich nur auf diese, so kulturell arme, Insel verschlagen hat.

 

Es war die Lektüre der englischsprachigen griechischen Tageszeitung „Ekathimerini“, die mir die Antwort gab. Ein Artikel warnte davor, dass das Land Gefahr läuft, sich bei Touristen unbeliebt zu machen, sie gar ausbleiben werden angesichts all der Unruhen, Skandale, Streiks (selbst im Museum der Akropolis) und nun auch noch der Entführung eines Großindustriellen.

 

Tja, und dann wurde mir wieder bewusst, dass Lesvos von all solchen Problemen unbeeinflusst friedlich daliegt: Hier gibt es keine Unruhen, wie in Athen. Hier wohnen keine Millionäre, die entführt werden könnten. Hier leben keine Extremisten, die Polizisten niederschießen und keine Studenten, die heillose Zerstörungen anrichten. Hier herrscht vielleicht etwas Unzufriedenheit bei den Menschen, die, wie das Museumspersonal in Athen, für ihre Arbeit unangemessen entlohnt werden.

 

Ich richtete meinen Blick hinaus in die Ferne und erblickte die Sonne, das Meer und die Berge. OK, mein Blick blieb nicht hängen an Kathedralen, Burgen und Schlössern, die wird man hier auch nicht finden, aber Lesvos bietet eine unberührte Bergwelt, weite Felder, endlose Olivenhaine, ruhige Pfade, Wege, gesäumt von alten Kastanien, Eichen und riesigen Platanen. In einigen Wochen wird die Natur ihre farbenprächtigen Blütenteppiche auslegen, und statt der reich verzierten Patrizierhäuser sind hier Bäume zu bestaunen, die Jahrhunderte alt sind. Statt imposanter Kathedralen beeindrucken hier die versteinerten Bäume, und statt prachtvoller Paläste, lassen hier malerische Dörfer, an denen die Zeit scheinbar spurlos vorbeigegangen zu sein scheint, das Herz höher schlagen.

 

Meinen Sie, ich würde jetzt gerne in einem Dorf in Burgund leben wollen? Nein, auf keinen Fall! Ich glaube, es war nur das Fieber, was mich etwas verwirrt hat...

 

Copyright ©Julie Smit 2009