BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
Taufe
27.April 2009 - Die Taufe
Aus
dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski
Ungefähr 97 – 98% der Bevölkerung Griechenlands sind
griechisch-orthodox. Mit unzähligen Kapellchen, vielen Kirchen und
einigen Klöstern ist auf Lesvos die Religion allgegenwärtig. Neben den
bekannten Klöstern (u.a. Limonos bei Kaloni, Taxiarchis in Mandamados,
Agios Raphael in Thermi, Ipsiloú bei Eressós) und Wallfahrtskirchen
(z.B. Panagia in Agiassos und Panagia Glykofiloúsa in Pétra) sind
hunderte von Kirchlein in der Landschaft verstreut, die jeweils einem
Heiligen geweiht sind, und stets werden neue Kapellchen im Auftrag von
Bürgern gebaut.
Zwei Gründe gibt für den Bau: Entweder der Glaube und die Verehrung
eines bestimmten Heiligen oder um zu zeigen, wie reich man ist. Nicht
selten hat derjenige, der einen Mercedes vor seiner Tür hat, meist auch
ein Kirchlein im eigenen Garten hinter dem Haus. Die bescheideneren
Menschen errichten eine Kapelle an einem Ort, der nicht so leicht
erreichbar ist, wie auf dem Gipfel eines Berges oder in einer weit
abgelegenen Bucht.
Auch die Klöster sind noch in stetem Wachstum, wie z.B. das Moní Limónos:
Dank der Spenden von Gläubigen, ist das Hauptgebäude inzwischen umringt
von einer Vielzahl fröhlicher kleinen Kapellen, manch eine noch im Bau
befindlich, eine jede einem anderen Heiligen geweiht, von denen es – wie
wir wissen – ja eine Menge gibt.
Dass die Griechen besonders fromm sind, kann ich nicht behaupten, aber
Fakt ist, dass die Kirche und ihre Repräsentanten eine wichtige Rolle in
ihrem Leben spielen, und zwar beginnend mit der Geburt. Ein Kind wird
innerhalb seines ersten Lebensjahres getauft. In Griechenland bekommen
Neugeborene nicht sofort einen Namen, sondern erst mit der Taufe, davor
nennt man es „Baby“. Erst nach dieser Zeremonie ist es offiziell
Staatsbürger von Griechenland. Bis dahin stehen in seinem Pass nur die
Namen seiner Eltern.
Somit haben nahezu erhalten nahezu alle Griechen dieses Sakrament, und
wenn man von einer griechisch-orthodoxen Taufe redet, kann man wahrlich
von einer regelrechten „Feuertaufe“ sprechen. Es ist ein riesiges Fest
für Verwandte, Bekannte, Freunde, Nachbarn, etc., was Stress für Mutter
und Täufling bedeutet.
Die
Vorbereitungen beginnen mit der Wahl eines Paten. Der- oder diejenige
hat dann zukünftig über das Kind zu wachen, es an seinen Geburtstagen
mit Geschenken zu verwöhnen, an Ostern eine Kerze und – nach guter alter
Sitte – ein neues Paar Schuhe zu übergeben.
Mit
der Patenschaft wird der Pate zu einem richtigen Mitglied der Familie.
So ist es nicht erlaubt, dass Kinder der gleichen Patenschaft heiraten,
und die Kinder eines Paten dürfen nicht die Patenkinder der Eltern
ehelichen.
Hat
man dann einen Paten gefunden, kommt die nächste Herausforderung: Die
Wahl des Gotteshauses. Wie gesagt, es gibt viele Kirchen auf Lesvos,
doch meistens entscheiden die Eltern sich für eine große Kirche, denn
die Zahl der Gäste ist groß, und nicht selten lässt man das gesamte Dorf
davon Zeuge sein, wie spendabel man ist. Auf der Beliebtheitsskala an
Platz Nummer 1 steht die Kirche Taxiárches in Mandamádos für Trauungen
und Taufen.
Die
Zeremonie selbst ist dann voller Rituale: Der Pate/in (Nonós/Noná) hält
das Kind, gibt den Namen bekannt und spricht im Namen des Kindes. Mit
Gebeten und Sprüchen wird alsdann der Teufel gebannt. Eine der
Großmütter entkleidet dann den Täufling. Wasser wird mit dem Öl
gemischt, dass der Taufpate mitgebracht hat, und der Priester reibt das
Kind am ganzen Körper ein. Sollte das kleine Würmchen bis jetzt noch
nicht vor Angst erbärmlich schreien, dann aber sicherlich jetzt: Der
Priester hebt es hoch in die Luft, damit alle es sehen können und taucht
es 3 x hintereinander ins Taufbecken. Spätestens jetzt fängt ein jeder
Täufling an herzzerreißend schreien und will zu seiner Mutter, die
jedoch hilflos zusehen muss, da ihr nicht erlaubt ist, auch nur
irgendetwas während der ganzen Zeremonie zu tun.
Es
geht immer noch weiter, denn das Kind wird erneut gesalbt, eine
Haarlocke wird abgeschnitten, ihm wird eine Kette mit einem Kreuz aus
Gold oder Silber umgelegt und dann wird es rund um den Taufstein
getragen. Nun ist es wiederum Sache der Großmutter, ihrem Enkelchen die
wunderschöne Taufkleidung anzuziehen. Endet die Zeremonie – nach
ungefähr einer Stunde – kann die ungeduldig wartende Mutter ihr Kind
endlich wieder tröstend in die Arme schließen, jedoch erst nachdem sie
dem Priester symbolisch die Hand geküsst hat.
Drei Tage darf das Kind nun nicht gebadet werden, die erste verschmutzte
Windel muss verbrannt werden und drei Sonntage nach der Taufe soll es in
Taufkleidung mit seiner Taufkerze in die Kirche gebracht werden um die
heilige Kommunion zu empfangen.
Wenn Sie an einer Kirche vorbeikommen, wo die Menschen in ihrer besten
Kleidung kreischend davor stehen, rufen Sie nicht die Polizei, weil Sie
glauben, es sei ein Mord geschehen.... es ist nur eine traditionelle
griechisch-orthodoxe Taufe.
Copyright ©Julie Smit 2009 |