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BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
Flamingos in Skala Polichnitos
17.März 2009 - Flambierter Flamingo
Aus
dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski
Hört sich „Natura 2000“ nicht an, wie ein Markenname für Sportartikel?
So bezeichnet sich aber ein Netzwerk besonderer Schutzgebiete, dass
innerhalb der Europäischen Union von den Mitgliedstaaten errichtet wird.
Sein Zweck ist der länderübergreifende Schutz gefährdeter wildlebender
heimischer Pflanzen und Tierarten sowie ihrer natürlichen Lebensräume (s.Wikipedia).
Die
stark besiedelten Niederlande, wo freie Grünflächen immer weniger
werden, haben mehr als 162 Gebiete auf der Natura-Liste stehen.
Griechenland, bedeutend größer und grüner, ist mit 239 Flächen
vertreten, von denen 151 mit dem Vermerk „Special Protected Areas“ (SPA)
gekennzeichnet sind.
Hier die 3 Regionen, die von Lesvos auf der Natura-Liste verzeichnet
sind: Der Golf von Kaloni und seine Umgebung, einschließlich seiner
Salzanlagen und der von Skala Polichnitos, der Golf von Gera und das
Gebiet um den Berg Olympos, der „Versteinerte Wald“ und Sigri. Es gibt
zu denken, dass nur der Golf von Kaloni als besonders schutzwürdig
ausgewiesen wird und nicht das unglaubliche Erbe der Region von Sigri
mit seinen Mammutbäumen aus der Urzeit.
Griechenland und Umwelt, immer noch ein Paar, was nicht zusammen passt.
Täglich präsentieren die Medien Beispiele, die belegen, dass gegen die
von der Europäischen Union aufgestellten Regeln zum Schutz der Umwelt
verstoßen wird.
Ist
schon ziemlich sarkastisch, dass gerade ein Grieche namens Stavros Dimas
den Job als Europäischer Umweltkommissar innehat und dass er derjenige
ist, der seine Landsleute aufrütteln muss und ab und an hohe Geldbußen
wegen Vernachlässigung des Umwelt- und Tierschutzes verhängen muss.
Es
ist schrecklich, dass ich Ihnen an dieser Stelle berichten muss, dass
letzte Woche 15 Flamingos am Golf von Amvrakikos (bei Arta, im Wesen von
Griechenland) erschossen wurden. Eigentlich ein Feuchtgebiet, welches
unter besonderem Schutz stehen sollte. Ich frage Sie jetzt allen
Ernstes, aus welchem Grund erschießt jemand 15 Flamingos? Aus Spaß oder
vielleicht weil man ihr wundervolles Gefieder für ein Karneval-Outfit
braucht, obwohl, eigentlich ist Karneval ja schon vorbei...
Vielleicht diente das Fleisch der Tiere auch, um ein altrömisches Dinner
zu organisieren. Meine Recherchen im Internet haben ergeben, dass
römische Herrscher manchmal Flamingos als Spezialität servierten. Ein
diesbezügliches Rezept ist in dem ältesten Kochbuch der Welt zu finden.
1600 Jahre alt ist das römische Kochbuch der Antike von Apicius , das „
De re coquinaria“, was soviel bedeutet wie „rund um das Kochen“. Es gibt
nicht nur Anweisung, wie man Flamingos und Strauße zubereitet, sondern
es gibt auch Tipps, wie man dieses Fleisch mit Gewürzen und Kräutern
aufwerten kann, besonders wenn es schon etwas abgelagert ist. Man gibt
den Ratschlag, es einfach mit Pfeffer, Liebstöckel, Thymian, Minze,
Haselnüssen, Datteln, Honig, Essig, Fisch-Sauce, Wein und Senf zu
verfeinern, damit kein Gast altes Fleisch herausschmecken kann.
„De re coquinaria“ wurde im 4.
Jahrhundert verfasst, enthält alte römische Rezepte, und Wissenschaftler
sind der Meinung, dass auch Gavius Marcus Apicius, ein römischer
Feinschmecker und der bekannteste Kochbuchautor der Antike, seinen „Senf
dazu beigetragen hat“. Er lebte im 1. Jahrhundert nach Christus, also
zur Zeit des Kaisers Tiberius.
Apicius liebte es, zu großen Abendessen mit ausgefallenen Speisen
einzuladen.
Plinius, bekannt durch seine enzyklopädische Naturkunde, berichtet, dass
von Apicius auch die Idee stammt, Schweine mit Feigen zu mästen, um eine
besondere wohlschmeckende Leber zu erhalten, die dann mit einem Glas
Wein, gesüßt mit Honig, als Delikatesse serviert wurde. Ich bin sicher,
dass dieses Rezept auf Lesvos bekannt ist, denn all zu oft sehe ich im
Herbst Schweine, die unter riesigen Feigenbäumen stehen und sich den
ganzen Tag von den herunterfallenden Früchten ernähren. Aber es war auch
dieser Apicius, der Flamingozungen als Delikatesse pries. Oh, man, wie
verrückt waren die Römer!
Tja, und gestern sah ich sie, diese wunderschönen Vögel, mit ihrem
traumhaften Gefieder, wie sie verträumt in der Sonne in den Salinen von
Skala Polichnitos standen. Wie abwegig und schockierend war da der nur
der Gedanke, sie als Delikatesse auf meinem Teller zu sehen. Auch die
Alternative, die im Buch beschrieben wird, dass, wenn kein Flamingo zur
Hand ist, auf einen Papageien auszuweichen, erschütterte mich. Gibt es
wirklich Menschen, die solch wundervollen Vögel erlegen?
Ein
wenig später konnten wir noch weitere Naturereignisse erleben:
Ehrenbürger von Polichnitos – ein Storchenpaar, dass schon seit Jahren
hoch oben auf dem Schornstein eines Hauses lebt und einen schwarzen
Storch, der über Vatera flog. Die Bibel, Moses, Kapitel 11:19 besagt,
dass man den Storch nicht essen soll. Ein jeder hielt sich an dieses
Gebot. Aber die alten Römer waren so verrückt nach ausgefallener Küche,
dass sie nicht mehr wussten, was sie taten. Und Apicius? Nun, eines
Tages begann er zu summieren, was er verdient hat mit all seinen
verrückten Gerichten. Millionen Sesterzen hatte er verprasst für Gelage
und die extravagante Küche. Nur ein Bruchteil ist ihm zum Leben
geblieben. Als ihm dies bewusst wurde, bekam er Angst, zukünftig in
ärgstem Hunger und ohne Delikatessen leben zu müssen, und so beendete er
sein Dasein mit Gift.
Copyright ©Julie Smit 2009 |