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BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
Die Taufe
von Nikolas
20.September 2009 - Meine griechische Hochzeit und Taufe
Aus
dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski
Der Film „My Big Fat Greek Wedding –
Hochzeit auf griechisch” ist, wie der noch bekanntere
“Mamma Mia“ sehr beliebt. Seit dem letztgenannten Kassenschlager
strömen die Pärchen nur so auf die griechischen Inseln, um sich am
strahlendblauen Meer und unter azurblauem Himmel ganz romantisch das
Jawort zu geben. Schnell wird bei dabei vergessen, dass es gar nicht so
einfach ist, sich diesen Traum zu erfüllen, denn die meist etwas
rundlichen, doch so gutmütig aussehenden Papas sind nicht immer bereit,
jemanden zu trauen, der nicht dem griechisch-orthodoxen Glauben
angehört.
Noch im letzten Jahr, kurz bevor der Film
„Mamma Mia“ in Griechenland einschlug, wie eine Bombe, versuchte die
Kirche schon dem Strom Heiratswilliger entgegenzuwirken, da sie in
diesem gut laufenden Hochzeitgeschäft einen unheiligen Handel sah. Man
wollte die Traulustigen von den beliebtesten Hochzeitsinseln, wie Kreta
und Santorini, fernhalten. Aber schon ein Jahr später sah es schon
wieder ganz anders aus und die Reiseveranstalter machten wieder Werbung
für die Hochzeiten unter der griechischen Sonne. Inzwischen ist es
soweit, dass es selbst Kataloge dafür gibt, wie z.B.
“das Geheimnis einer perfekten Hochzeit in Griechenland“.
Warum Griechenland so beliebt für
Hochzeiten ist? Na, offenbar sind es einfach die unglaublich
romantischen und idyllischen Plätze, aber davon ist das Land voll, und
man muss dafür nicht unbedingt an die populärsten Orte gehen, wo – das
denke ich mir – die Brautpaare nur so Schlange stehen.
So war ich doch ziemlich überrascht, dass
sich selbst hier auf Lesvos, einer Insel, die so gar nicht mit
ungewöhnlich vielen Trauungen beschäftigt ist, an einem kleinen
Fleckchen, eine Warteschlange von Brautpaaren und Gästen bildete. Aber,
von vorne: Ich war zu einer Hochzeitsfeier eingeladen - Braut und
Bräutigam waren wirklich beide Griechen -, Ort des Geschehens war ein
ganz besonderer Ort, nämlich Anayiri. Anayiri liegt unter Assómatos, ist
voll kleiner quirlig plätschernder Bäche, riesigen Platanen, einem
weitläufigen Park, einem niedlichen kleinen Kirchlein und einer urigen
Taverne, die jedoch nur im Sommer geöffnet ist. Es ist einfach traumhaft
schön dort. Im Herbst ist dies einer meiner Lieblingsplätze, dann wenn
man durchs raschelnde Laub spazieren kann, sich hier die Jahreszeit mit
ihrem speziellen Duft und den leuchtenden Farben von ihrer besten Seite
zeigt. Tja, und an den lauen Sommerabenden, wenn Lichtlein und kleine
Scheinwerfer das Plätzchen ins rechte Licht setzen, ist es einfach nur
zauberhaft dort. Es gibt zwar kein blaues Meer und keinen blauen Himmel
(sieht man nachts ja eh nicht), aber es ist der Geruch der Bäume, die
Geräusche, wie das Plätschern des Wassers und dieses unbeschreiblich
wohlige Gefühl, umarmt von der Natur zu sein.
Doch jetzt weiter zur Feier: Nachdem das
erste Brautpaar geheiratet hatte und sodann mit seinem Gefolge die
Lokalität verließ, verursachte dies in der Dunkelheit einen lustigen
chaotischen Stau mitten im Wald, denn es kamen ja weitere Autos mit
Brautpaaren und Gästen an. Kaum entfernten sich die Motorengeräusche,
begann die nächste Hochzeitszeremonie. War die Trauung vollzogen, konnte
man in der Taverne Platz nehmen. Ich war fast geblendet, so prachtvoll
waren die Tische gedeckt: Leuchtendweiße edle Tischtücher, kristallene
Gläser, kostbarstes Porzellan... Welch ein Luxus so inmitten des Waldes
und sehr ungewöhnlich, denn eigentlich wird mit dem aufgedeckt, was die
Taverne zu bieten hat, aber dieses Mal hatte man ein Cateringservice mit
der Ausstattung des Festes beauftragt.
Was ich verfolgen konnte, war, dass den
vorangegangenen Eheschließungen, mindestens noch 3 folgten, und als
meine Verwunderung sich gelegt hatte, realisierte ich, dass die Griechen
gern um den 15. August heiraten, da viele Familienmitglieder, Freunde
und Bekannte aus Athen und Thessaloniki zu dieser Zeit auf den Inseln
sind, um Urlaub zu machen.
“Meine griechische Taufe“
ist eine ganz andere Geschichte. Ich bin mir hundertprozentig sicher,
dass kein Tourist nach Griechenland kommen würde, um sein Kind taufen zu
lassen und schon gar nicht, wenn er schon einmal Zeuge dieser Zeremonie
war, denn es ist, man kann schon fast sagen, einfach grausam: Der
Täufling wird zunächst all seiner Kleidung entledigt und dann 3 x in dem
Taufbecken unter Wasser gedrückt. Nachdem ihm Nägel und Haarlocken
abgeschnitten wurden, muss das Kindlein auf den Armen eines Fremden
einige Male den Taufstein umkreisen, während der Priester langsam eine
endlose Litanei vorträgt, wobei er sich auch von dem herzerweichenden
Schreien des Babys nicht unterbrechen lässt. Der Mutter, die besorgt
dieses Vorgehen beobachtet, ist es strikt verboten, ihr Baby zu berühren
oder beizustehen, was vielleicht 5 Minuten zu schaffen ist, aber dann
müsste eigentlich jede auch noch so hartherzige Mama aus Leibeskräften
schreien: „Gib mir sofort mein Kind zurück!“. Bei der Taufe von Nikolas,
dem Sohn eines befreundeten Paares, konnten die Besucher aus dem Ausland
ihr Entsetzen nicht verbergen und ernteten für ihre empörten Reaktionen
das Gelächter der anwesenden alten griechischen Frauen.
Um eine Taufe zu organisieren, braucht
man ein dickes Fell, denn es ist eine so genannte Familienangelegenheit,
wo ein jeder mitreden will, allen voran die Großeltern, die darauf
beharren, dass die Taufe in der größten Kirche stattfindet, von dem
heiligsten Priester vorgenommen wird und das Kind ihren Namen trägt.
Damit nicht genug, sie verfassen auch die Gästeliste (auf der neben
Verwandtschaft und Freunden üblicherweise auch das ganze Dorf
verzeichnet ist), kritisieren neben den gestalteten Einladungen (die
zusammen mit einigen gebrannten Mandeln und einem kleinen Spielzeug
verteilt werden) die Taufkerze, die Dekoration der Kirche und bemäkeln
die ausgewählte Süßspeise die nach der Taufe den Gästen angeboten wird.
Ein Glück für die Eltern ist, dass es da den Paten gibt, der für all die
dafür aufkommenden Kosten geradesteht.
Aber dann, wenn das Leid in der Kirche
überstanden ist, folgt der 2. Teil: Ein Festmahl, das sich sehen lassen
kann. Zwar eröffnet nicht, wie auf einer Hochzeit, ein Brautpaar den
Tanz, aber auch bei einer Taufe wird ausgelassen getrunken, gegessen,
musiziert und getanzt. Egal, was der Anlass ist, die Griechen wissen wie
man feiert, sicherlich mit ein Grund für eine griechische Hochzeit. Wenn
dies auch Ihr sehnlichster Wunsch ist, dann empfehle ich Ihnen den Link
“Die
griechische Hochzeit“ von Brigitte van Rijn, damit es wirklich
der schönste Tag in Ihrem Leben wird, und sollten Sie trotz alledem Ihr
Kind in Griechenland taufen lassen wollen, so ist sicherlich sie es, die
Ihnen den Weg durch den kirchlichen und behördlichen Auflagendschungel
zeigt.
Copyright ©Julie Smit 2009 |