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BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
Der Sieger: Brunnen bei Simaninéa
10.August 2009 - Wasserreich
Aus
dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski
Letzte Woche gab es wiederum einen großen Brand auf Lesvos, dieses Mal
entstand er bei Megalo Limni. Es dauerte eine Weile, bis ich heraus
hatte, worum es sich bei dieser Ortsbezeichnung „Großer See“ handelt: Es
ist die ausgedehnte fruchtbare Ebene, die man sieht, wenn man von
Kalloní nach Agiassos fährt, kurz vor der Abbiegung nach Plomari über
Ambelikó und Akrási. Früher befand sich auf dieser Fläche ein
Süßwassersee, der von den vielen Bächen gespeist wurde, die auf dem
Olympos entspringen, und der die Hauptstadt der Insel, Mytilini, mit
Wasser versorgte.
Die
Römer bevorzugten es, in Städten zu wohnen und sorgten auch stets dafür,
dass diese dann auch mit allen möglichen Annehmlichkeiten ausgestattet
waren, wozu Bäder, Pools, Gärten und Bewässerungs- und Abwasseranlagen
zählten. Für all diese Einrichtungen benötigte man eine Menge Wasser.
Archäologische Funde beweisen, dass Rom mindestens 11 Aquädukte hatte.
Als die Römer nun im 2. Jahrhundert vor Christus die griechischen
Staaten eroberten, begannen Sie alsbald mit dem Bau von beeindruckenden
Anlagen, wie Wassertürmen, Kanalisationen, Wasserleitungen und
Aquädukten.
Sie
errichteten über 200 Aquädukte in ihrer neuen Domäne, die bekanntesten
in Griechenland waren die in Athen, Korinth, Nikopoli (in
Nordwest-Griechenland) und Mytilini. Das Aquädukt von Moria, dass nun
das „Aquädukt on Lesvos“ genannt wird, wurde wahrscheinlich Ende des 2.
Jahrhunderts n.Chr. errichtet. Es wird gesagt, dass es einst 22 km lang
war und von Megalo Limni bis nach Mytilini führte. Das größte erhaltene
und erst kürzlich teilweise restaurierte Stück (Länge 170 Meter, 17
Bögen) ist etwas außerhalb von Moria zu finden, einige Kilometer von der
Hauptstadt entfernt. Aber auch bei Lámbou Mili liegt ganz idyllisch
gelegen ein beachtlicher Teil jener Leitung, wenn auch vergessen und
verlassen.
Als
die Römer dann – nur ein Jahrhundert später – ihre sieben Sachen packten
und abzogen, verfiel dieses beeindruckende Bauwerk, und die Hauptstadt
musste irgendwie anders mit Wasser versorgt werden. Der „Megalo Limni“
wurde im Jahre 1935 trockengelegt, um für eine große Fläche Ackerland zu
weichen.
Der
Rest der Insel konnte sich schon immer mit eigenem Wasser versorgen,
dass munter und reichlich aus den vielen Quellen der Insel sprudelte,
vor allem aus denen an den Hängen der zwei höchsten Berge, Olympos und
Lepétymnos. So reich sind diese Berge an dem kostbaren Nass, dass selbst
in der großen Sommerhitze das Wasser nicht versiegt und in dicken
Strahlen plätschert.
In
den meisten Orten auf Lesvos, ist das Leitungswasser zwar trinkbar, aber
es ist nun mal nicht mehr rein, sondern wurde von den Gemeinden aus
gesundheitlichen Gründen durch die Zufügung von Stoffen aufbereitet. Ein
Grund für viele Menschen, das Mineralwasser in Geschäften zu kaufen.
Tja, aber wieso eigentlich diese Geldausgabe, wenn man auf einer Insel
lebt, die über so viele natürliche Quellen verfügt?
An
einem heißen Sonntag kamen wir dann auf die Idee, uns auf eine
Brunnen-Tour zu machen, um die Geschmacksrichtungen der verschiedenen
Quellen zu vergleichen. So ging es dann von Mólyvos über Vafiós nach
Sikaminiéa, Mandamádos, Agia Paraskevi, Lámbou Mili, Agios Dimitrios,
Vassiliká, bis nach Lisvóri. Die bekannten Brunnen zwischen Pétra und
Kalloni, den hübschen Quell in Ypsilómetopo und den populären bei Lámbou
Mili haben wir übersprungen, damit wir ja, trotz der Hitze des Tages,
Karini, das wasserreichste Gebiet der Insel, erreichen können.
Eine Wasserverkostung ist so eine Sache für sich. Nichts ist so
schwierig, als für einen Geschmack die richtigen Worte zu finden. Wir
einigten uns auf Attribute wie: bitter, flach, wenig Bukett, voll,
frisch, süß, trocken, weich, rund, fruchtig, metallen, chemisch, kein
Abgang. Bei unserer Verkostung in den verschiedenen Dörfern, trafen wir
Einheimische, die ein jedes Mal die Meinung vertraten, dass „ihr“
Brunnen, der beste sei. Aber, Geschmäcker sind nun mal eben verschieden.
So
empfanden wir das Wasser aus der Quelle zwischen Árgenos und Chalikas
als etwas zu säuerlich und flach, während das aus Mandamádos, Agia
Paraskevi und Vassiliká uns zu bitter und geschmacklos erschien. In
Lisvori angekommen, traf auch dieses Quellwasser nicht ganz unseren
Geschmack, da m.E. die enthaltene Vielfalt an Mineralien zu sehr
durchkam.
Die
zwei beliebtesten Inselbrunnen kamen auch bei uns in die Top-Drei:
Lámbou-Mili, jedoch nicht der an der Hauptstraße, sondern an der Abfahrt
nach Agiássos, nur über die Brücke, und das von Agios Dimitros, dort an
dem Weiler, bei den 2 Tavernen, wo man die besten „gliko koetalioe
„(süße Löffel = Gemüse und Obst eingelegt in Zuckerwasser) serviert
bekommt. Die Überraschung für uns war, dass die populäre Quelle, knapp
unter dem Weiler, ein Wasser hervorbringt, dass fast säuerlich schmeckt
und an den angenehm süßlichen Geschmack der höher gelegenen (ein wenig
außerhalb des Dorfes, Richtung Vassiliká) nicht herankam.
Die
nächste Überraschung ließ nicht lange auf sich warten: Der Brunnen bei
Sikaminéa, gelegen an einer Kirche, kurz vor dem Bergdorf Árgenos. Ab
sofort die Nummer 1 für uns, denn das Wasser schmeckt süß, voll und
frisch. Der Nachteil an der Quelle ist, dass es nur sehr langsam fließt
und man beim Füllen von großen Flaschen Geduld aufbringen muss.
Fazit: Verdursten wird man im Süden, Norden und in der Mitte von Lesvos
nicht. Irgendwo in der Nähe wird immer ein Schlückchen frisches
Quellwasser zur Erfrischung zu finden sein. Die Brunnenwassertour war
eine hervorragende Idee und eine interessante Erfahrung, vor allem an
einem solch heißen Sommertag, obwohl ich sagen muss, dass ich mich
danach auf ein Gläschen Ouzo freute, zumal wir bei unserer Heimkehr all
die gefüllten Flaschen einem 2. Test unterzogen.
Ach
ja, der verheerende Brand bei Megalo Limni wurde mit Hilfe von
Löschflugzeugen, die auch von anderen Inseln herbeieilten, unter
Kontrolle gebracht, wenn auch mit großen Schwierigkeiten, denn die
Flammen fraßen sich Richtung ausgestreckter Kiefernwälder, und ein Wind
machte die Situation sehr gefährlich. Die Erfahrung und der unermüdliche
Einsatz der Feuerwehr verhinderte einen größeren Schaden, und so wurden
„nur“ einige Hektar Wald von den Flammen vernichtet. Somit ist das
wasserreiche Lesvos dem Flammenmeer wieder einmal entkommen...
Copyright ©Julie Smit 2009 |