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BOULEVARD NEWS AUS LESVOS

 

"Ophrys candica" Weißglanz-Ragwurz (Hummel-Orchidee)

 "Ophrys candica" Weißglanz-Ragwurz (Hummel-Orchidee)

 

30.März 2009 - Enten und Orchideen

Aus dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski 

 

Auch wenn der Winter noch so hartnäckig ist (obwohl, die Temperaturen sind ein klein wenig nach oben gekrabbelt, und es gab schon ein paar regenfreie Tage), finden die Blumen weiter den Weg ans Licht und die Natur hat inzwischen einen farbenprächtigen Teppich ausgebreitet.

 

Zu den ersten Frühjahrsblühern zählen auch die Orchideen, die nun ihren Blütenzauber präsentieren. Als ich gehört habe, wie viele Arten davon hier auf der Insel vertreten sind, dachte ich als botanischer Laie sofort an die Sorten, die im Blumengeschäft angeboten werden. Tja, und dann, als ich dann das erste Mal eine Orchidee in freier Wildbahn gezeigt bekam, war ich schon etwas überrascht, denn sie war so winzig, gegenüber den Exemplaren, die mir vor Augen schwebten.

 

Möchte man eine wilde Orchidee in ihrer ganzen Pracht genießen, so muss man sich schon auf den Boden legen. Aber wenn Sie diese Blume dann vor sich haben und sie intensiv betrachten, werden Sie fasziniert sein von dem Farbenspiel, der ausgefallenen Form und werden ihrer außergewöhnlichen Schönheit verfallen.

 

Orchideen sind eigentlich total verrückte Blumen, denn man kann in den „Unterlippen“ verschiedener Sorten jeweils andere Figuren erkennen, wie z.B. nackte Männer (Orchis italica), fröhliche Affen (Orchis simia), zarte Schmetterlingsflügel (Orchis papilionaceae) oder gar dicke fette Hummeln (Ophrys bombiliflora). Manche haben ausdrucksstarke Zeichnungen auf ihren „Lippen“, die an kraftvolle Kunstwerke der abstrakten Malerei denken lassen oder in die Stilrichtung des Pointillismus gehen. Einige Blüten sind ganz eigenwillig konstruiert, und ihre Farben variieren von einem zarten Weiß über rosa, blau und grün aber auch dunkelbraun und leuchtend rot.

 

Bei einem Gespräch über Orchideen, sollten Sie darauf achten, dass Sie den lateinischen Namen meiden, wenn Griechen zuhören, denn das könnte zu Verwirrungen führen, „orchis“ ist nämlich das griechische Wort für Hoden (Orchidee = gr. „Orchidéa“).

 

In der klassischen griechischen Mythologie war Orchis der Sohn eines Satyrs und einer Nymphe. Auf einem Fest von Dionysos war er dermaßen ausgelassen, dass er einen Hohenpriester angriff, worauf man ihn daraufhin in Stücke zerreißen ließ und in eine Pflanze, nämlich in die Orchidee, verwandelte.

 

Theophrastus (372 – 287 v.Chr.), auf Lesvos geboren und der Vater der Botanik, vergab den Namen „Orchis“, und vielleicht dachte er ja dabei an die Mythologie. Die Wurzelknollen der Orchideen gleichen dem männlichen Geschlechtsteil, und früher glaubten die Griechen daran, dass man damit ganz einfach beeinflussen könne, ob man einen Jungen oder ein Mädchen zeugt. Nun, der Mann sollte einfach viele große Wurzelknollen verspeisen, wenn man sich einen Stammhalter wünschte und sollte es ein Mädchen sein, so sollte die Frau nur kleinere Knollen essen.

 

Um die 68 Arten Orchideen sind auf Lesvos zu finden, in ganz Griechenland natürlich noch mehr, und die meisten Spezies gibt es auf der Insel Kreta. Sie alle aufzuspüren, ist fast unmöglich, denn sie wachsen in ganz verschiedenen Gegenden und dann muss man ja auch noch zur rechten Zeit, nämlich zur Zeit der Blüte, am richtigen Ort sein. Tja, und nicht zu vergessen, dass sie bei ihrer „Größe“ ja nicht gerade auffallen und man sie leicht übersieht.

 

Gestern haben wir uns aufgemacht zur Orchideen-Suche nach Palios (Sarakina), ein unberührtes Stückchen Natur zwischen Mandamados und Mytilini, wo der Boden kalkhaltig und somit ideal für Orchideen ist. Zwischen blühendem Lavendel, stacheligem Gestrüpp, alten Gräbern und bunten Schwimmwesten von Flüchtlingen fanden wir sie in Mengen: Schmetterlings-Knabenkraut (Orchis papilionacaea), Kleines Knabenkraut (Orchis morio), Provenzialisches Knabenkraut (Orchis provinzialis). Ach ja, nicht zu vergessen, die 3 Arten des Zungenstendels, auf die wir stießen (Lingua Serapias = gehört, wie die Knabenkräuter auch, zur Familie der Orchideengewächse).

 

In den Niederlanden gehören die Orchideen zu den geschützten Pflanzen. Ich habe den Eindruck, dass in Griechenland gar nichts unter Naturschutz steht, und ich muss zugeben, dass ich mich arg beherrschen musste, um nicht eine der kostbaren Orchideen zu pflücken. Es ist schon gut, dass sich heutzutage die Überzahl der griechischen Bevölkerung ihre Lebensmittel im Supermarkt kauft, anstatt – wie früher – sich in der Natur zu bedienen. Von den Knollen des Männlichen Knabenkrauts lässt sich ein schmackhafter heilkräftiger Tee zubereiten, der sehr populär in der Türkei und im Nahen Osten ist. Aber auch in Griechenland schwört man bei Magenbeschwerden auf einen Tee aus dieser Pflanze.

 

In der Türkei wird die Pflanze nach der Blüte ausgegraben, getrocknet und zerkleinert, so dass man ein Pulver erhält, das man, nach Hinzufügen von Honig und Zimt, in Milch einrührt. Das Produkt kommt unter der Bezeichnung „Salep“ in den Handel. Dieses schmackhafte Softgetränk ist Ursache dafür, dass so viele Orchideen in der Türkei verschwanden. Ein ähnliches Getränk war schon in England während der viktorianischen Zeit sehr beliebt.

 

Nicht Pflanzen, die in den Niederlanden unter Naturschutz stehen, findet man auf den Weg nach Palios, sondern auch eine Vogelart, die in Tibet und der Mongolei als heilig angesehen wird: „Tadorna ferruginea“, die Rostgans, die zur Familie der Enten gehört, aber so groß wie eine Gans ist. Dieser bunte Vogel lebt seit Jahren an einem Schild an der Straße nach Palios, und gerade dieses Schild ist eine Informationstafel, die über die Rostgans informiert. Na, ich bin schon arg verwundert darüber, dass sie sich gerade da ihr Plätzchen ausgesucht hat. Ein jedes Mal, wenn ich dort vorbeikomme, steht sie da, und inzwischen bin ich mir sicher, dass es ihr Job ist und sie von der Regierung eingestellt wurde. Leider ist es nicht möglich, sie näher kennen zu lernen, denn beim Öffnen der Autotür fliegt sie weg.

 

Orchideen können zwar nicht fliegen, aber sie haben dafür ein großes Talent, sich zu verstecken. Geht man auf die Pirsch nach Orchideen, so ist das ähnlich, wie Pilze suchen: Wenn Sie wissen, wo und wann, dann öffnet sich eine interessante und wunderschöne Welt vor Ihren Augen...

 

Copyright ©Julie Smit 2009