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BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
Der Wasserfall bei Pedi
21.März 2009 - Prasino
Aus
dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski
Wenn man diesen Winter erlebt, denkt man, dass er sich auszahlen würde,
wenn alle Wassermühlen restauriert wären. Die Menschen sind zwar betrübt
darüber, dass soviel Regen fällt, aber, die Flüsse werden gefüllt. Noch
in der letzten Woche überzog der Schnee die Berggipfel mit seinem
puderigem Weiß, und um nach Anemotia und Vatoussa zu kommen, benötigten
wir Winterreifen.
Ein
Spaziergang ist derzeit ein Überlebenstraining: Hagel und Donner sind
die Begleiter, und unerwartet blockieren immer wieder Flüsse den
erwählten Weg. Diese zu überqueren heißt, sich von Schuhwerk und
Strümpfen zu lösen. Das Positive ist, dass durch diesen Niederschlag die
Wasserfälle voll aktiv sind.
Der
bekannteste Wasserfall auf Lesvos ist der Pesos-Wasserfall, der sich auf
dem Weg von Achladeri nach Agiássos befindet (katarraktis Pesos). Im
vergangenen Jahr besuchten wir die Wassermühle am unteren Rand des
Wasserfalls in der Nähe von Eressós. (s.Lesvos News 27.1.2008 „Auf den
Spuren der Sappho“), und im Herbst waren wir bei dem Wasserfall von
Klapados (Lesvos News 19.10.2008 „Dort bei den Mühlen). Letzte Woche
führte uns jemand zu dem Wasserfall von Pedi, bei Mandamádos, wo ein
breiter Fluss 10 Meter von einer Klippe in die Tiefe stürzt.
Beim Anblick dieser Naturgewalt denke ich sofort daran, welch Energie
doch aus solch Wassermengen zu schöpfen ist. Aber dann wird mir aber
zugleich bewusst, dass nicht ein jeder Winter mit solch Regenmassen
gesegnet ist, und ich sehe die Sommer vor mir, in denen kein Tropfen
Wasser mehr in der Natur zu finden ist. Was haben die Menschen nur in
damaligen Zeiten auf der Insel gemacht? Wie schafften sie es, dass die
zahlreichen Mühlen sich drehten? Heute hat man die Lösung für eine
sichere Energieversorgung gefunden: Neben den neuzeitlich erschlossenen
Energiequellen gibt es einen stetig wachsenden Windmühlen-Park auf dem
Weg von Ántissa nach Sigri.
Trotz der Tatsache, dass der Winter verregnet und die Sonne ein seltener
Gast am wolkenverhangenen Himmel war, schossen Gräser und
farbenprächtige Frühjahrsblüher aus der Erde und trösten jetzt über den
endlos dauernden Winter hinweg.
Lesvos ist für mich einfach die „grüne Insel“ überhaupt. Selbst wenn der
Sommer erbarmungslos trocken ist, sind es die Kiefernwälder in der
Inselmitte und die Millionen von Olivenbäumen, die über diese Dürre mit
ihrem Grün hinwegtäuschen (griechisch prasino = grün). Tja, und gerade
jetzt in den Wintermonaten ist dieses prasino durch das Sprießen der
jungen Pflanzen überall so intensiv, dass es fast in den Augen schmerzt.
Die
Bezeichnung „Grüne Insel“ gibt es auf der Welt jedoch nur dreimal: King
Island (Australien), Samsö in Dänemark und Utsira in Norwegen. Dies
jedoch nicht, weil sie wirklich grün sind, sondern weil sie voll von
natürlicher (grüner) Energie sind.
Fakt ist, dass den Griechen immer noch ihre Sünden gegen die Umwelt
vorwerfen kann, aber wichtig ist doch, dass sie Fortschritte im
umweltbewussten Denken machen. Nehmen wir mal Athen: In der griechischen
Metropole gibt es inzwischen Vorschriften zur Mülltrennung, und nun geht
man den nächsten Schritt, indem man darauf hinweist, die gläsernen
Abfallprodukte nach Farben zu sortieren. Auch in der Hauptstadt von
Lesvos hat man mit dem getrennten Sammeln von Müll begonnen, und selbst
Timolis, der einen Supermarkt in Molyvos betreibt, hat mittlerweile eine
Box, in der gebrauchte Batterien entsorgt werden können. Welch ein
Fortschritt!
Und
dann dies: Der griechische Minister für Entwicklung setzte eine
Investition von 10 Millionen Euro durch, um die Insel Agios Efstratios,
von den Bewohnern Ai Stratis genannt, zu begrünen (s. Lesvos-News v.
15.6.2008). Dieses Eiland gehört zusammen mit der benachbarten Insel
Limnos zur Präfektur Lesvos, und es war eine gute Entscheidung, denn es
ist eine recht kahle Insel. Aber es geht nicht nur darum, Bäume und Grün
zu kultivieren, sondern vielmehr darum, Agios Efstratios zu einer Insel
zu machen, die natürliche Energien verwertet. Man trägt die Hoffnung,
dass Sonnen- und Windenergie und zusätzlich biologische Kraftstoffe
dieses Fleckchen Erde innerhalb eines Jahres zu einer exklusiven „grünen
Insel“ macht. Sollte dieses Experiment gelingen, haben sich schon zwei
weitere Inseln in der Ägäis, Nisyros und Tilos, angemeldet, um von den
gemachten Erkenntnissen zu profitieren.
Lesvos ist einfach zu groß für einen solchen Testlauf, aber ich bin mir
sicher, dass die Einwohner der Insel, sobald sie hören, dass ihre
Nachbarn demnächst kostenloses Benzin haben, die Ersten seien werden,
die auf die Liste für eine „Grüne Insel“ wollen, und Recht haben sie,
denn hier ist alles dafür vorhanden: Wind, Sonne, Meer, heiße Quellen
und, dieser Winter hat es gezeigt: Wasser!
Copyright ©Julie Smit 2009 |