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BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
Die Salinen und der Salzberg bei Polichnitos
24.Juni 2009 - Gutes Salz
Aus
dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski
Ist
man auf Lesvos, stellt sich manch einer unwillkürlich die Frage, warum
es wohl so viele seltene Vogelarten auf dieser Insel zu bestaunen gibt.
Nun, zum einen, liegt es an der geografischen Lage: Lesvos ist – einfach
gesagt – eine Kreuzung zwischen dem kalten Norden und dem warmen Süden,
und zum anderen, spielen die Salinen von Kaloni und Polichnitos eine
Rolle, denn viele kleine Wasservögel und Enten, vor allem aber Schwarze
Störche und Flamingos, lieben gerade solche salzigen Feuchtgebiete. Bei
den gesichteten Exemplaren handelt es sich meist um Zugvögel, die im
Frühjahr anreisen, Nahrung suchen, Nester bauen und sich später dann auf
den Weg in etwas kühlere Regionen machen.
Werden die Salzanlagen richtig bewirtschaftet, stellt das große
Vogelvorkommen kein Problem für die Produktion her, und wenn die
Betreiber darauf achten, dass die Nester nicht überflutet werden und
genügend Nistplätze vorhanden sind, so werden die Salinen auch weiterhin
nicht nur von ökonomischer sonder auch von ökologischer Bedeutung sein.
In
ganz Griechenland gibt es 7 wirtschaftlich wichtige Gebiete für die
Salzgewinnung, davon 2 auf Lesvos. Nur im Werk von Messalonghi tourlis
wird das Salz noch manuell gewonnen, in denen von Kitros, Messi, Nea
Kessani, Aggelochori, Polichnitos und Kaloni, maschinell. Dann gibt es
noch kleinere Salzseen in Griechenland, wie z.B. in Mani und Kythera, wo
das weiße Produkt mit der Hand abgebaut wird, und die kleinen
Salzpfannen, zwischen den Felsen am Meer, wo die Menschen sich mit etwas
Salz für den eigenen Gebrauch eindecken können.
Den
riesigen Salzberg an der Spitze des Golfs von Kaloni kennt man, da
unübersehbar, befährt man die Hauptstraße nach Mytilini. Eine
Nervenprobe für einige Autofahrer stellen die LKWs her, die das Salz von
Kaloni zum kleinen Hafen von Pétra transportieren, wo es dann auf
Frachtschiffe verladen wird. Die Salinen von Polichnitos sind weniger
bekannt, zumal sie in einem nicht touristisch erschlossenen Gebiet
liegen.
Beim Gebrauch von Salz in der Küche, macht man sich kaum Gedanken, wie
wertvoll dieses Gewürz eigentlich ist. Kaum jemand weiß, dass Salz in
früheren Zeiten teurer als Gold war. Den antiken Salzfässchen und
Streuern sieht man es ja noch an, welch wichtige Rolle „das weiße Gold“
einmal in der Welt spielte, aber die heutigen, meist lieblosen
Plastikbehältnisse, lassen nichts mehr davon erahnen.
Der
New Yorker Schriftsteller und Journalist Mark Kurlansky, wirft in seinem
faszinierenden Buch
"Salz
– Der Stoff, der die Welt veränderte",
einen neuen Blick auf das Gewürz und darauf, dass das kleine
Kristallkörnchen Anlass vieler Erfindungen und Entdeckungen war, die
unser Leben verändert haben: Ohne Salz, keine Mumien, keine Wurst, kein
getrockneter Fisch, kein Käse, keine Bomben, etc., etc..
Kurlansky unternimmt einen Streifzug durch die Vergangenheit, beginnt im
alten China und bei den ägyptischen Pharaonen, zeigt uns auf, dass für
das unscheinbare weiße Körnchen Kriege geführt, Vermögen ausgegeben und
Regierungen reich an der Salzsteuer wurden. Er erzählt uns, wie aus dem
„weißen Gold“ schließlich ein Gegenstand des täglichen Lebens wurde,
obwohl sich zunächst nur die privilegierte Oberschicht die „Würze des
Lebens“ leisten konnte und Soldaten damit für ihre Dienste entlohnt
wurden. Kurlansky streut in sein Buch zahlreiche alte Kochrezepte ein,
wie z.B. das für die Herstellung der im 8. Jahrhundert verwendeten
Fischsoße „Garum“, oder verrät uns welche Rolle das Salz bei der im
Jahre 1870 erfundenen Tabasco-Sauce spielt, die aus der heutigen Küche
nicht mehr wegzudenken ist. In dem Buch berichtet der Autor außerdem
über die chemische Eigenschaft von Salz, die endlich den Menschen das
Haltbarmachen von Nahrungsmitteln ermöglichte, klärt über Salzminen,
Salzfelder, Salzberge und sogar einer Salzstadt auf.
„Salziger Fisch“ war schon immer ein sehr bedeutendes Nahrungsmittel in
Griechenland. In der Antike bezog Athen seinen Fisch vom Schwarzen Meer.
In Salz eingelegt wurde er mindestens für 1 Jahr haltbar gemacht.
Soldaten nahmen ihn als Verpflegung mit auf ihre Feldzüge, und da man
glaubte, dass salziger Fisch die Geschmacksnerven anregt, war er schon
immer eine beliebte Vorspeise.
Noch heute steht der eingelegte Fisch auf jeder griechischen
Speisekarte. Die Sardinchen aus dem Golf von Kaloni (an dem Kaloni und
Polichnitos liegen) sind berühmt im Land, und das in Salz eingelegte und
Dosen verpackte Meeresgut (ein guter Ersatz für eingelegte Anchovis) ist
inzwischen – neben dem frischen Fisch – zu einem wichtigen Exportgut
geworden. Kürzlich hörte ich sogar einen Touristen erzählen, dass die
Sardinen für sein Gericht („Sardelles pastés“), dank des hohen
Salzgehalts im Golf von Kaloni, nach dem Fang gar nicht mehr weiter
gesalzen werden müssten. Nun, so salzig, wie das Tote Meer, wo man ja
auf dem Wasser liegen kann, ist der Golf gerade nicht, und ehrlich
gesagt, natürlich muss man Salz bei der Zubereitung von„Sardelles pastés“
zufügen. Hier das Rezept, und ich verspreche Ihnen, die Liebhaber von
Matjes unter Ihnen werden von dem Resultat begeistert sein:
½
kg Sardinchen in eine Schüssel schichten
1
Tasse grobes Meersalz darüber verteilen
6-8
Stunden kühl lagern
dann die Fische abspülen, Kopf und Innereien entfernen, Haut abziehen,
1
Schuss Olivenöl drüberträufeln
Petersilie drüberstreuen
Mit
2 Zitronenhälften servieren
(Wichtig ist, dass Sie nur fangfrische Fische und qualitativ gutes
Olivenöl verwenden!)
Letzte Woche stand Athen auf dem Kopf, da das neue
"Akropolis-Museum"
eröffnet wurde. Klar, gibt es auf Lesvos kein Museum, dass diesem
ultramodernen riesigen Bauwerk das Wasser reichen könnte, und doch kann
man hier stolz sein auf die vielen kleinen und sehr unterschiedlichen
Museen. Das
"Museum
für Naturgeschichte des Versteinerten Waldes auf Lesvos"
in Sigri, ist das am besten ausgestattete, und das
"Georgios
Iakovidis Digital Art Museum"
in Chidera das abgelegenste auf der Insel.
Bereits 2003 sprach das Projekt
"ALAS"
(all about salt) davon, dass nah der Salinen bei Skála Polichnitou das
1.Salzmuseum Griechenlands entstehen soll. Es gab dann mal eine
Ausstellung und das war es gewesen. Tja, und jetzt frag ich mich schon,
wo das Museum von Polichnitos geblieben ist...
Copyright ©Julie Smit 2009 |