|
BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
Trauben auf Lesvos
27.Juli 2009 - Weingut
Aus
dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski
Na,
was liegt bei diesen hohen Temperaturen näher, als über das Trinken zu
schreiben? Früher dachten die Touristen, Ouzo und Retsina seien die
Nationalgetränke der Griechen. Heutzutage jedoch ist der Retsina gar
nicht mehr so bekannt unter den ausländischen Besuchern. Diesem weißen
trockenen Tafelwein wird während der Gärung Kiefernharz zugefügt, was
ihm einen leichten angenehmen bitteren Geschmack verleiht und ihn zu
einem idealen Sommergetränk macht.
Doch die Mode ändert sich, und Veränderungen machen auch vor Getränken
nicht halt. Retsina ist mittlerweile nicht mehr populär, gilt mehr oder
weniger als folkloristischer Trank und trifft nicht die
Geschmacksrichtung der meisten Touristen.
Stattdessen rückt das Bier, auch bei den Griechen, auf der
Beliebtheitsscala weit nach oben. Die Marken „Heineken“ und „Amstel“
erscheinen häufiger auf den Tafeln, als die griechischen Sorten „Mythos“
und „Alpha“. Daneben ist auch noch der gewöhnliche einfache Weißwein (krasi)
gefragt. In den hiesigen Tavernen, serviert man häufig selbst gemachte
lokale Hausweine, die jedoch etwas zu sauer schmecken. Eine Weinkarte
werden Sie nur sehr selten finden, das Angebot ist von
durchschnittlicher Qualität. Aber auch das wird sich ändern. Nach vielen
Jahrhunderten sind die griechischen Weine wieder auf dem Vormarsch, und
Griechenland erzeugt inzwischen wieder Qualitätsweine, die bei
internationalen Wettbewerben führende Plätze belegen.
In
der Antike, waren die Weine Griechenlands sehr bekannt und beliebt, und
es bestand ein reger Handel, der sich weit über die europäischen Grenzen
hin erstreckte. Schriftsteller, wie Theophrastos (ca. 371 – 287 v. Chr.)
und Homer (ca. 800 – 750 v. Chr.) schrieben bereits unschätzbare
Informationen über Anbau und Handel in ihrer Zeit auf. Homer
beschäftigte sich so intensiv mit diesem Thema, dass ein Freund ihm den
Spitznamen „Vinosus Homeros“ (weinartiger Homer) gibt.
Den
Wein erfunden zuhaben, können die Griechen zwar nicht behaupten, aber es
wird schon gesagt, dass die griechischen Eroberer den Weinanbau nach
Italien und Frankreich gebracht haben. Die Römer waren es dann, die für
die Verbreitung der
griechischen
Weinkultur
sorgten.
Natürlich ist der Wein an sich noch viel älter als der Weg nach Rom.
Seit der heitere Gott Dionysos ihn eingeführt hat, ist die griechische
Mythologie voll von saftigen Anekdoten darüber, wie köstlich aber auch
tückisch dieses Getränk sein kann. Da war z.B. Ikarios, ein griechischer
Halbgott der Athener, der von Dionysos, aus Dank für seine
Gastfreundschaft, in die Herstellung des Weines eingewiesen wurde.
Seinen ersten selbst gekelterten Wein bot dieser dann Bauern und Hirten
an, die sich jedoch dann in ihrer Trunkenheit von ihm vergiftet sahen
und in steinigten. Am nächsten Morgen vergruben sie die Leiche unter
einem Baum. Seine Tochter Erigone und ihr Hund Maira suchten ihn und
fanden ihn schließlich. Sie erhängte sich aus lauter Gram und Maira
sprang in einen Brunnen. Dionysos tobte vor Wut und ließ eine große
Trockenheit über das ganze Land kommen und sorgte dafür, dass viele
Mädchen der attischen Metropole Athen sich auf die gleiche Weise wie
Erigone das Leben nahmen.
Ikarios, Erigone und Maira fanden ihren Platz als Sternbilder am
Firmament.
Man
sagt, dass Dionysos 3 Gläser Wein am Tag trank: Eines für die
Gesundheit, das nächste auf das Leben und das letzte für einen guten
Schlaf. Trinkt man darüber hinaus mehr, sorgt das 4. Gläschen für
Gewalt, das 5. führt zum Aufstand, das sechste zur Trunkenheit, Glas
Nummer 7 hat blaue Augen zur Folge, Nummer 8 führt die Polizei herbei.
Trinkt man neun Gläser täglich, erleidet die Leber Schaden, und gar 10
Gläser führen auf kurz oder lang direkt in den Wahnsinn.
Die
Blütezeit des griechischen Weinhandels verflogen, als die Staaten in den
ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung im Byzantinische Reich
aufgingen. Die Bauern wurden mit immer mehr Steuern belastet, so dass
nach und nach immer mehr den Weinanbau aufgaben. Es waren die Mönche,
die davon profitierten, die Güter aufkauften und sich auf die
Weinherstellung spezialisierten. Die Türken, die nach dem Byzantinischen
Reich und einer kurzen Herrschaft der Franken und Venezianer
Griechenland unter ihrem Daumen hatten, interessierten sich nicht für
die Weinkultur. Als dann das Land im 20. Jahrhundert von den Türken
befreit wurde, waren es die in- und ausländischen Kriege, die nicht
gerade für eine ideale Zeit sorgte, in der man sich um den Wiederaufbau
der Weingärten kümmern konnte. Hinzu kam, dass die Reblaus Anbaugebiete
in ganz Europa und auch in Griechenland unwiederbringlich zerstörte.
Erst in den 60er Jahren wurde die alte Tradition der Weinkellerei
wiederentdeckt. Retsina verkaufte sich großartig, und eine Handvoll
großer Kellereien überschwämmte den Markt mit ihren preisgünstigen
Produkten.
Nach und nach erreichten ab 1970 mehr Weingüter den Markt und erreichten
die ersten Durchbrüche mit immer besser werdenden Weinen. Ein Trend, der
bis heute anhält und manch ein Winzer kann stolz sein auf sein gutes
Tröpfchen. Inzwischen geht man sogar dazu über, die Traubensorten aus
der Antike wieder zu kultivieren.
Im
4. Jahrhundert vor Christus, war der teuerste Wein, der in Athen in den
Handel kam, der aus Chios. Aber auch aus Lesvos, Naxos, Kos, Skopelos,
Thassos und Chalkidiki erreichten qualitativ gute Weine den Markt. Der
berühmteste Wein von Lesvos in der Antike war der „Pramnian“. Heute
würde man ihn aber nicht mehr als Wein bezeichnen, denn er war
dickflüssig wie Nektar und zuckersüß. Die Trauben wurden so reif und
spät, wie möglich, gepflückt, kamen dann zur Gärung in einen Behälter.
Sie wurden nicht gepresst, sondern allein durch das eigene Gewicht, lief
dann der Saft dick und süß heraus.
Selbst zu Zeiten der Römer war der Wein von Lesvos noch hoch angesehen,
aber dann war es vorbei mit ihm. Es verging viel Zeit und erst 1985
errichtete die Familie Dimitris Lambrou wieder ein Weingut auf der
Insel, um den
„METHYMNEOS“
zu produzieren. Sie haben die alten Rebstöcke von Lesvos wieder zum
Leben erweckt. In dem kleinen Dorf Chidira, direkt nach Vatousa liegt
das Weingut der Familie, wo sowohl rote als auch weiße Trauben gekeltert
und abgefüllt werden. Der Rotwein ist frisch und fruchtig und liegt
preislich sehr hoch. Auch der weiße Wein ist nicht billig, aber ein
großartiger trockener, frischer und würziger Genuss.
Viele Inselbewohner stellen Wein für den Eigenbedarf selbst her, bietet
Lesvos doch durch den teilweise vulkanischen Boden und den vielen
Sonnenschein die idealen Voraussetzungen. Wie gesagt, die hiesigen
jungen Weine sind meist sauer, aber manchmal erwischen Sie einen Wein,
von dem Sie ein Fass kaufen könnten. Ja, und dann stellen Sie fest, dass
diese Do-it-yourself-Weine in Fässern aus Kunststoff abgefüllt sind, ein
weiteres Hindernis, um einen guten Tropfen zu bekommen. Mein
favorisierter Weißwein kommt nach wie vor von der Nachbarinsel Limnos.
Ich
bin mir schon bewusst darüber, das alkoholische Getränke in der Hitze
keine gesunde Abkühlung bringen, aber wenn sie genügend Wasser trinken
und sich an die 10 Regeln des Dionysos halten, kann nichts passieren.
Wasser ist übrigens das Getränk Nummer 1 auf unserer Insel und das nicht
nur, weil es hier so viele Quellen gibt, die kostenlos Wasser in den
verschiedensten Geschmacksrichtungen spenden, sondern auch, weil es ein
steter Begleiter ist. Die Plastikflaschen zieren eine jede Tafel,
Wasserkrüge werden in den Tavernen oft unaufgefordert serviert, ein Glas
des guten Quells kommt immer zusammen mit Kaffee, Ouzo oder Whiskey.
Schaun wir mal, jetzt wenn der Wein mehr und mehr an Popularität
gewinnt, wäre es doch ein guter Service, auch dabei das gesunde Glas
Wasser zu kredenzen.
Copyright ©Julie Smit 2009 |