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BOULEVARD NEWS AUS LESVOS

 

Karneval in Molyvos

Karneval in Molyvos

 

2.März 2009 - Karneval

Aus dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski 

 

Dass Karneval eine Erfindung der Griechen ist, wie es von einigen dieser Landsleute behauptet wird, kann man nicht beweisen. Auf diesem Fest toben sich hauptsächlich die christlich katholischen und evangelischen Narren vor der Fastenzeit aus, obwohl auch einige Teile der orthodoxen Welt sich den Feierlichkeiten nicht verschließen.

 

An den Karnevalstagen leben uralte heidnische Bräuche auf. So erinnern Festlichkeiten an die Orgien, die zu Ehren von Dionysos, dem griechischen Gott des Weines und der Feste (= dem römischen Gott Bacchus), abgehalten wurden (ein Grund für diejenigen, die behaupten, dass der Karneval griechischen Ursprungs ist).

 

In der Kleinstadt Tyrnavos, in der Präfektur Larissa in Thessalien, feiert man noch heute nach den alten Riten. Ist es nicht so, dass, damals wie heute, wo heftig gefeiert wird, auch das Liebesspiel nicht weit ist? Und so steht das Phallus-Symbol am Sauberen Montag (der letzte Tag des Karnevals und der Beginn des Frühlings) in Tyrnavos im Mittelpunkt. Ob groß, klein, dick, dünn, aus Plastik oder Holz, in jeglicher Form, in jeglicher Größe und aus jeglichem Material, wird dieses Sympbol von den Bewohnern anlässlich eines Umzugs durch die Straßen getragen, begleitet mit Gesang, Tanz und einer Menge Spaß. Ursprünglich durften nur Männer an dieser Parade teilnehmen, aber heutzutage laufen auch die Frauen mit, trotz Missbilligung der orthodoxen Kirche, denn wie soll man sie in der heutigen Zeit von den Straßen fernhalten?

 

Wie auch immer, der diesjährige Karneval bringt schwere Zeiten für die Kirche mitsich. Bieten doch die Motivwagen auf den Paraden die Möglichkeit, Spott über die Skandale von Politik und Kirche auszuschütten. Der Eklat um das Vatopedi-Kloster (auf dem Berg Athos), der 2 Minister zum Rücktritt zwang, ist ein großes Thema auf den Karnevalsumzügen. In Patras baute man einen großen Prunkwagen, der den Abt des Klosters karikierte. Die Geistlichen sehen in diesem Bildnis einen Affront gegen alle Priester und die gesamte Kirche und 20 Klöster vom Berg Athos haben ein Schreiben aufgesetzt, um die Teilnahme des Wagens an dem Umzug zu verhindern. Der Bürgermeister verteidigte jedoch die Aktion mit den Worten, dass es nicht Absicht sei, die Kirche zu beleidigen, man wolle sie doch nur persiflieren...

 

Auch die Istanbuler Stadtteile Tatavla und Beyoglu waren in früheren Zeiten Hochburgen des Karnevals („Bakla Horani“). Vor Ende des Osmanischen Reiches stellten die Griechen, die in diesen Vierteln lebten, einen Umzug auf die Beine. Es war eine fröhliche Parade von maskierten Menschen, gekleidet in den traditionellen Trachten ihrer ursprünglichen Heimatregionen, jedoch trugen die Männer Frauenkleidung und die Frauen die Kleidung der Männer. Der Höhepunkt jedoch stand am Beginn des Aufmarsches: Da saßen die stadtbekannten Prostituierten, gekleidet in Samt und Seide, hoch zu Rössern, die von ihren Zuhältern geführt wurden. Im Jahre 1930 wurde dieses Spektakel von der türkischen Regierung verboten und ist nur noch eine süße Erinnerung.

 

War es früher die Stadt Venedig, die weltbekannt für ihren Karneval war, so ist es heute eher Rio de Janeiro. In Griechenland ist Patras die Karnevalshochburg, auf Lesvos ist es Agra, im Südwesten der Insel. Aber auch Molyvos zieht Jahr für Jahr mehr Menschen mit seinem Karnevalsumzug an.

 

Es gab einige Mottowagen bzgl. der dubiosen Immobiliengeschäfte des Vatopedi-Klosters, und hier beschwerte sich niemand über die Abbilder des vorstehenden Abts. Thema waren in diesem Jahr auch die Flüchtlinge, dargestellt von Menschen in beschädigten Schlauchbooten. Natürlich durfte der neueste griechische Skandal nicht fehlen: Ein leeres vergittertes Gefängnis wurde durch das Dorf gefahren, begleitet von fußläufigen „Sträflingen“ in gestreifter Kleidung, die Werbung für eine neue griechische Fluggesellschaft mit Namen „Korydallos Airlines“ machten. (Korydallos ist das Gefängnis, aus denen vor einigen Wochen zwei Schwerverbrechern das 2. Mal mit einem Hubschrauber geflohen sind).

 

Keine Werbung wurde für die wirklich neu gegründete „Athens Airways“ gemacht. Zweimal täglich fliegt diese Gesellschaft seit diesem Monat von Athen nach Mytilini (weiter werden schon Kavala, Thessaloniki und Alexandroupolis angeflogen, weitere Destinationen werden hinzukommen). Das Oberhaupt der orthodoxen Kirche (gleichbedeutend mit dem Papst), Bartholomäus I. von Konstantinopel, war der erste Fluggast, und der erste Flug der Gesellschaft ging vom internationalen Flughafen „Eleftherios Venizelos“ aus zur Insel Lesvos. In Mytilini gelandet, eröffnete er dort in einer Zeremonie die Büros von „Athens Airways“ und blieb dann zu Besuch einige Tage auf unserer Insel. Bartholomäus I. lebt und arbeitet in Istanbul. Er gilt als reformorientierter Vertreter der orthodoxen Kirche und engagiert sich für den Dialog zwischen den Religionen. So verteidigt er den orthodoxen Glauben gegenüber der türkischen Regierung, die dem Patriarchen bislang jegliche rechtliche Anerkennung verweigert, und sucht die Annäherung zur katholischen Kirche (2005 und 2007 wurde er bereits von Papst Benedikt XVI. empfangen).

 

Auf den Karnevalswagen war am Montag keine Spur von Bartholomäus I. Tja, würden sich mal alle Papas eine Scheibe abschneiden von diesem guten Mann...

 

 

Copyright ©Julie Smit 2009