Molyvos (Mithimna)

Lesvos

Home

Home
Lesvos-News 2009

31.Dezember 2009
24.Dezember 2009
14.Dezember 2009
12.Dezember 2009
3.Dezember 2009
23.November 2009
16.November 2009
9.November 2009
1.November 2009
27.Oktober 2009
19.Oktober 2009
13.Oktober 2009
7.Oktober 2009
1.Oktober 2009
20.September 2009
15.September 2009
11.September 2009
30.August 2009
24.August 2009
19.August 2009
10.August 2009
LOPI
27.Juli 2009
19.Juli 2009
14.Juli 2009
7.Juli 2009
1.Juli 2009
24.Juni 2009
16.Juni 2009
8.Juni 2009
3.Juni 2009
25.Mai 2009
18.Mai 2009
13.Mai 2009
3.Mai 2009
27.April 2009
22.April 2009
13.April 2009
8.April 2009
30.März 2009
21.März 2009
17.März 2009
9.März 2009
2.März 2009
24.Februar 2009
16.Februar 2009
Valentinstag 2009
9.Februar 2009
3.Februar 2009
28.Januar 2009
20.Januar 2009
13.Januar 2009
5.Januar 2008

BOULEVARD NEWS AUS LESVOS

 

Netze unter Olivenbäumen

Netze unter Olivenbäumen

 

27.Oktober 2009 - Oliven-Rhapsodie

Aus dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski 

 

Kaum haben die Touristen Lesvos den Rücken zugekehrt, wird mit den Arbeiten in den Olivenhainen begonnen. Die Netze müssen unter den Bäumen ausgebreitet werden, an denen die Früchte schon fast erntereif hängen.

 

Der Olivenbaum (Olea europaea), ist ein sehr robuster Baum, der sich nicht so leicht unterkriegen lässt. Er wächst rund ums Mittelmeer, nicht weit von der See entfernt. In einigen Ländern gibt es bekannte uralte Exemplare, die mehr als 2000 Jahre auf dem Buckel haben.

 

Gemäß der Mythologie, ist der Olivenbaum ein Geschenk von Athene, der Göttin der Weisheit, an die Einwohner der Stadt Athen. Sie wetteiferte mit Poseidon, dem Gott der Meere, um die Gunst der einflussreichsten Stadt der damaligen Zeit, doch nur wer den Bewohnern das nützlichste Geschenk machte, sollte zum Namenspatron auserwählt werden. Poseidon entschied sich für einen Brunnen, aber da aus diesem nur Salzwasser floss, wurde Athene mit dem Ölbaum, der Nahrung, Holz und Öl spendet, als Siegerin erkoren. Tja, und somit stand der 1. Olivenbaum auf der Akropolis, den Theophrastus, der Vater der Biologie, im 4. Jahrhundert vor Christus, als den von Athene dorthin gepflanzten, bezeichnete. Der antike Reiseschriftsteller und Geologe Pausanias, der im 2. Jahrhundert lebte, berichtete im Jahre 170, dass die Perser, anlässlich der Schlacht um Salamis (480 v. Chr.) die Akropolis in Brand gesteckt haben und dabei auch der Baum der Athene Feuer gefangen haben soll. Doch dieser überlebte, denn am gleichen Tag, so wird erzählt, sei bereits ein neuer Trieb aus dem verkohlten Baumstumpf ausgeschlagen.

 

Früher gab es noch einen anderen berühmten Ölbaum in Athen: Im Westen der Stadt stand der „Olivenbaum des Platon“, von dem berichtet wird, dass er sich bereits vor 2.500 Jahren dort, nah der Akademie des Platon, befand. Er überstand viele turbulente Jahrhunderte bis..., tja, bis im Jahre 1975 ein Bus so heftig gegen ihn knallte, dass er – welch ein Jammer - diesen entwurzelte und zu Boden stürzen ließ.

 

Die meisten der alten Bäume sind faszinierend mit ihren skurrilen Formen, und es ist wirklich kein Wunder, dass so viele Menschen ihr Herz für den Olivenbaum, der allezeit so freundlich winkt mit seinen silbergrünen Blättern,  erwärmen. Der Baum selbst kennt nicht viele Feinde, aber die Frucht, die er trägt, hat einen furchtbaren gefährlichen Gegner: Die Olivenfliege („Bactrocera oleae“ oder „Dacus oleae“), von den Griechen „Dakos“ genannt. Die Weibchen legen ihre Eier in die reifenden Oliven, woraus dann madenartige Larven entstehen, die sich von der Frucht ernähren, bis sie nach 10 Tagen ausgewachsene Fliegen sind. Tja, das war´s dann mit der Olive. Ein Weibchen kann mit ihrer Brut bis zu 400 Oliven beschädigen, und in den Sommermonaten können so an die 5 Generationen neuer Schädlinge in einen Olivenhain gesetzt werden.

 

Wie glücklich waren die Griechen und andere Europäer, als nach dem Zweiten Weltkrieg Pestizide für die Landwirtschaft eingeführt wurden. Unter dem Motto „Tod den Dakos“ wurde von Flugzeugen aus das Killerspray auf die Olivenlandschaft gesprüht, mit Erfolg: Die Ernten fielen reichhaltiger aus und das Öl war von besserer Qualität.

 

Wie froh bin ich, dass, seit ich hier lebe, keine Agrarflieger mehr ihr Gift versprühen. Ich hätte ansonsten das Haus für eine Woche nicht verlassen, wenn die tödliche Ladung vom Himmel gerieselt wäre. Fünfzig Jahre später, weiß – Gott sei Dank –jedes Kind, welch katastrophale Folgen diese Art der Bekämpfung nach sich zieht. Aber, während in anderen Sparten, wie z.B. im Weinanbau, inzwischen ohne Chemikalien gegen Schädlinge vorgegangen werden kann, sucht man hinsichtlich des Olivenanbaus immer noch vergeblich nach einer umweltfreundlichen Waffe gegen die Dakos. Dennoch sind die Olivenbauer dazu übergegangen, die Giftsprüher der Gemeinde mit den Schildern „Ökologischer Anbau“ von ihren Grundstücken fernzuhalten. Nein, nicht, weil sie alle umweltbewusst geworden sind, sondern weil sie für einen „Bio-Garten“ finanzielle Zuschüsse bekommen. Resultat: Überall an den Toren zu den Olivenhainen sind diese Schilder, die auf einen rein biologischen Anbau hinweisen, zu finden, und in den Bäumen hängen grüne oder weiße quadratische Beutel, die so genannten Pheromonfallen. Darin befindet sich ein Pulver, das die männliche Fruchtfliege anlockt. Sobald dieser Lockstoff an einem Männchen haftet, denken andere Männchen, es sei ein Weibchen und stellen ihm nach,  wodurch die Befruchtung immer weiter stagniert. Tja, darauf muss man erst mal kommen, genial oder? 

 

Eine andere Methode, die Olivenfliegen im Zaum zu halten, ist die, Flaschen mit einer Mischung aus Ammoniak, Honig und Wasser oder anderen süßen Säften in den Baum zu hängen und sie so anzulocken.

 

Aber auf die ökologische Anbauweise überzugehen, ist nach wie vor eine schwere Entscheidung. Ohne die Dakos gibt’s nun mal eine reiche Ernte und ein Super-Öl, aber bei Verwendung organischer Methoden ist die Fliege nun mal nicht sofort vernichtet, was bedeutet, dass die ersten Jahre ohne Chemie wahrscheinlich eine recht enttäuschende Ausbeute mit sich bringen.

In diesem Jahr hatte man hohe Erwartungen und man rechnete mit 25.000 Tonnen Olivenöl. Aber es kommt ja bekanntlich immer anders als man denkt, und so musste diese Zahl, allein schon angesichts der Regenfälle im Frühjahr, auf 8.000 reduziert werden. Ein weiterer Grund für den Ernteausfall ist die Tatsache, dass die Olivenhaine bei weitem nicht mehr so gepflegt werden, wie es mal war, denn welcher Bauer hat heutzutage schon noch die finanziellen Mittel, einen Pflug zu mieten, mit dem man am Sommeranfang das Land umgraben kann oder gar einen Spezialisten zu bezahlen, der die Bäume sachkundig schneidet. Durch die Massenproduktion in Ländern, wie Spanien und Italien (und ich gehe mal davon aus, dass dort keine Bio-Oliven wachsen), ist der Preis für Olivenöl dermaßen gesunken, dass die kleinen Bauern mehr und mehr Probleme bekommen.

 

Trotz alledem wird sich der Olivenbaum aber nicht aus der mediterranen Landschaft vertreiben lassen, denn nicht nur er ist zäh, sondern auch die Menschen die mit ihm leben. Sie sind unter den Ölbäumen aufgewachsen, ernähren sich ihr Leben lang von seinen Früchten und seinem Öl, eine Tradition, die sich nicht so einfach wegfegen lässt, weder von Dakos, noch von dem Druck der internationalen Olivenindustrie.

 

 

Copyright ©Julie Smit 2009