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BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
Türmchen in Pláti
13.April 2009 - Verborgene Schätze
Aus
dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski
Eine nicht so bekannte Stadtgemeinde der Insel Lesvos ist Evergetoula ,
benannt nach dem Fluss, der in den Steigungen des Berges Olympos
entspringt und im Golf von Gera mündet. Da der „Highway Mytilini-Kaloni“
das Dorf Lambou Mili, das zu dieser Gemeinde gehört, zweiteilt, muss
ein jeder der Richtung Norden fährt, durch Evergetoula. Die weiteren
Dörfer sind: Assómatos, Ippeios, Kato Tritos, Michoe und Sikoundas.
Das
kleinste Örtchen der Gemeinde ist Assómatos, und Sie finden es nah bei
dem bekanntesten und schönsten Bergdorf der Insel, Agiássos. Im
Gegensatz zu Agiássos, das im Sommer eine touristische Hochburg ist,
sieht es in Assómatos aus, als habe die Neuzeit einen Bogen um dieses
Plätzchen gemacht. Keine Souvenirläden findet man in den ruhigen Gassen,
dafür immer noch Esel, die Lasten oder Menschen tragen, vorbei an den
traditionellen Kafenía, allesamt Monumente einer längst vergangenen
Zeit. Ja, man kann sagen, dass Assómatos das reizvollste Dörfchen der
Stadtgemeinde Evergetoula ist.
Welch Fleckchen das schönste in der Landschaft der Gemeinde ist, ist
nicht so einfach zu bestimmen. Die Wanderungen in diesem Bereich (z.B.
gem. dem Wanderführer von Brian und Eileen Anderson: „Lesvos Sunflower
Landschaften, Wanderungen und Autotouren“) führen Sie über
jahrhundertealte Monopatia (schmale Eselspfade) und sind von
atemberaubender Schönheit. Überall glucksen quirlige Bächlein, die den
Weg aus den Bergen dorthin gefunden haben, so fruchtbar ist der Wald,
das Teile von ihm an einen Dschungel erinnern, und die terrassenförmig
angelegten Olivenhaine, umschlossen von kunstvoll aufgeschichteten
niedrigen Steinmauern, zur Verhinderung der Erosion, liegen friedvoll
und idyllisch dar, wie hunderte von Jahren zuvor.
Abgesehen von einigen Wanderführern, wird diese Gegend in keinem
Reisehandbuch erwähnt. Selbst das umfangreiche Buch über die Insel, das
mit den fantastischen Fotos von Tzeli Chatzidimitriou bebildert aber
leider nur in griechischer Sprache erhältlich ist, „Anexerefniti Lesvos“
(„ Das unbekannte Lesvos“), führt nur per Auto nach Assómatos, den
Wassermühlen von Milelia und zum Aquädukt von Lámbou Milí.
Die
alten Wassermühlen wurden 1994 restauriert und auf eine Art und Weise
wie zu alten Zeiten, wird heute wieder das Mehl produziert. Die daraus
gefertigten köstlichen Produkte gelangen in einem zur Anlage gehörenden
schnuckeligen Lädchen zum Verkauf. Auf dem Gelände ist außerdem eine
antike Ölmühle zu bewundern, die noch durch die Zugkraft eines Esels
angetrieben wird.
Die
Liste der schönen Stellen der Stadtgemeinde Evergetoula ist lang.
Zunächst der liebliche Park von Anargiri mit seinen hohen Bäumen, dem
Kapellchen aus dem Jahre 1881 und dem friedlich fließenden Gewässer:
Eine kühle schattige Oase für Körper und Seele im Herzen der Insel. Die
Griechen wissen dies gut zu nutzen und suchen dieses kleine Paradies an
heißen Sommertagen auf, um zu picknicken. Ist man einmal hier, sollte
man auf gar keinen Fall versäumen, den Pfad am Fluss entlang zu wandeln
und mit allen Sinnen zu genießen: Das üppige Grün, das laute Konzert von
Bienen und Fröschen, den Geruch von Erde und Pflanzen, etc., etc....
Zwischen Anargiri und dem Golf von Gera erhebt sich ein Bergrücken, auf
dem das Plateau „Plati“ liegt. Dieses kalkreiche Gebiet ist im Frühjahr
nicht nur mit großen Steinen sondern auch unzähligen Orchideen übersät.
Auf unserer Jagd nach diesen beeindruckenden Blumen in der letzten
Woche, wussten wir vor soviel Zauber der Natur nicht, worauf wir unser
Augenmerk zuerst richten sollten: Dort faszinierten uns die
farbenprächtigen Blüten, hier fesselte uns ein Blick über die
silbrig-grün schimmernden Olivenhaine, in denen zwischen den Bäumen
kleine steinerne Türmchen hervorlugten. Wir rätselten, welch
geheimnisvolle Bewandtnis es mit diesen Steingebilden auf sich hat und
wähnten uns an einem mystischen Ort. Natürlich war kein erklärendes
Hinweisschild weit und breit zu finden. Und, was denken Sie? Haben
Bauern die Steine mannshoch gestapelt, um das Land ungehindert pflügen
zu können, oder haben die Türme von Plati doch eine ganz andere
Geschichte?
Es
gibt nur sehr wenige Menschen, die Fragen bzgl. der Gräber bei Palios,
alter Kirchen oder auch dieser steinernen Türme beantworten können.
Selbst das Internet gibt nach langer harter Suche kaum was her. Egal
welche Suchmaschine man mit „Michou“ fütterte, keine warf irgendetwas
über die Türme von Plati heraus, nur auf einer einzigen Landkarte von
Lesvos waren sie verzeichnet.
Das
Dorf Michou jedoch ist recht gut auf der
Webseite der Gemeinde von Evergetoula beschrieben. Ich war
überrascht, dort auch die Beschreibung einer Höhle zu finden, an der man
vorbeikommt, wenn man die Wanderroute Nummer 14 der Andersons läuft. Ich
erinnere mich wohl daran, ein Zeichen für „Höhle“ gesehen zu haben,
aber ich habe weder eine gefunden, noch war ich in einer drin. Darf man
dem Verfasser der Evergetoula-Webseite Glauben schenken, so ist die
Höhle von Foussa eine der schönsten von Lesvos. Im Jahre 1881 ist sie
entdeckt worden, und sie soll Gänge haben, die zu Kammern führen,
die in 20 Meter Höhe liegen...
Bücher über Bücher wurden über die Pflanzen geschrieben, die auf den
Inseln der Ägäis wachsen. (
Lesvos = Jan van Lent „Mit anderen Augen). Es gibt einige
Lesvos-Wanderführer sowie ein bekanntes Buch über Vögel (Richard Brooks:
„Birding on the Greek Island of Lesvos“), und ich stieß sogar auf ein
(griechisches) Kochbuch mit Rezepten von Lesvos. Warum aber gibt es
keine englischsprachige Literatur, die darüber Auskunft gibt, wo
archäologische Schätze zu finden sind, wie alt Ántissa ist, die über
alte Kirchen erzählt, wie z.B. über die in Ypsilometopo. Weshalb kann
man nichts nachlesen, über die Steintürme von Plati oder die Gräber bei
Palios? Wieso ist der Aquädukt von Lambou Mili keine
Touristenattraktion? Also, ich meine, es ist wirklich jetzt endlich an
der Zeit, dass sich Archäologen und Historiker zusammensetzen und ein
solches Werk schaffen für dieses „vergessene Eiland“.
Copyright ©Julie Smit 2009 |