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BOULEVARD NEWS AUS LESVOS

 

Blüte der „Hummel-Orchidee“ (dtsch. Hummel-Ragwurz)

17.April 2007 - Auf falschen Wegen mit den Andersons

Aus dem Englischen von Gabriele Podzierski

Ungefähr einmal im Jahr, traue ich mich: Ich mache eine Wanderung mit den Andersons, was bedeutet, dass ich mich Freunden anschließe, die sich zum Ziel gesetzt haben, jede Strecke, die das englische Ehepaar Brian und Eileen Anderson in ihrem Buch „Landschaften auf Lesvos: Ein Auto- und Wanderführer“, erschienen im Sunflower-Verlag, beschreiben, abzulaufen. 

Treue Leser werden sich erinnern, dass ich schon früher einmal darüber geschrieben habe (s. Lesvos-News vom 14.11.05), denn eine Route nach den Andersons ist ein kompliziertes Puzzlespiel, bei dem es Risiko Nummer 1 ist, sich zu verlaufen. Meistens benötige ich 1 Jahr, um genug Mut gesammelt zu haben, mich an eine weitere Strecke heranzutrauen. Inzwischen jedoch vertraue ich meinen „Anderson-Wanderfreunden“, denn sie müssten, nachdem sie nunmehr fast alle beschriebenen Wanderungen hinter sich gebracht haben, die Ausdrucksart der Andersons verstehen. Nein, ich sollte doch besser sagen, sie haben versucht, all die 28 Routen zu laufen, denn es kommt doch –trotz aller Bemühungen-  nur recht selten vor, dass man es wirklich schafft, den beschriebenen Pfaden zu folgen. 

Gestern stand Wanderung Nr. 14 auf dem Plan: Ein Rundweg von Mixou nach Plati und wieder zurück. Mixou ist ein bezauberndes Dörfchen, das zwischen dem Golf von Géra  und dem Olympos liegt und uns bislang unbekannt war. Der Reiseführer wies vorsorglich darauf hin, dass uns ein ziemlicher Anstieg erwartet, und richtig, er begann bereits nachdem wir das Tal von Mixou erreichten. Es dauerte auch nicht lange, dass wir uns fragen mussten, ob wir uns verlaufen hätten. Möglicherweise sind wir irgendwo falsch abgebogen, denn das wundervolle Plätzchen, wo wir auskamen und an dem das Kirchlein „Agios Ioannis Theologos“ herunter auf den Golf von Géra schaut, sollten wir eigentlich erst auf dem Rückweg erreichen. Wir kamen zu dem Schluss, wohl „das Pferd von hinten aufgezäumt zu haben“, denn viele Weggabelungen hatten wir nicht gesehen, so dass wir ungestört die prächtige Landschaft genießen konnten: grandiose Aussichten auf den Golf von Géra und das „1. Bein von Lesvos“, wo Berge die Hauptstadt Mytilini verstecken und dahinter die Türkei hervorleuchtet, als sei sie ein Teil der Insel. 

Auf der Suche nach Agia Anárgyri kletterten wir den einen und anderen falschen Weg rauf und runter. Als wir dachten, die Hälfte der Strecke geschafft zu haben, erreichten wir endlich die Kirche, eine idyllische Oase, ruhend unter riesigen Platanen und hohen Pinienbäumen, wo allezeit ein quirliges Bächlein gurgelt. Nach erquickender Rast, zogen wir weiter unsere Pfade Richtung Plati, was wiederum das Erklimmen eines recht hohen Berges bedeutete. Nach den Andersons lag die höchste Steigerung der Route auf 400 Metern, aber als ich auf das Felsplateau kletterte und auf den Olympos schaute, der uns aus der Nähe beobachtete, hatte ich das Gefühl, auf gleicher Höhe mit ihm, dem zweithöchsten Berg der Insel, zu sein. Wilder Salbei, auf der Insel „Wilder Gebirgstee“ genannt, wucherte überall. Dieses Kräuter-Teekraut ist dafür bekannt, hoch in den Bergen zu wachsen. Alles ging soweit gut, bis der breite Weg zu einem schmalen Pfad wurde. Wir kamen zu einem Auto, das am Wegrand parkte und trafen einen Bauern, bewaffnet mit einem Kanister. Er kam aus der Richtung, in die wir mussten. Hatte er kein Sprit mehr? Meinte er etwa hier irgendwo auf Treibstoff zu stoßen? Diese Frage beschäftigte uns eine ganze Zeit und auch noch, als es für uns tief hinab ging, in ein verwildertes Gebiet, voller Erdbeerbäume und anderer dichter Gehölze. Es war ein gefährlicher Abstieg auf diesem Pfad voller loser Steine. Das sollte wirklich die Route der Andersons sein? Wir und unsere überanstrengten Muskeln waren heilfroh, als wir uns endlich wieder auf einem normal zu begehenden Bergweg befanden. Wir schlugen die Richtung ein, in der wir Mixou vermuteten, aber wiederum waren wir falsch. Dieses Mal sind wir wohl gehörig in die Irre gelaufen, denn der Weg endete plötzlich.  

Da standen wir nun hoch oben im Gebirge, und unter uns im tiefen Tal erblickten wir die Kirche „Agios Ioannis Theologos“, wo wir unsere erste Rast gemacht hatten. Wie sollten wir da wieder hinkommen? Keiner von uns dachte auch nur daran, durch das widerspenstige Gebüsch zurückzukraxeln: viel zu anstrengend und dazu auch noch gefährlich. Die einzige sich auftuende Möglichkeit war, den Gebirgsweg wieder zurück, der uns auf den Berg geführt hatte. Sie haben vielleicht eine kleine Vorstellung davon, welche Worte uns für das Ehepaar Anderson einfielen. Ihre Bücher sollten aus dem Verkehr gezogen werden. Ein jeder beschwert sich darüber, und meine Freunde, Experten in Sachen Wanderungen, haben nur eine einzige Route absolviert, ohne vom Weg abgekommen zu sein. Also, weiter ging es, bis wir zu einer Weggabelung kamen, die wir das 2. Mal kreuzten. Gerettet! Wir nahmen den Weg hinab, der uns schon zu Beginn der Wanderung Schweiß und Blut gekostet hatte. Inzwischen waren wir soweit, dass wir einstimmig der Meinung war, dass den Andersons ein Inselverbot erteilt werden sollte. Sie jagen doch nur einfach in einem höllischen Tempo über die Insel hinweg. Jeder weiß inzwischen, dass man die Zeit, die sie für eine Wanderstrecke in ihrem Buch angeben, mindestens verdoppeln muss. Sollten Sie auf Ihren Wegen einmal in eine Staubwolke geraten, aus der 2 Beinpaare auf höchster Umdrehungsstufe herausragen, so können das nur die Andersons sein, die wie Raketen über Lesvos schießen.  

Eigentlich unfassbar, denn die Beiden haben ja auch das Buch „Orchideen auf Lesvos“ veröffentlicht. Wie können die bei ihrem Tempo überhaupt diese Pflanzen entdecken? Zugeben muss ich jedoch, dass die Strecke einfach toll war. Nicht nur die Aussichten waren atemberaubend, auch die Blumen ließen unsere Herzen höher schlagen und die Müdigkeit vergessen. Die Kirmesanemonen (Lesvos-News vom 20.03.07) begrüßten uns in ihren heiteren Farben, der Klatschmohn leuchtete in den schönsten Rottönen, die Gänseblümchen blitzten im reinsten Weiß, der lilafarbene Lavendel und die weißen Margariten winkten uns zu und in all den Farben, das tiefe Blau der Lupinen. Ja, und dann noch die Orchideen: Nie zuvor in meinem Leben, habe ich so viele nackte Männer gesehen (hi, hi, hi: s. Lesvos-News vom 10.April 2006). Es gab hunderte dieser Orchideenart (Orchis italica/Italienisches Knabenkraut) zu sehen, häufig zusammen mit dem rosafarbenen Vier-Punkt-Knabenkraut (Orchis quadripunctata) und diversen Serapias cardigura (Herzförmige Zungenstedel). Wir entdeckten besonders schöne Exemplare des Anatolischen Knabenkrauts (Orchis Anatolica var.albiflora) und der seltenen Hummel- und Schnepfenragwurz (Ophrys fuciflora/scolopax). Insgesamt zählten wir 12 verschiedene Arten während unserer Wanderung, und zwar in so großer Anzahl, dass sie selbst den „Fliegenden Andersons“ nicht verborgen geblieben wären. 

Als wir fast unten waren, hielten wir nach dem eigentlichen Ausgangspunkt der Route Nr. 14 Ausschau. Wir stoppten bei einem Gebäude, errichtet aus „B2“-Blöcken, das wir eigentlich 10 Minuten nach dem Start hätten erreichen und von dem aus wir eine Querstraße hätten nehmen müssen. Wir können uns nicht damit entschuldigen, nicht gewusst zu haben, was „B2“-Blöcke sind, denn dieser Ausdruck für Betonblöcke ist uns von einer anderen Wanderroute aus dem Buch im Gedächtnis geblieben. Nun fiel uns der Weg, den wir eigentlich hätten gehen sollen, sofort ins Auge. Unser Freund und Kartenleser war jedoch am Beginn der Wanderung wohl so erfreut und aufgeregt, dass es los geht, dass er diesen wichtigen Anhaltspunkt übersehen hat.  

Das heißt jedoch nicht, dass die Übersetzungen der Andersonschen Wanderrouten ins Holländische immer korrekt sind. Es kann sein, dass der Übersetzer Fehler macht, wie geschehen bei den englisch/holländischen Übersetzungen der Wanderungen von Mike Maunders. Auch hierüber hören wir immer wieder Beschwerden. Niemand hat es meines Wissens bisher geschafft, die Route Nr. 12 erfolgreich zu begehen, ohne vom rechten Weg abzukommen. Nummer 14 müssen wir wohl oder übel noch einmal angreifen. Ich denke, gestern sind wir auf den meisten Pfaden in diesem Gebiet gewandelt, so dass, wenn wir uns wiederum verirren: Zurück kommen wir immer! 

Copyright ©Julie Smit 2007