|
|
BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
Ein Haus zum Verkauf in Molyvos
8.Oktober 2007 -
Eine Handvoll Geld
Aus
dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski
Regelmäßig frage ich
mich, .wie die Griechen seinerzeit mit dem Wechsel von Drachmen auf Euro wohl
klargekommen sind (Hier sagt man Evros). 1 Drachme waren ca. 0,193 Cent, um es
deutlicher zu machen: 500 Drachmen = 1,45 Euro. Na, wird Ihnen auch schon
schwindlig beim Umrechnen?
Das Wort Drachme
kommt von dem altgriechischen Wort „dratto“, was „nehmen“ heißt. Um 1100 vor
Christus bedeutete eine Drachme eine Handvoll Geld, was zu dieser Zeit 6
Metallstückchen waren. Diejenigen von Ihnen, die Griechenland noch zu früheren
Drachmen-Zeiten kennen, können sich sicherlich erinnern, dass eine Tasse Kaffee
damals um die 150 Drachmen und eine Mahlzeit ca. 1.500 Drachmen kostete. Man
rechnete also mit ziemlich hohen Zahlen. Als nun der Euro kam, mussten die
Griechen wieder lernen, mit kleineren Summen umzugehen. Selten findet man hier
etwas, dessen Preis unter einem Euro liegt. Kann sein, dass das mal bei einer
Flasche Wasser zutrifft, aber es kommt darauf an, wo man diese einkauft.
Cent-Preise gibt es nur in Supermärkten, denn dort übernimmt der Kassencomputer
das Rechnen.
Nun, in Holland sah
es so aus: 2 Gulden (um genau zu sein, 2,20 Gulden) waren 1 Euro. Das ist
ungefähr die Hälfte und erleichterte das Umrechnen ungemein. Zahlte man für
etwas früher 1 Gulden, so prangt jetzt darauf ein Preisschild mit 2 Euro. Das
ist traurig und ärgerlich, aber bequem. So einfach ist es in Griechenland nun
mal nicht. 150 Euro für einen Kaffee? Geht ja mal gar nicht, aber 1,50 Euro
wiederum, erscheint den Geschäftsleuten nun auch zu wenig, und somit verlangt
man satte 3,50 Euro für das Getränk.
Egal, wo man
hinschaut, alles ist um 1 Euro teurer geworden, aufgerundet eben. So zahlt man
für 1 kg Bohnen 5 Euro und für 1 kg Äpfel 2 Euro. Nein, die Griechen haben sich
nicht geändert, es muss immer noch eine Handvoll Geld sein. War der Einkauf auf
der Straße früher preiswerter, so ist es inzwischen im Supermarkt günstiger.
Ein Athener
Taxifahrer hat wahrscheinlich auch an eine Handvoll Geld gedacht, als er einem
Besucher aus Deutschland eine Strecke von 5 km mit 978,88 Euro in Rechnung
stellte. Also, sehen Sie das als Warnung. Übrigens, der Taxifahrer ist nach der
Aktion verhaftet worden.
Hier auf Lesvos
träumen die Menschen auch noch weiter von den Zeiten hoher Drachmenbeträge. Wann
immer man sich bei einem alten Griechen nach dem Preis für ein Grundstück
erkundigt, nennt dieser eine schwindelerregende Summe in Millionenhöhe, aber er
meint wirklich noch den Wert in Drachmen, denn die ältere Menschen haben große
Mühe beim Umrechnen. Die jungen Leute hingegen wollen aus der neuen Währung
Profit schlagen. Ich kenne einige Grundstücke hier in Molyvos deren
Verkaufspreise bei über 1 Mio liegen, und hier ist von Euro die Rede!
Der Handel mit
Immobilien ist auf Lesvos ein hoffnungsloses Unterfangen. Es gibt nur wenige
Makler, hauptsächlich im Norden der Insel, und ein jeder will verkaufen. So
stehen in Molyvos eine Menge Tavernen zum Verkauf, darunter auch das „Alonia“.
Aber im nächsten Jahr werden sie alle wieder die Türen öffnen, denn sie
verlangen dermaßen hohe Summen, die nur ein Narr bezahlen würde.
Es gibt auch
genügend Häuser in Molyvos zu kaufen. Die meisten kosten mehr, als ein Haus in
Amsterdam, und ich rede hier von alten Objekten in sehr schlechtem Zustand.
Letzte Woche erfuhr eine Freundin, dass die Wohnung, die sie derzeit gemietet
hat, zum Verkauf angeboten wird, und das für sage und schreibe 200.000 Euro. Und
für was? Für 1 Wohnzimmer, 1 Schlafzimmer, 1 Küche, 1 Bad und 2 lausig kleine
Balkone. Für diesen Preis könnte man sich hier eine Riesenvilla bauen.
Vor einiger Zeit
haben wir uns im Golf von Kaloni ein freistehendes Haus angesehen. Auf typisch
griechische Weise wurden wir herzlich von dem Eigentümer willkommen geheißen. Es
handelte sich um ein großes Haus, mit einem angemessenen Stück Garten drum
herum. Wir hatten gehört, dass das Haus 200.000 Euro kosten solle, was für die
Einheimischen schon arg überteuert ist. Als wir nun nachfragten, bestätigte der
Besitzer dies, fügte jedoch hinzu, dass weitere 50.000 Euro für den Garten
dazukämen. Nun, während mir gerade so durch den Kopf schoss, dass er sich ganz
schön was traut, setzte er seine Ausführungen mit einem Lächeln fort: „
Eigentlich will ich ja gar nicht verkaufen, aber meine Kinder...“
Tja, so geht es hier
zu auf Lesvos. Eigentlich ist man an einem Verkauf gar nicht interessiert, aber
wenn dann irgendein Verrückter kommt, der einem eine Summe zahlt, die einem
Lottogewinn gleich kommt, dann schon.
Insbesondere gilt
dieser Preiswahnsinn für Molyvos und Umgebung Da sieht man mit den Touristen das
Geld einfliegen. Anderswo auf der Insel, wie z.B. in kleinen unbekannten
Dörfern, ist es schon noch möglich, eine Immobilie für einige Zehntausend Euro
zu erwerben.
Ich war überrascht,
dass das verfallene Hotel „Arion“ im Internet zum Kauf angeboten wird. Nun, ein
jeder weiß, dass es zum Verkauf steht, aber ein jeder weiß auch, dass, wenn man
sich dazu hinreißen ließe, man alles abreißen und wieder neu aufbauen müsse. Das
Internet zeigte Bilder des Hotels in seiner Blütezeit, den 80er Jahren. Im Pool
glitzert das Wasser himmelblau, das Gebäude ist unversehrt und steht strahlend
da. Der arme Kaufinteressent, der davon ausgeht, dass das Hotel, mit seiner
erstklassigen Lage in Molyvos, ausgestattet ist, mit Restaurant, Schwimmbad,
Bar... Er wird arg enttäuscht sein, wenn er vor einer Ruine steht.
Ohne viel Aufhebens,
(nun ja, es war schon an ein paar Tagen etwas stürmisch und der Himmel
holländisch diesiggrau – aber kein Regen!) gingen wir vom Sommer in den „kleinen
Sommer“ über, und die Insel ist immer noch pulvertrocken. Viele Tavernen und
Geschäfte schließen nun ihre Pforten für die Handvoll Touristen, die noch durch
Molyvos stromern.
Im nächsten Jahr
werden einige Grundstücke mehr verkauft sein und Häuser gebaut werden. Das „Arion“
wird noch mehr verfallen sein, das „Alonia“ wird wieder öffnen, und die gleichen
Eigentümer der Tavernen, Pensionen und Hotels werden Sie freudig begrüßen, auch
wenn die Spatzen es von den Dächern pfeifen, dass diese Objekte zum Verkauf
stehen.
Auch Angelos wird
immer noch in Eftalou sein, auch wenn das „Anatoli“ derzeit geschlossen ist, da
man die aufgelegten Abrissarbeiten an den illegal errichteten Gebäudeteilen des
Restaurants schlussendlich jetzt doch vornehmen muss. An einem Tag redet Angelos
davon, im nächsten Jahr Sandwiches zu verkaufen, an einem anderen Tag erzählt
er, dass er Kuchen backen wird. Nun, wie auch immer das „Anatoli“ im nächsten
Jahr aussehen wird, ich bin sicher, dass es einen Ouzo für ein paar Euro immer
dort geben wird...
Copyright ©Julie Smit 2007 |