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BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
21.August 2007 -
Ein Gefühl von Friesland
Aus
dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski
Am 15.
August ist Mariä Himmelfahrt und in Griechenland gleichzeitig der Höhepunkt des
Sommers. Ein jeder Grieche versucht, der Stadt zu entfliehen und mit der Familie
oder mit Freunden diesen Festtag mit einem üppigen Mahl zu begehen. Die Inseln
erleben einen unglaublichen Ansturm von Menschen, Fähren und Flugzeugen und sind
voll damit beschäftigt, diese griechischen Volksversammlungen organisatorisch in
gute Bahnen zu leiten.
Jede Insel
feiert diesen Tag auf ihre eigene Weise. Auf Lesvos ist es üblich, zu einer der
Kirchen zu pilgern, die der Gottesmutter geweiht ist. Die bedeutendste
Marienkirche auf der Insel ist die Panagia-Kirche in Agiássos. Aus allen
Himmelsrichtungen strömen die Inselbewohner zu diesem Ort, um dort um die
Vergebung ihrer Sünden zu bitten. Ein lockerer Spaziergang ist das nicht, denn
das Dorf liegt ziemlich hoch in den Bergen, und wenn man dann endlich Agiássos
erblickt, hat man trotzdem noch eine ganz schöne Kletterpartie vor sich. Die
größten Sünder, legen die letzten Kilometer sogar auf ihren Knien zurück.
Den
Aufstieg zur
Panagia
Glykofilousa kann man dagegen nicht so recht als Wallfahrt bezeichnen. Diese
Kirche aus dem 18. Jahrhundert ist die zweitwichtigste Marienkirche der Insel.
30 Meter hoch ist der Felsen (= griech. Petrá), auf dem das Gebäude thront. Über
114 Stufen ist der Eingang zu erreichen, und an Mariä Himmelfahrt besuchen viele
Menschen dieses Gotteshaus, um der Jungfrau Maria ihre persönliche Aufwartung zu
machen. Auch dies ist ein ganz schön anstrengender Weg, besonders für die alten
Leute, die manchmal Stunden brauchen, bis sie endlich die oberste Stufe erreicht
haben.
Wenn der
15. August vorbei ist, können die Bewohner von Petrá und Molyvos aufatmen. Der
turbulenteste Tag der Saison ist geschafft, die Menschenmassen sind wieder weg.
Aber in diesem Jahr blieb den Bewohnern nur eine recht kurze Verschnaufpause,
denn am Montag, den 20.8., kamen erneut anspruchsvolle Gäste hereingesegelt: Die
Agäische Regatta, ein Ereignis, das jedes Jahr jeweils von verschiedenen Inseln
organisiert wird, wurde dieses Jahr von Lesvos, Lemnos und Skopelos ausgetragen.
Am
Montagmorgen machte sich die Flotte mit gesetzten Segeln von der Hauptstadt
Mytilini nach Molyvos auf. Ich legte mich in meine Hängematte, bereit für das
große Spektakel. Erwartet wurden die Boote gegen 15 Uhr, und als ich weit und
breit kein Segel auf dem beispiellosen blauen Meer entdeckte, befürchtete ich
schon, die Schiffe hätten den Weg entlang der Südküste genommen. Aber nein,
Punkt 15 Uhr, erschien das 1. Segelschiff vor Eftalou. Die Show begann...
Die milde
Brise ließ die Kiele aus dem Wasser herauskommen, und einige Manöver waren
nötig, um Kurs auf Molyvos zu nehmen. Weitere Größe erhielt das Schauspiel durch
einen neugierigen Delfin, der wohl doch wissen wollte, was Grund für einen
solchen Wellengang auf dem sonst so ruhigen Meer war. Gegen 20.30 Uhr, bei
Einbruch der Dunkelheit, segelte das letzte Schiff einsam Richtung Molyvos.
Zu Beginn
der Regatta, zählte ich noch ein jedes Boot und die Besatzung, aber schnell gab
ich angesichts der großen Beteiligung auf. Doch eines war klar: Für kein Geld
der Welt, wäre ich abends ins Dorf gegangen, denn auf jedem Boot waren
mindestens 5 Mann, und so 100 Segler habe ich bestimmt gesehen, was schon
alleine 500 Personen im kleinen Hafen von Molyvos bedeuten würde. Dieses
idyllische Plätzchen, so überfüllt... da hätte ich keine Freude dran.
Gestern war
Party-Nacht in Petrá. Heute findet ein Rennen zwischen Petrá und Molyvos statt.
Vor den Küsten der beiden Dörfer war das Meer heute morgen übervölkert. Die
Boote lagen kreuz und quer, und das fröhliche Durcheinander von weißen und
bunten Segeln bot einen beeindruckenden und faszinierenden Anblick. Als ich vom
Strand des Hotels Delfinia all die gesetzten Segel Richtung Horizont ausströmen
sah, musste ich an die Seen von Friesland, im Norden von Holland, denken: Grüne
Wiesen und weiße Segel, die durch die Landschaft schwimmen. In der flammenden
griechischen Hitze überkam mich wirklich ein wenig Heimweh nach diesen
friesischen Impressionen.
Heute
Abend, wird wiederum gefeiert: Morgen, in der Frühe, bricht die Ägäische Regatta
nach Lemnos auf, wo sie bestimmt wieder mit einem Fest empfangen wird. Am darauf
folgenden Tag werden die Segel Richtung Skopelos gesetzt, wo die Veranstaltung
ihren Abschluss findet.
Viel
Freizeit verbringen die Griechen nicht auf dem Wasser. Es sind Fähren, Frachter,
Fischer- und Touristenboote, die auf dem Meer zu sehen sind. Natürlich liegen im
Sommer auch einige Motorboote an den Stränden, aber es hat doch den Anschein,
dass die Griechen ihre Entspannung nicht auf dem Meer suchen. Das ist es doch,
warum dieses Bild von all diesen unzähligen weißen Segeln auf dem blauen Ozean ,
ja auch so ein einmaliges und einzigartiges Erlebnis für Griechenland war, und
bei einer Holländerin auf Lesvos Heimweh nach den Seen von Friesland aufkommen
ließ.
Copyright ©Julie Smit 2007 |