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BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
Flamingos bei Skala Polichnitos
29.Oktober 2007 -
Im Ouzo- , Ouzoland, so grün, grün, grün, grün
Aus
dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski
In diesem
Jahr waren die letzten Chartertouristen nicht sehr glücklich. Es regnete an
einigen Tagen in Strömen, und das Wasser füllte Straßen, Flüsse und Felder auf.
Während die Urlauber um ihre letzten Ferientage trauerten, waren die Insulaner
glücklich: Endlich Regen! Und wenn man ganz genau hinhörte, konnte man die Natur
seufzen hören, und, ja, man konnte das Gras regelrecht wachsen sehen. Die Insel
ist wieder saftig grün!
Ausgetrocknete Flussbetten und Sumpfgebiete wurden, wie einige unbefestigte
Straßen, überflutet. Es muss ein Fest für die Wasservögel gewesen sein. Gestern
durften wir beobachten, wie die Flamingos nicht nur um die Salinen bei Skala
Kalloni und Skala Polichnitos umherstolzierten, sondern auch durch ein unter
Wasser gesetztes Feld bei Skala Vasilika (nahe bei Skamnioudi) wateten.
Ob diese
Vögel auch nur eine Ahnung davon haben, dass ihr Lebensraum inzwischen, dank
einiger Jäger, denen Naturschutz piepegal ist, als Wohngebiet ausgewiesen ist?
Die Forstverwaltung von Lesvos und Wildlife in Kaloni versuchen bereits seit
einem Jahr alles, was in ihrer Macht steht, um diese Salzanlagen in der Nähe von
Kalloni und auch unterhalb von Agias Paraskevi als Naturschutzgebiet erklären zu
lassen, weil es dort immer noch Menschen gibt, die dort unerlaubt und ohne
Rücksicht auf Verluste herumballern. Wie absurd ist das, wenn man bedenkt, dass
gerade diese Feuchtgebiete dafür bekannt sind, dass sich seltene Vogelarten dort
ansiedeln und sie einen Anziehungspunkt für Vogelliebhaber aus aller Welt sowie
für zahlreiche Touristen darstellen, die sich an dem Anblick der Flamingos
erfreuen. Aber es sind ja nicht nur allein die Jäger, die eine Bedrohung für
diesen Landstrich darstellen, sondern auch Motocross-Fahrer,
Grundstücksspekulanten und Menschen, die ihren Müll illegal entsorgen. So,
bitte, helfen Sie den Organisationen bei ihrem Bemühen, die Umwelt zu schützen,
indem sie auf die Website
www.naftilosendrasi.gr gehen und eine Petition unterzeichnen. (Leider nur in
englischer Sprache verfügbar, einfach auf Online-Petition klicken).
Der
Europäische Gerichtshof würde sicherlich dieser Aktion zustimmen, denn erst in
der letzten Woche wurde Griechenland von dieser Instanz verurteilt. Grund dafür
ist die Tatsache, dass nicht genug Schutzgebiete für Zugvögel bestehen. Laut
Urteil sollen 25,2% der Landesfläche in 186 Vogelschutzgebiete eingeteilt
werden. Bis jetzt sind 151 davon vorhanden. Mittlerweile sieht es so aus, dass
12 Vogelarten in Griechenland vom Aussterben bedroht sind, und das ist diesen
Wilderern zu verdanken, die auf die Natur keinerlei Rücksicht nehmen.
Um den 22.
September herum kam es ans Licht, dass den Waidmännern vollkommen egal ist, was
sie vor die Flinte bekommen. Bei Agiassos trafen Jagdhüter auf Wilderer, die 62
Wiesenrallen (Crex Crex) als Beute hatten, die weltweitem Schutz unterliegen. Es
war der Jagdverbund Lesvos, der diesen Skandal an die Öffentlichkeit zerrte, und
es ist wohl arg von Nöten, dass dieser Verein mal ein ernsthaftes Wort mit
seinen Mitgliedern redet und ihnen klar macht, wo und was sie eigentlich jagen
dürfen.
Auch Zypern
kämpft mit dieser Problematik. Letzte Woche stand die Insel in den Schlagzeilen,
weil Jäger 52 Rot-Fuß-Falken getötet haben. Eine Spezies, die ebenfalls zu den
geschützten Arten zählt. In einem Offenen Brief flehten die Vogelliebhaber ihre
Gesinnungsgenossen inständig an, die Insel aufgrund dieses skandalösen Vorgehens
fortan zu meiden.
Ich muss an
dieser Stelle gestehen, dass ich nicht viel über Vögel weiß. Zwar kann ich schon
sagen, wie eine Wachtel aussieht, was aber daran liegt, dass ich vor langer
langer Zeit einmal mit einem Bekannten auf Rhodos zur Jagd gegangen bin. In der
Praxis sah das so aus, dass er einen ganzen Morgen versteckt hinter einem Busch
ausharrte, um dann schlussendlich einen einzigen Schuss auf eine Wachtel
abzugeben. Soweit ich das beurteilen kann, handelte es sich dabei um eine wilde
Wachtel. Hier auf der Insel sieht es so aus, dass man Wachteln allein dafür
züchtet, um sie dann zum Abschuss freizugeben. Den Ausflug in das Jagdleben habe
ich unternommen, um zu verstehen, was ein Jäger so empfindet, wenn er auf eine
Kreatur schießt. Was auf Lesvos derzeit passiert, ist ein ganz makabres Spiel.
Ich habe gehört, dass man die Wachteln, bevor man sie als Opfer entlässt, mit
Korn füttert, dass vorher in Ouzo getränkt wurde.
Wüsste ich,
dass auch die Jäger sich vor dem Startschuss mit Ouzo stärken, würde ich mich
nicht in ihre Nähe trauen, denn ich habe mir sagen lassen, dass es eigentlich
nicht möglich ist, eine Wachtel mit einer Wiesenralle zu verwechseln, da die
beiden sich gar nicht ähnlich sind. Nun, erklären wir es mal damit, dass die
Schützen inzwischen einfach davon gelangweilt sind, sich mit dem „Kleinzeug“
abzugeben. Aufgrund dessen wurden ja schon einige Eber rund um den Olympos
ausgesetzt. Welch eine Freud für die Jägersleut, aber welch ein Leid für die
Landwirte. Wenn ich darüber nachdenke, behagt mir die Vorstellung, auf einem
meiner Spaziergänge einem wilden Schwein gegenüberzustehen, gar nicht, und wenn
ich mir dann noch vorstelle, dass dieses Tier auch noch Nahrung zu sich genommen
hat, die mit Ouzo angereichert wurde...
Die
Wildschweine sind inzwischen zu einer solchen Plage geworden, dass die
Jagdsaison verlängert wurde. Doch die Situation auf Lesvos ist lange nicht so
schlimm, wie die auf der Insel Limnos (nördlich von Lesvos). Dort gibt es
immense Horden von Kaninchen, dass selbst Jäger hilflos zusehen müssen, wie
diese Nager sämtliche Gemüsegärten dem Erdboden gleich machen. Somit steht auch
auf Limnos das Ende der Jagdsaison offen.
Tja, und
unsere Nachbarinsel Chios geriet mit folgender Grausamkeit gegenüber einem Tier
in die Schlagzeilen, und zwar in die internationale Presse: Ein Student lockte
einen streunenden Hund mit einem Stück Salami an, übergoss die arme Kreatur mit
siedendem Öl und filmte diese Gräueltat auch noch schamlos mit seinem Handy.
Dieses Material leitete er an Freunde weiter, die jedoch die Polizei davon
informierten. Auch die Regierung von Chios fand den Weg in die Presse, da sie
Rattengift kostenlos unter den Einwohnern verteilte. Ein jeder Mensch weiß doch,
dass durch das Auslegen von Gift, nicht nur die Nager getötet werden, sondern
auch Hunde und Katze einen qualvollen Tod erleiden können.
Dieser
Krieg gegen die Rattenplage ist wahrscheinlich auch die Erklärung dafür, warum
zig Katzen und Hunde hier in Molyvos verendet sind. Auch wir haben ein Problem
mit diesen Nagetieren. Unter unseren Dachpfannen lebt eine asoziale
Rattenfamilie, die regelmäßig ihre Feste feiert und erheblichen Schaden
anrichtet, da sie sich auf ihrer Nahrungssuche durch Holzwände und Schränke
nagt. Für unsere 14 Katzen scheinen sie zu gerissen zu sein, und ich frage mich
inzwischen ernsthaft, wie lange es wohl noch dauert, bis Familie Ratz sich ihren
Weg durchs Dach geschaffen hat und mit uns gemeinsam am Kamin sitzt. Ich weiß
ja, dass Rattengift keine gute Lösung ist, aber wie soll ich die Tierchen sonst
los werden? Tja, wenn mir nur jemand sagen könnte, wie ich den Rattenfänger von
Hameln erreiche...
Copyright ©Julie Smit 2007 |