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BOULEVARD NEWS AUS LESVOS

 

Molyvos Hafen

16.September 2007 - Den Xero

Aus dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski 

Vor dreieinhalb Jahren konnte man in Griechenland allüberall lebhafte Diskussionen verfolgen. Die sozialistische Partei PASOK hatte ihre Zeit gehabt, und nach einer Dekade an der Regierung, hatte die Bevölkerung den Wunsch; dass andere zeigen sollten, was sie können. Das waren Kostas Karamanlis und seine Partei Nea Demokratia. Nun dachte dieser, in den letzten Jahren alles so gut gehandhabt zu haben, dass er nun eine vorgezogene Wahl für den 16. September ausgerufen hat.

 

Aber, im Gegensatz zu den vergangenen Zeiten, sind diesmal keine angeregten politischen Gespräche im Land zu hören. Die Menschen sind nach diesem heißen Sommer müde. Sie sind müde von den schrecklichen Bildern im TV über die Brandkatastrophen, müde von den Fernsehdiskussionen, und sie haben den Glauben und das Vertrauen in die Spitze der beiden großen Parteien, die nicht aufhören, sich gegenseitig zu beschuldigen, verloren. Letzte Woche, als Karamanlis die Insel Lesvos besuchte, waren keine Menschenmassen da, um ihm einen freudigen Empfang zu bereiten. Die wenigen, die ihm zujubelten, sahen in ihm wohl den derzeitigen Premierminister, aber als Wahlsieger empfing ihn wohl kaum jemand. Man hat erkannt, dass er ein Politiker ist, der viel versprochen aber nichts gehalten hat.

 

In der Hauptstadt Mytilini war das eine und andere Wahlwerbeplakat zu sehen. In Molyvos dagegen gab es keinerlei Hinweise darauf, dass nationale Wahlen anstanden. Die Mütter waren verärgert, weil für einige Tage wieder einmal die Schule ausfiel, da die Räumlichkeiten als Wahllokale genutzt wurden. Ihnen kam das letzte Jahr wieder hoch, wo just bei Schulbeginn die Lehrer für ganze 6 Wochen in den Streik traten.

 

Wie anders war die Stimmung im letzten Oktober: Jedermann war mit der Wahl des neuen Bürgermeisters beschäftigt und gab sein Bestes, um Stimmen für seinen Favoriten zu fangen. Sogar unser Telefon klingelte unaufhörlich, und wir erhielten unzählige Einladungen für diverse Wahlveranstaltungen. Es gab kein anderes Gesprächsthema mehr, und das gesamte Dorf war mit Plakaten zugepflastert, von denen dich die Bürgermeister-Kandidaten anstarrten.

 

Nun, ich muss sagen, dass es keinerlei Beschwerden über das neue Stadtoberhaupt gibt. Sogar den Touristen ist aufgefallen, dass es neuerdings einen Straßenreiniger in Molyvos gibt. Ab und an müssen wir aber immer noch bei der Gemeinde anklopfen und auf die Flüchtlingsboote am Strand hinweisen, die es zu entfernen gibt, aber dass ist so ein Problem, gegen das kein Kraut gewachsen ist.

 

Möglicherweise, wenn es nicht zu diesen verheerenden Waldbrände auf dem Peleponnes und der Insel Evia gekommen wäre, hätte der Grieche über ein neues Parlament nachgedacht und debattiert, aber nun sind die Menschen hier zermürbt. Sie glauben nicht mehr den Worten Karamanlis und auch nicht denen des Oppositionsführers (PASOK) Papandreou. Die drittgrößte Partei im Lande, die KKE (Kommunistische Partei) sowie die kleineren Parteien, wie die SYREZA (eine Verbindung aus kommunistischen und ökologischen Gruppen) und die Partei des rechten Flügels, LAOS (sie stellt sich gegen Juden und Immigranten) wittern nun ihre Chance und hoffen auf mehr Sitze im Parlament.

 

Der Grieche selbst, glaubt nicht an die Splitterparteien. Die KKE ist zu radikal und die beiden anderen zu unbedeutend, um Veränderung zu bringen. Sollte man also einer solchen Partei die Stimme geben, so würde dies evtl. einen Vorteil für eine der beiden großen bedeuten. Fazit: Die meisten Griechen sind bzgl. Ihres Wahlentscheides ratlos – den xero! (Ich weiß nicht!). Es werden sogar mittlerweile Stimmen laut, die sagen: „Lass Europa uns regieren!“

 

Die Einwohner der kleinen Insel Lipsi (südlich von Samos und Leros) haben einen anderen Grund, die Wahlen zu boykottieren. Sie fühlen sich von ihrem Staat im Stich gelassen, da vor 3 Jahren der Fährverkehr von Athen zu ihnen gestoppt wurde. Zwar wurde er vor einem halben Jahr wieder aufgenommen, aber das reicht den Menschen auf Lipsi nicht, denn auch die Fährverbindung nach Rhodos wurde eingestellt. Warum sollten sie eine Regierung wählen, der es völlig gleichgültig zu sein scheint, dass ihre Insel so schwer erreichbar ist. 

 

In der Geschichte Griechenlands gab es schon einmal einen ähnlichen Fall, wo eine kleine Insel genau dieses Problem hatte. Die Insulaner gingen zwar zur Wahl, weigerten sich aber die Stimmzettel nach Athen weiterzuleiten. Die Vertreter der Regierung selbst mussten kommen, das Versprechen geben, dass der Fährbetrieb wieder aufgenommen wird und bekamen dann den Wahlentscheid ausgehändigt.

Tja, und dann gibt es da noch eine andere Gruppe von Menschen, die heute nicht zur Wahlurne gehen wird: Die Leidtragenden der Feuer, die im Land gewütet haben, werden auch was anderes im Kopf haben, anstatt sich Gedanken zu machen, welche Politiker für diese Tragödie verantwortlich zu machen sind. Ihnen ist doch jetzt schon klar, dass, wer immer als Sieger aus der Wahl herausgehen wird, sie die Verlierer sind und in einigen Wochen vergessen sein werden.

 

Und somit ist es heute ein ganz normaler Sonntag. Ein ziemlich starker Wind hält die hohen Temperaturen in Schacht, Touristen schlendern am Strand entlang, und die Griechen sammeln sich in ihren Geburtsorten, da sie dort ihre Stimme abgeben müssen. Sie genießen das ausgiebige Mittagsmahl im Kreis der Familie und sind sich weiterhin nicht sicher, ob sie überhaupt wählen gehen, obwohl einige von ihnen das Geld für die Reise, bzw. einen Teil davon, von einer Partei bekommen haben. Aber da ja niemand kontrolliert, ob man dafür seine Stimme hergibt...

 

Nicht die Wahlen sind also Thema an den Mittags- und Kaffeetafeln in Molyvos und Petra, sondern vielmehr die Bankrotterklärung von Olympia, einem holländischen Reiseunternehmen. Welche Hotels und welch Pensionswirt bekommt noch Geld von Olympia? Wer steht nun auch vor der Pleite, weil er noch zehntausende Euros ausstehen hat? An diesem Fall kann man erkennen, dass die Touristikbranche immer riskanter wird. Jedes Jahr gehen nun Reiseunternehmen in Konkurs und ziehen die Besitzer kleinerer Appartementanlagen mit in den Abgrund.

 

Und so geht das Leben weiter in einem Land, in dem man den Doktor nicht nur selbst bezahlen muss, sondern die Danksagung an den Arzt im Hospital schon vor einer Operation mit einem gefüllten Briefumschlag aussprechen sollte, in dem die Gehälter zu niedrig sind und in dem die Renten zu spät oder gar nicht geleistet werden. Es geht weiter, hier, wo man Millionen Euro an Europa zurückzahlen muss, weil man es in all den Jahren nicht geschafft hat, sein Land korrekt zu registrieren.

 

Die Griechen sind durch mit ihren Spitzenpolitikern. Sie haben es satt, Versprechungen zu hören, die nicht gehalten werden. Sie sind es leid, in einem Land zu leben, das zwischen Entwicklungsland und einem modernen europäischen Staat steht. Die Griechen können nicht mehr stolz auf ihr Land sein, dafür waren die Bilder und die Kritiken zu der Feuerkatastrophe zu niederschmetternd.

Nun, wer wird also heute gewinnen? Es scheint keinen Bürger zu interessieren, denn es gibt nur das bessere und schlechtere Übel, man hat keine Wahl, weder gestern, noch heute, noch in der Zukunft. Nie habe ich die Griechen so traurig gesehen.

 

17. September 2007: Die Nea Demokratika hat mit einer Stimmenmehrzahl von 43% die meisten Sitze gewonnen, was bedeutet, dass Karamanlis mit dem Regieren des Landes fortfahren kann. Wie von den kleinen Parteien, KKE, Syreza und LAOS erhofft, haben sie Gewinne zu Lasten der großen Parteien machen können. Es ist das erste Mal seit der Militärdiktatur 1974, dass eine extreme Rechtspartei Sitze im Parlament gewinnt: LAOS kann nunmehr über 10 Sitze verfügen.

 

Und wie sieht es auf Lesvos aus? Es war ein Sieg der Nea Demokratia um Haaresbreite über die PASOK, der vielleicht mit dem Besuch Karamanlis auf der Insel zu erklären ist. Lesvos ist keine grüne Insel mehr... (Grün ist die Farbe von PASOK). Trotzdem wird Lesvos nach wie vor ein Ausnahmefall in Griechenland sein: Die Insel war früher kommunistisch, und ist es immer noch. Die KKE bekam 14% der Stimmen, mehr als doppelt so viel, wie in anderen Wahlbezirken.

 

Copyright ©Julie Smit 2007