BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
Blumen am Strand von Langada
1.Mai 2007 - „Tag der Albaner“
Aus
dem Englischen von Gabriele Podzierski Wie in anderen Ländern, ist der 1. Mai auch in Griechenland ein nationaler Feiertag. Begehen andere Nationen an diesem Datum den „Tag der Arbeit“, so ist es hier der „Tag der Blumen“. Sie werden es verstehen und der Namenswahl zustimmen, wenn Sie um diese Zeit einige Teile des Landes – so auch Lesvos – sehen: Ein wahrer Blumenteppich!
Die Natur hat ihren Höhepunkt erreicht. Üppiges, saftiges Grün ist durchzogen von abertausenden bunt leuchtenden Blüten, und manches Fleckchen lässt derzeit die berühmten holländischen Blumenfelder blass aussehen. Mit geschickten Händen binden die Frauen in den Dörfern zu dieser Zeit Blumenkränze, die ihren Platz an den Haustüren finden, und man schenkt sich gegenseitig niedliche 1.-Mai-Armbänder, die während des weiteren Jahres Glück bringen sollen.
Während in Frankreich Menschenmassen auf die Straße gehen, um an den Demonstrationen zum 1. Mai teilzunehmen, macht man hier auf der Insel Fahrten ins Grüne, besucht beliebte Ausflugsziele, wie z.B. Molyvos, schlendert entspannt am Strand entlang oder geht lecker essen. Dass der 1. Mai der Tag der Arbeit ist, geht an den Menschen hier völlig vorbei. Im letzten Jahrhundert, war Griechenland ein Land der Emigration. Zwischen 1944 und 1974 verließen ca. 1
Millionen Griechen ihre Heimat, um in einem anderen Land ihr Glück und ein besseres Leben zu finden. Die meisten von ihnen ließen sich in Amerika oder Australien nieder. In den sechziger Jahren war Westeuropa, hauptsächlich Deutschland, der Favorit. Und obwohl es auch in einigen Zeiten einen ziemlichen Zulauf von Einwanderern gab, so überwog doch stets die Zahl der Auswanderer. Die Immigranten sind zum größten Teil wieder nach Griechenland zurückgekehrt.Manchen blieb nur die Flucht aus ihrer Wahlheimat, andere
hatten genug Geld verdient, so dass es ihnen nun möglich war, sich in Griechenland einen höheren Lebensstandard leisten zu können. Auf Lesvos begegnet man häufig Einwohnern, die eine gewisse Zeit in Australien oder Venezuela verbracht haben. In den letzten 10 Jahren jedoch, sehen sich die Griechen mit einem neuen Phänomen konfrontiert: Ein Strom „fremder“ Immigranten schwappte über das Land. Die wachsende und florierende Wirtschaft wirkte sich positiv auf das griechische Schul- und Ausbildungssystem aus, und die
Griechen wurden von dem modernen Wohlstand umarmt. Dies führte jedoch zu einem Defizit an Arbeitern, vor allem an geschulten Kräften in der Bau- und Landwirtschaft. Der größte Teil der Immigranten kommt aus Albanien, dem ärmsten Land Europas und zugleich dem Nachbar Griechenlands, aber auch Rumänen und Bulgaren haben sich hierher aufgemacht. Legal oder illegal, es sind die Menschen, die Griechenlands neue Arbeiterklasse bilden und die Räder der griechischen Wirtschaft ankurbeln. Ohne diese fremdländische
Unterstützung hätten die Griechen z.B. gar nicht so mit den Olympischen Spielen glänzen können, denn es waren 60% Arbeiter aus diesen Ländern, die an der Errichtung der Austragungsorte tatkräftig beteiligt waren. Jetzt sieht man sie das Land beackern, Oliven ernten und die Häuser bauen, die sich die Griechen nun endlich leisten können. Auch auf Lesvos bestand ein Defizit an Arbeitern, das man flugs mit Albanern ausgeglichen hat und dies nicht nur in der Land- und Bauwirtschaft, sondern auch in der Gastronomie.
Griechische Zimmermädchen, Gärtner, Kellner oder Tellerwäscher sind eine Rarität geworden. Nach dem Genuss einer besseren Schul- und Ausbildung sind solche Jobs nichts mehr für die Einheimischen. Sollte man hier wirklich den 1. Mai als „Tag der Arbeit“ feiern, wäre es angebrachter, diesen den „Tag der Albaner“ zu nennen. Tag und Nacht arbeiten sie für weniger Geld als die Griechen. Am heutigen „Tag der Blumen“ putzen sie die Zimmer der Touristen, pflegen die Gartenanlagen der Hotels, beackern die Felder, spülen
die Teller in den überfüllten Tavernen und sorgen dafür, dass die letzten Handgriffe getan werden, damit die Hotels pünktlich ihre Gäste empfangen können. Die Saison hat nun wirklich angefangen, und das, obwohl im „ Hotel Alcaeos“ eine Wand in der Küche eingebrochen ist und die Gäste ihr Dinner im benachbarten „Sunrise“ einnehmen müssen, obwohl die Appartements einiger Hotels eine dermaßen minimale Ausstattung haben, dass die Gäste mit nur einem Teller und einer Gabel in der Kitchenette auskommen müssen, obwohl
einige Reiseleiter erst zusammen mit ihren anvertrauten Urlaubern in der ankommenden Maschine sitzen und somit wohl kaum vorbereitet sein können und obwohl man im „Hotel Panselinos“ mit einem Bruch in der Wasserleitung zu kämpfen hat, so dass der erste Pooltag nicht so wirklich großartig war. Also, wir halten fest: Es sind nicht mehr nur die Griechen, die Ihren Aufenthalt hier auf Lesvos, zu einer traumhaft schönen Zeit werden lassen. Ich wünsche Ihnen einen großartigen Urlaub und viel Freude und Erfolg bei dem
kleinen albanischen Sprachkurs! Copyright ©Julie Smit 2007 |