Molyvos (Mithimna)

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BOULEVARD NEWS AUS LESVOS

 

Olivennetze

27.November 2007 - Oliven-Blues

Aus dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski

Ich bin geschafft. Zwei Tage Oliven-Ernte, dass bleibt nicht nur in den Kleidern stecken. Aber ich darf nicht klagen, denn es gibt Menschen, die sich nun wochenlang damit abrackern müssen, um sich ihr Brot zu verdienen. Ich hingegen habe es aus freien Stücken gemacht, um Freunden zu helfen, und eine Oliven-Ernte, gemeinsam mit Freunden, erinnert eher an eine Party, als an Sklavenarbeit, zumal, wenn das Wetter so großartig ist, wie in den letzten Tagen.

 

Der Olivenbaum stammt aus der Region des Mittelmeeres, und man sagt, dass bereits 8000 vor Christus die Menschen seine Früchte von den wilden Bäumen sammelten. Geschätzt wird, dass mit der Kultivierung des Baumes rund 4000 v. Chr. auf Kreta begonnen wurde, das 1. Öl soll jedoch etwa um 6000 v. Chr. in Anatolien (heutige Türkei) gepresst worden sein. Zwei Inseln streiten um die Ehre, dass auf ihrem Grund der älteste Olivenbaum steht: Brioni in Istrien/Kroatien (1600 Jahre) und Kreta (2000 Jahre). Na, wir sollten nicht über die Jahreszahlen streiten, Tatsache ist doch, dass der Mensch sich bereits seit Jahrhunderten den Olivenbaum nutzbar gemacht hat, um Öl und Früchte zu genießen.

 

Homer bezeichnet in seiner Odyssee das Olivenöl als flüssiges Gold. Dem ägyptischen Pharao Tutanchamun wurden nicht nur goldene Schätze mit ins Grab gegeben, sondern auch ein Olivenzweig. Dem Sieger der Olympischen Spiele in der Antike wurde ebenfalls der Zweig eines wilden Olivenbaumes überreicht, da man daran glaubte, dass so die Lebenskraft des „heiligen“ Baumes auf einen Menschen übergeht. In der Entstehungsgeschichte der Bibel, im 1. Buch Moses, wird berichtet, dass die von Noah ausgesandte Taube mit einem frischen Olivenblatt im Schnabel zurückkehrte und er da sicher sein konnte, dass Land nicht fern war, und für Thomas Jefferson, dem 3. Präsidenten der Vereinigen Staaten, war der Olivenbaum das beste Himmelsgeschenk.

 

Nach der griechischen Mythologie, ist der Olivenbaum ein Geschenk der Göttin Athene. Als Zeus einen Wettstreit um die Namensgebung von Athen ausrief, präsentierte die Göttin den nützlichen Ölbaum und gewann damit die Stimmen der Bürger. Verlierer war Poseidon, der den Bürgern eine Quelle schenkte, die jedoch aus unbrauchbarem Salzwasser bestand. (Ganz sicher ist nicht, was Poseidon den Bürgern kredenzte, denn es wird auch gesagt, es sei ein Pferd gewesen). So kam die Stadt zu ihrem Namen und zum Olivenbaum, von dem die Griechen immer noch profitieren, denn der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch an Olivenöl ist mit 23,7 kg nirgendwo auf der Welt so hoch, wie in Griechenland (zum Vergleich: In Italien liegt er bei 13,6 kg).

 

Es sind die Männer, die beim Einbringen der Ölfrucht mit langen Stöcken in die Bäume schlagen, so dass die Oliven herunterfallen, und es sind die Frauen – in früheren Zeiten auch die Kinder -, die diese Früchte aufsammeln. Oh, ich wünschte mir, dass es nur Oliven wären, die da in die ausgelegten Netze prasseln (leider springen sie auch darüber hinaus und müssen dort einzeln aufgeklaubt werden), aber es sind auch Blätter und Zweige zuhauf, die zusammen mit ihnen herunterkommen, so dass in mühseliger Kleinstarbeit Ast- und Blattwerk aussortiert werden muss. Während ich mal wieder vor einem großen Berg Laub und Geäst saß, dass nur ein kleines Häuflein Oliven hergab, philosophierte ich mit einer Freundin darüber, dass unsere Erntearbeit nunmehr seit Jahrhunderten in derselben Art und Weise praktiziert wird, allein die Netze sind eine neuere erleichternde Erfindung, obwohl die Römer bereits Kleider unter den Bäumen ausbreiteten.

 

Obwohl es Millionen von Olivenbäumen auf Lesvos gibt, wird um die Ernte nicht viel Aufhebens gemacht, denn fast eine jede Familie besitzt ihr eigenes Olivenfeld, dessen Ertrag sie selbst einbringen. Für die größeren Haine engagiert man Albaner, Bulgaren, Rumänen oder andere preiswerte Arbeitskräfte während der Erntezeit. In Ländern, wie Italien und Spanien, wo die höchsten Exportzahlen verzeichnet werden, setzt man mittlerweile riesige Maschinen ein, die über die Bäume gleiten und das Pflücken und Sortieren übernehmen. Für mich nehmen diese monströsen Gerätschaften einer Olivenernte das besondere Flair, die Tradition und die Natürlichkeit. In Italien sind diese mit Netzen versehenen Apparaturen, die die Oliven aus den Bäumen schütteln, sogar computergesteuert.

 

Das einzige maschinellen Hilfsmittel, dem sie hier auf der Insel während der Erntezeit begegnen, ist ein, mit einer Batterie ausgestatteter Stock, der, ähnlich wie ein Staubsauger funktioniert, und dazu dient, die Oliven aufzuklauben, ohne sich bücken zu müssen. Die netteste Geschichte, die ich bezüglich der hiesigen Olivenernte gehört habe, berichtet von zwei englischen Ladies, die ihr Feld in der Nähe von Plomari haben: Sie pflücken ihre Ölfrüchte mit der Hand, waschen eine jede Frucht sorgfältig, pressen sie selbst aus und verkaufen dann das so gewonnene ganz besondere Öl an ganz besondere Menschen für einen ganz besonders hohen Preis. Auf diese Weise einen großen Gewinn zu machen, da muss man erst einmal drauf kommen!

 

Nun, ich möchte anmerken, dass es nicht so mühselig ist, die Oliven aus dem Baum zu pflücken, als sie vom Boden aufzusammeln. Das einzige Problem ist, hoch hinauf in die Äste zu steigen, um auch den entferntesten fruchtbehangenen  Zweig zu erreichen. Auf den Feldern in Spanien, die maschinell abgeerntet werden, hält man die Bäume bewusst so niedrig wie möglich. Doch so beraubt man sich doch des herrlichen Anblicks natürlich schön gewachsener Olivenbäume, die – wie hier – das Bild der Landschaft so einmalig und faszinierend prägen. Ein Kolumnist der englischsprachigen Zeitung „Athens-News“ beschrieb einmal die idealste und bequemste Methode der Olivenernte so: Die Äste absägen und dann die Früchte abpflücken!

 

Nein, hier auf Lesvos, erntet man die kostbaren Ölfrüchte noch so, wie es seit Jahrhunderten Tradition ist: Die Bäume werden geschlagen und die Oliven vom Boden aufgeklaubt. Eine anstrengende schwere Arbeit, deren Lohn aber das Öl für die ganze Familie ist, und sogar für die Angehörigen, die inzwischen in den großen Städten leben. In Europa geht man davon aus, dass das spanische und italienische Öl das beste sei, da diese Länder Export-Spitzenreiter sind. 2005 produzierte Spanien ca. 6 Mio Tonnen Öl, Griechenland dagegen 2,4 Mio. Das sagt aber doch nicht aus, dass das spanische Öl von besserer Qualität ist. Es ist vielmehr so, dass die Griechen keine Marketingspezialisten sind und noch hinzukommt, dass sie einen Großteil ihres produzierten Öls nach Italien ausführen, wo es in Flaschen abgefüllt wird, die mit einem italienischen Etikett versehen werden. Gut, auf Lesvos werden die Oliven zwar nicht alle mit der Hand gepflückt, wie das die beiden Damen bei Plomari machen, aber sie werden auch nicht wie ein Massenprodukt behandelt und unliebsam von den Bäumen gerissen. Das Öl von Lesvos ist ein faires Produkt, was besagt, dass es nach wie vor im Einklang mit der Natur gefertigt wird: Ein jeder Knochen und ein jeder Muskel des Körpers wird Sie das nach getaner Arbeit spüren lassen.

 

Heute, als wir uns am späten Nachmittag das Feld ansahen, zählten wir noch 11 Bäume, die morgen bearbeitet werden müssen. Die gute Nachricht ist, dass ein Nachbar uns frischen Fisch vorbeibringen wird und wir deshalb ein Barbecue organisieren. Sehen Sie, und dass ist das Gute einer Olivenernte auf Lesvos: Essen und arbeiten, trinken und pflücken, lachen und schwitzen, all das gehört zusammen!

 

Copyright ©Julie Smit 2007