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BOULEVARD NEWS AUS LESVOS

 

Olivenbäume

14.Oktober 2007 - Der Haushalt der Götter

Aus dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski

Als am Ende des Sommers die zerstörerischen Waldbrände über den Peleponnes fegten, klappte es mit der Hilfe erst reibungslos, als die Heiligtümer des Olymps bedroht waren, des Berges, der einst der Wohnsitz der Götter war. Journalisten aus der ganzen Welt strömten herbei, um darüber zu berichten, und es war auch der erste Ort, an dem die Zerstörungen behoben wurden.

 

Aber aus welchem Grund sollten die Götter der Antike heute noch auf dem Olymp hausen? 99% der griechischen Bevölkerung sind griechisch-orthodox, und schon lange glaubt keiner mehr an die Gottheiten der griechischen Mythologie. Die Tempel dienen dazu, an den damit angelockten Touristen Geld zu verdienen, und das Land ist übersät mit Kapellen und Kirchen, die den vielen verehrten Heiligen geweiht sind.

 

Der englischen Schriftstellerin Marie Phillips ist mit ihrem Erstlingswerk „Gods behaving badly“ ein erfolgreicher Einstieg in die Welt der Literatur geglückt (in Holland in diesem Jahr erschienen unter „Goddelijk huishouden, eine deutsche Übersetzung liegt bislang nicht vor). In diesem Roman versetzt sie den Aufenthaltsort der 12 griechischen Gottheiten in den Norden von London, und zwar nach Hampstead, wo diese seit 1665 in einem großen aber jederzeit vom Einsturz gefährdeten Haus leben.

 

Artemis, die Göttin des Mondes und der Jagd, führt professionell Hunde aus, Apollo, der Gott des Lichts, der Musik und des Orakels verdient sich etwas Geld als Medium bei einem drittklassigen Fernsehsender, Aphrodite die Göttin der Schönheit und der Liebe betreibt eine Sex-Hotline, während ihr Sohn Eros den Weg zu Gott gefunden hat und –unter seiner Kleidung verborgen- Flügel trägt. Ares, der Kriegsgott, ist dafür verantwortlich, dass die Konflikte in der Welt weiter gären und somit weiterhin Schlachten auf der Tagesordnung stehen. Hermes, Götterbote und Herr über den Handel, versucht zwischen den Gottheiten zu vermitteln. Er ist auch derjenige, der den Geist eines jeden Verstorbenen zur Schwelle der Unterwelt (Hades) bringt, der sich in der Erzählung von Phillips in einer Londoner U-Bahn-Station befindet. Dionysos, Gott der Fruchtbarkeit und des Weins, führt den Nachtclub „Baccanten“ und produziert seine eigene schwere Weinsorte. Athene, die Göttin der Weisheit, ist die Diplomatin der Familie, scheitert aber das eine und andere Mal an ihrer Schlauheit. Zeus, Herrscher über Himmel und Erde, ist inzwischen nicht nur alt und senil geworden, sondern stellt mittlerweile darüber hinaus auch eine große Gefahr dar, weil er nicht mehr wirklich vertrauenswürdig mit dem Blitz umgeht. Vorsichtshalber hat ihn deshalb Hera, seine Ehefrau und Göttin der Familie, kurzerhand auf dem Dachboden eingesperrt und versucht, sich um den Rest der Familie zu kümmern, was kein leichter Job ist. Die Götter streiten sich unentwegt um die Haushaltsführung und zanken viel. Keiner ist so richtig glücklich mit seinem jetzigen Dasein, zumal sie ja eine ganz anderes Leben kennen gelernt haben und bessere Jahre hatten.

 

Apollo ist ein ganz frecher Zeitgenosse. Die Geschichte beginnt damit, dass er einer jungen Frau auf der Straße begegnet und sie fragt, ob sie ihm mit einem „Blow-Job“ zu Diensten sein würde, was diese ablehnt. Aus Wut darüber, verwandelt er sie in einen Eukalyptusbaum (heimisch in Australien). Artemis, gerade mit dem Ausführen ihrer Hunde beschäftigt, entdeckt die arme Frau und ist dermaßen verärgert über Apollo, dass sie ihn dazu bringt, auf Styx, den Fluss des Todes, zu schwören, dass er in den nächsten 10 Jahren kein menschliches Wesen mehr töten wird.

 

Auch Aphrodite hat noch ein Hühnchen mit Apollo zu rupfen. Sie zieht bei ihren Racheplänen ihren Sohn Eros mit ins Boot: Apollo soll sich verlieben! Der Pfeil des Eros trifft Apollo, und er verliert sein Herz an die Putzfrau Alice. Alice wird diese Liebe nicht überleben, da Apollo sich nun doch mal wieder nicht beherrschen kann, und der gesamten Erde droht damit eine Katastrophe. Artemis beschließt, einzugreifen und bedient sich dazu eines Freundes von Alice. Dieser soll in den Hades hinabsteigen und bei Persephone, der Göttin der Unterwelt, um Gnade und Herausgabe von Alice zu flehen. So eben, wie Orpheus seinerzeit um seine Frau Eurydice kämpfte, was ja auch beinahe geglückt wäre, hätte er nicht zurückgeblickt.

 

„Gods behaving badly“ ist ein wirklich unterhaltsames Buch, eine originelle Erzählung, lustig und leicht geschrieben. Für Menschen, die Schwierigkeiten damit haben, sich all die Geschichten, die um die Götter ranken, ihre Namen und ihre Zuständigkeiten zu merken, ein Richtungsweiser in die Welt der Gottheiten und eine Hilfe bei dem „Who is Who?“. Phillips hat sich das alles sehr gut ausgedacht und die Götter, die andauernd untereinander im Clinch liegen, so dass alsbald jedermann den Glauben an sie verliert, mit markanten und lustigen Charaktereigenschaften ausgestattet.

 

Ist es nicht eine fabelhafte Idee, die Götter nicht nur vom Olymp herabsteigen zu lassen, sondern darüber hinaus außerhalb Griechenlands wirken zu lassen? Zeus als senilen Alten darzustellen ist doch unglaublich passend, angesichts des derzeitigen Klimawandels.

 

Während in Athen die Straßen nunmehr bereits einige Male überschwemmt waren und die Blitze niedersausten (niemand wurde verletzt!), spuckten hier auf Lesvos nur die Strommasten Funken auf den trockenen ausgedörrten Boden. Für mehre Tage sagte der Wetterbericht Regen voraus, und die Wolken zogen sich über dem Lepetymnos zusammen. Tag für Tag zog ich die Stecker aus den Steckdosen, aus Angst, der erste Blitz könne durch unsere Leitungen sausen und meinen Computer in Schutt und Asche legen. Dann waren die Wolken verschwunden und Apollo sorgte dafür, dass der Sonne Schein uns schöne herbstliche Tage schenkte. Es war schwül-warm und die Luft voller Feuchtigkeit, aber nicht ein einziger Tropfen berührte das Erdreich.

 

Am Samstag war der Himmel wieder mit Wolken verhangen, und es grollte dumpf um die Gipfel der Berge. Am Abend belagerten Gewitter die Türkei. Der Norden der Insel bot eine faszinierende Sicht auf diese vertonte Lichtshow. Erst gegen Mitternacht öffneten sich auch hier die Schleusen des Himmels und brachten dem nördlichen Teil von Lesvos die sehnsüchtig erwarteten heftigen Regenfälle.

 

Ich befürchte jedoch, dass das Wasser für die Oliven zu spät gekommen ist. Sie hängen klein und verschrumpelt, mit wenig Fruchtfleisch um die Kerne, an den Zweigen, und jetzt, mit den ersten Anzeichen von Wind, plumpsen sie schon herunter auf den Boden. All dies ist vielleicht Athene zu verdanken, die mit ihrem Haushalt in Hampstead viel zu beschäftigt ist, und vielleicht hätte sie netter zu ihrem Vater Zeus sein sollen, so dass dieser für mehr Regengüsse gesorgt hätte. Außerdem vermute ich, dass Demeter, die Göttin, die zuständig ist für die Fruchtbarkeit der Erde, allzu viel Nächte im „Baccanten“ zugebracht hat, und somit die Olivenernte auf Lesvos in diesem Jahr karg ausfallen wird.

 

Mein Vorschlag: Wir sollten Zeus aus der Dachkammer befreien, ihm hier im Kastell von Molyvos ein angemessenes behagliches Zuhause, ganz abgestimmt auf seine altersbedingten Bedürfnisse, einrichten, und dann könnte er dafür sorgen, dass die Temperaturen nicht mehr so mir nichts, dir nichts, von 27 auf 11 Grad fallen. Es ist plötzlich Winter hier!

 

Oder haben wir all das etwa Apollo zu verdanken, der vielleicht eine Nacht mit einer Frau verbracht und darüber vergessen hat, die Sonne zur rechten Zeit wieder aufgehen zu lassen? Wie auch immer, für Apollo gibt es genug Frauen hier auf Lesvos. Ist es doch die Insel der Sappho und damit Magnet für alle Weiblichkeit.

 

Für Dionysos kenne ich da einen Nachtclub in Skala Sikaminea, direkt am Meer, der zum Verkauf steht, und es wäre doch sicherlich eine Super-Herausforderung für ihn, eine neue Ouzo-Sorte zu kreieren. Artemis könnte sich um die Eber kümmern, die sich mittlerweile um den Olympos angesiedelt haben, und sie könnte auch Expeditionen für die Vogelkundler (Birdwatcher) organisieren. Aphrodite hätte die Möglichkeit, eine Sex-Hotline in englischer Sprache für Touristen zu leiten und eine Schule für Kamakis (griech. Don Juans) zu gründen. Hermes hätte genug damit zu tun, sich um den notwendigen Ausbau der Fährverbindungen zu kümmern und dafür zu sorgen, dass die Schiffe pünktlich aus- und einlaufen.

 

Also, es gibt genug zu tun für die Götter hier, und ich bin mir sicher, dass sie sich sehr wohl fühlen würden. Sie wären so glücklich und zufrieden mit ihrem Leben, dass Athene von dann an Zeit hätte, sich zusammen mit Demeter um die vielen Millionen von Olivenbäumen auf der Insel zu kümmern.

 

Wenn wir es schaffen würden, die Götter nach Lesvos zu locken, würden wir auch mit genügend Regen bedacht. Schauen Sie sich doch das Wetter in London an, wie oft regnet es da aus Eimern. Und, wann immer es mal wieder Apollo in den Sinn kommt, eine Frau in einen Eukalyptusbaum zu verwandeln, auch gut...: Ein weiterer touristischer Anziehungspunkt.

 

Copyright ©Julie Smit 2007