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BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
Die neue Olivenpresse in Molyvos
20.November 2007 -
Olivchen
Aus
dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski
Ein jedes
Mal, wenn meine Mutter eine Schüssel mit Salat auf den Tisch stellte,
kommentierte mein Vater das mit: „Yak, Kaninchenfutter!“. Mein Vater wollte
nicht wahrhaben, dass dieses „Kaninchenfutter“ sehr gesund ist. Es ist ein
Bestandteil der Mittelmeerkost, die dafür bekannt ist, eine der gesündesten der
Welt zu sein: Viel frisches Gemüse, Obst, Bohnen, Fisch, Brot und Olivenöl.
Bei den
Touristen bekannt, ist der „Choriatiki“, ein Tomatensalat, mit Feta und etwas
Schlangengurke. Auch im Winter kann man ihn bekommen, aber die Griechen mögen
ihn dann nicht. Sie essen eben halt nur das, was die Jahreszeit in ihrem Garten
hervorbringt, und das sind derzeit keine Tomaten. Jetzt kommt der grüne Salat („Marouli“),
Krautsalat und geraspelte Möhren auf den Tisch. Das Beste ist eine Mischung aus
Blattsalat, Karotten, Weiß- und Rotkohl, der „Anamichti“, der meistens mit
Kräutern, wie z.B. Dill, und Frühlingszwiebeln angerichtet wird.
Der bei uns
geläufige Name „Frühlingszwiebel“ ist nicht passend in Griechenland für diese
Zwiebelsorte, die hier, sobald der Sommer vorbei ist, gesteckt wird und dann den
ganzen Winter über geerntet werden kann. Tja, und man findet nicht nur diese
„Winterzwiebeln“ auf den winterlichen Gemüsefeldern sondern ebenso Porree, Rote
Bete, Bohnen, Kohl, große Zwiebeln, Kartoffeln, Sellerie und alle Arten von
Blattsalaten, wie z.B. Radicchio und Rauke.
Auch
Auberginen und Zucchini sind im Winter rar auf dem Speiseplan. Es ist vielmehr
Bohnenzeit: weiße Bohnen, dicke Bohnen, grüne Bohnen und die leckeren saftigen
Butterbohnen. In Holland käme ich gar nicht auf die Idee, mir in einem
Restaurant diese Hülsenfrüchte zu bestellen, aber hier sind sie einfach eine
Delikatesse. Das gilt auch für „Fava“, jenes köstliche Mus aus Erbsen. Wird es
aus grünen Erbsen zubereitet, so kann man es mit einem holländischen
Erbsensuppenpüree vergleichen, das gelbe Fava aus Kichererbsen erinnert an eine
arabische Spezialität: Humus-Dip, aber ohne Kreuzkümmel.
Die Rote
Bete wird hier nicht eingelegt sondern kommt frisch vom nächsten Feld auf den
Tisch („Panzaria“). Ihre grünen Blätter, die mitgegessen werden und
geschmacklich an Spinat erinnern, werden vor dem Kochen nicht entfernt. Serviert
werden diese roten Rüben mit „Skordalia“, einer Art Kartoffelpüree, dem eine
Menge Knoblauch zugesetzt wurde, es schmeckt einfach fantastisch zusammen.
Und dann
ist gibt es da ja noch den berühmten „Chorta“, wildes grünes Blattgemüse,
welches mein Vater als Unkraut bezeichnet hätte. Ich muss gestehen, dass ich
dieses Gericht nicht esse, weil ich es so lecker finde, sondern vielmehr, weil
es so unglaublich gesund ist. Hat man Glück, oder einen guten Koch, so bekommt
man ein „Chorta“ serviert, das nicht bitter sondern sehr mild schmeckt.
Sieht man,
wie häufig „Chorta“ auf den Tisch kommt, sollte man meinen, dass sich die
Griechen sehr gesundheitsbewusst ernähren. Eine Umfrage hat jedoch kürzlich
ergeben, dass immer mehr Griechen von der mediterranen Küche Abstand nehmen und
zum Fastfood, wie z.B. einem Souvlaki vom Schnellimbiss, übergehen. So zeichnen
sich die modernen Essgewohnheiten auch hier ab: Kinder haben Übergewicht und
essen kaum noch Obst und Gemüse.
Dass die
Griechen in letzter Zeit doch das biologische Essen für sich entdeckt haben,
sieht man daran, dass immer mehr Schilder mit der Aufschrift „Biologica“ in den
Olivenhainen aus dem Boden schießen. Da gedeihen nun biologische Oliven, aber
wie biologisch sind sie eigentlich? Nun, ich denke, dass nicht der
gesundheitliche Aspekt ausschlaggebend dafür war, dass diese Schilder dort
hängen sondern die Tatsache, dass die so gekennzeichneten Öko-Oliven mehr Ertrag
bringen. Früher wurden allerlei Pestizide benutzt, um schädliche Fliegen
abzuhalten. Flugzeuge flogen über die Insel und bedeckten die Haine mit
toxischen Wolken. Heute ist auf einem jeden Feld, dass mit „Biologica“
ausgewiesen ist, dieses Giftsprühen strikt untersagt. Heutzutage werden kleine
Plastiktütchen in die Bäume gehängt, die mit Eiern von Insekten gefüllt sind,
die natürliche Feinde der schädlichen „Oliven-Fliegen“ sind. Aber ob wirklich
alle „biologischen“ Felder diese Maßnahme wirklich ergreifen, ist fraglich. Für
Griechen bedeutet ein ökologischer Anbau eben nur, dass wirklich starke
Pflanzenschutzmittel, wie z.B. DDT, keine Anwendung mehr finden.
Fakt ist,
dass der Regen, der jetzt seit ungefähr einem Monat herunterprasselt, zur
rechten Zeit kam und die Olivenernte gerettet hat, auch wenn er andererseits
verheerende Überflutungen mit sich brachte und 2 Todesopfer im Nordosten von
Griechenland forderte. Waren die Oliven vor einigen Wochen noch klein und
schrumpelig, so verwandelten sie sich binnen kürzester Zeit in gesunde pralle
ölhaltige Früchte.
Die alte
Olivenpresse in Molyvos
In Molyvos
liegt Anspannung in der Luft, da die alte Olivenpresse durch eine neue ersetzt
werden musste. Typisch griechisch, geschah dies um fünf vor zwölf. Heute kamen
die ersten Säcke voll von Oliven an, damit diese Ölfrüchte in dieses wundervolle
grün-gelbe Gold verwandelt werden. Die Bauern strahlen, denn die Erfahrung sagt,
dass ein besonders heißer Sommer eine großartige Olivenqualität hervorbringt.
Mein Lachen
ist derzeit etwas verhalten, denn auf unserem Land hängen die Olivenbäume so
voll, dass die Ernte statt einem Tag zwei Tage beanspruchen wird, und dabei habe
ich doch Freunden versprochen, ihnen beim Einbringen ihrer Früchte zu helfen,
nichts ahnend, dass die Oliven uns in so kurzer Zeit mit einem solch üppigen
Comeback überraschen würden...
Copyright ©Julie Smit 2007 |