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BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
20.März 2007 - Wasser-Haushaltung
Aus
dem Englischen von Gabriele Podzierski
Nun, viel Wasser haben wir noch nicht gesehen. Und schon gar nicht das von den vielen Regenschauern, die für diese Woche vorhergesagt wurden. So müssen wir geduldig warten und darauf hoffen, dass uns die Götter nicht vergessen. Fakt ist, dass Lesvos eine grüne Insel ist, und ich hoffe, dass sie nicht in so große Bedrängnis kommt, wie das bei den Kykladen der Fall ist. Hier ist man gezwungen, den kommenden Sommer das Wasser in alter Manier zu importieren: Per Schiff. Die Kosten dafür? Sage
und schreibe 7 Euro der Kubikmeter! Einen Vorteil hat die Trockenheit unserer Insel ja: Wir können derzeit alle Staubstraßen problemlos befahren, ohne Angst haben zu müssen, im Matsch stecken zu bleiben. Gestern folgten wir von Plomari aus dem Fluss Sedoundas bis hin zu seiner Quelle. Wir befuhren einen atemberaubenden Weg, der sich nach dem schlängelnden Fluss richtete und durch wild wuchernde Wälder führte, in denen seit Jahrhunderten unberührte Oliven-Gärten friedlich schlummern.
Prächtig blühende Blumen setzen leuchtende Farbakzente ins dunkle Grün. Meiner Meinung nach, ist die schönste unter ihnen die „Kirmes-Anemone“. Noch nie gehört? Den Namen hab ich ihr ja auch gegeben. Sie hat eine dermaßen leuchtend-pinke Klümpchenfarbe, dass ich unwillkürlich an einen Jahrmarkt denken muss. Manch ein Exemplar ist so grell, das es in den Augen schmerzt. Finden kann man diese Anemonen scheinbar nur an den höher gelegenen Hängen der Berge um den Olympos.
Kurz bevor man die Quelle des Sedoundas erreicht, fährt man eine scharfe Kurve und kann dahinter den neuen Stausee von Plomari sehen. Na ja, Stausee... Er trägt halt nur ein klein wenig Wasser in sich. Seit Jahren nun arbeitet man daran, aber eine Fertigstellung ist nicht in Sicht. Was man sieht, ist ein großes Becken, das mit Plastik ausgekleidet ist. Diese Abdeckung wird mit Säcken und Steinen fest positioniert, die wiederum mit Tauen miteinander verbunden sind. Ich weiß ja, das Griechen Plastik lieben... aber, ob das der richtige Weg ist,
einen Stausee anzulegen? Zwischen Molyvos und Petra gibt’s auch noch ein großes Wasserreservoir. Nein, ich muss mich anders ausdrücken: Es g a b dort einmal einen Stausee, denn seit 2 Jahren ist er leer. Und zwar nicht aufgrund von Wasserknappheit sondern weil er leckt. Riesiges dickes schwarzes Plastik formt den Boden des Beckens. Es sieht schon sehr befremdend aus: Wie ein riesiger schwarzer See aus schwarzem Plastik, mit einer Wasserpfütze in der Mitte und dem normalen griechischen Müll und einigen
verendeten Tieren, die Bauern darin entsorgt haben. Ich habe keine Ahnung, ob und wann diese Hässlichkeit beseitigt wird, aber ich denke, diesen Sommer werden es einige vernünftig denkende Griechen bedauern, dass bisher keinerlei Reparaturmaßnahmen in die Wege geleitet wurden. Die Bewohner Plomaris sind der Ansicht, dass der neue Stausee Unsinn sei, denn bislang ist man ja auch ohne ihn ausgekommen. Sie halten den Bau für reine Geldverschwendung, aber derzeit sind es ja Europa-Subventionen, die ihn ermöglichen
und auch die Kosten für die Instandsetzung des Sees zwischen Molyvos und Pétra decken. Dass die Griechen sehr wohl in der Lage sind, Stausseen zu bauen, beweist der Plastiras See in Thessaly, einer Region auf dem griechischen Festland. Der Damm wurde Ende der 60er Jahre errichtet und der See versorgt nicht nur allein das Gebiet mit Wasser und Elektrizität, sondern er ist auch zugleich ein Touristenmagnet. Der Plastiras See ist bekannt für seine wunderschönen Strände, ist für Wassersportaktivitäten ideal und
bietet Fotografen atemberaubende Motive. Daran sollten die Plomarier mal denken, eh die Arbeiten an ihrem Stausee vollends stagnieren. Ein funkelnder blauer See inmitten der majestätischen Berglandschaft wäre fantastisch anzusehen. Und, wie in Thessaly, würde dies außer der Energie auch noch Touristen bringen. Dies gilt auch für das Wasserbecken zwischen Molyvos und Pétra, obwohl es lange nicht so idyllisch liegt, wie
das bei Plomari. Nicht umrahmt von stolzen Bergen, und ein interessanter Staudamm ist auch nicht da. Sogar, wenn es voller Wasser wäre, böte es einen hässlichen und durch die schwarze Plastikauskleidung auch einen unnatürlichen Anblick. Für diesen See muss man sich also mehr einfallen lassen, als nur die Löcher zu flicken, wenn man dort ein Erholungsgebiet schaffen möchte. Weder die Wasserhaushaltung, noch die vorausschauende Planung und Durchführung gewinnbringender Großprojekte sind die Stärken der Griechen.
Es scheint, als lassen Molyvos und Petra mal wieder eine gute Möglichkeit, die Umgebung noch attraktiver zu machen, ungenutzt. Was halten Sie von einem schwimmenden Restaurant auf dem Stausee? Oder von Hausbooten oder gar einem auf den Fluten treibenden Hotel? Wie gefällt Ihnen die Idee einer romantischen Ruderbootsfahrt auf dem See, der sich im Winter dann in eine einladende Eisbahn verwandelt? Copyright ©Julie Smit 2007 |