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BOULEVARD NEWS AUS LESVOS

 

Ouzo von Lesvos

4.November 2007 - “Ouziotary”

Aus dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski

Endlich fällt Regen auf die Insel, es wurde Zeit. Die Natur blüht auf in diesen nassen Tagen, und die Ouzo-Erzeuger müssen sich keine Gedanken mehr um mangelndes Wasser für ihre Produktion machen. Viele der Ouzo-Produzenten erklären die sehr gute Qualität ihrer Marke damit, dass für die Herstellung das mineralhaltige und wunderbar mundende Wasser von Lesvos verwendet wird. Tja, und wie viel Wasser muss dann schon aus den Bergen strömen, wenn die Ouzo-Fabriken unter Volldampf laufen.

 

Es entspricht nicht ganz der Wahrheit, dass sämtliche Zutaten von der Insel stammen. Der Alkohol für die 1. Destillation wird hauptsächlich aus der Haut der Weintraube erzeugt, und da die Reblaus Mitte des 20. Jahrhunderts alle Weinstöcke auf Lesvos zerstörte, gab es jahrelang gar nicht genug Trauben, um die erforderliche Alkoholmenge für die Ouzo-Produktion herzustellen. So mussten zusätzliche Mengen, von anderswo importiert werden. Tatsache ist aber, dass der Ouzo von Lesvos einfach der beste von ganz Griechenland ist! So verwendet man in Plomari für die 2. Destillation zu fast 100% Alkohol, der aus der so genannten Ouzohefe gefertigt wird (das griechische Gesetz besagt, dass der Anteil bei mindestens 20% liegen muss). Letztes Jahr bekam Griechenland das Exklusivrecht für Ouzo von der EU zugesprochen.

 

Nun, aus was, außer dem Alkohol, besteht das griechische Nationalgetränk denn sonst noch? Hauptbestandteile sind Anis und Fenchel, aber auch Kardamom, Mastix, Muskatnuss, Zimt oder Nelken werden als Zutaten gebraucht. Mmmhh, welch ein leckerer Kräuterschnaps. Dazu diesen frischen Lakritzgeschmack, den die eine Marke mehr und die andere weniger aufweist. Auf Lesvos gibt es viele Ouzo-Sorten. Im Laden der Oliven-Kooperative in Molyvos zählte ich kürzlich 40 verschiedene. Die größten Hersteller haben ihren Sitz in Mytilini und in Plomari. Die Geschmäcker sind verschieden, und so gibt es Menschen die Plomari-Ouzo lieben und andere wieder, die den Ouzo aus Mytilini bevorzugen. Auch kleine Dörfer, wie Agia Paraskevi, Skalochori und Petra stellen ihren eigenen Ouzo her, aber diese Marken gelangen nur zu lokaler Bekanntheit.

 

Ouzo zu trinken ist nicht nur eine Sache des persönlichen Geschmacks, außer man „kippt“ ein Gläschen einfach so, es ist zudem eine Kunst und ein kulinarischer Hochgenuss. Wann immer man einen Ouzo bestellt, kann man gleichzeitig auch „kleine Häppchen“ dazu ordern (Mezedès), wie z.B. Fischchen, die, meines Erachtens, geschmacklich die beste Begleitung zum Ouzo sind. Von der Auswahl an Mezedès kann man auch auf die Qualität der Taverne schließen. Kann man Ihnen keine Häppchen zum Ouzo anbieten, ist das kein gutes Zeichen. Sollte Sie ein Grieche zum Ouzo einladen, so können Sie dies als eine Einladung zum Abendessen betrachten.

 

Also verbrachte auch ich einige Stunden in der Küche, um kleine Köstlichkeiten herzustellen, als ich vor kurzem Freunde zu einer „Ouzo-Probe“ eingeladen hatte. 13 verschiedene Ouzomarken hatte ich besorgt und die Tafel sehr dekorativ damit bestückt: „Matis“, „Ouzo Plomario“, „Pitsiladi“, „Smyrnio“, „Mini“, „Fimi“, „Samara“, „Tikkeli“, „Kefi“, „Varvayanni“, „Psaropoela“, „Petra“ und „Yannatsi“. Der prozentuale Alkoholgehalt lag zwischen 39% („Matis“) und 46% („Varvayanni“). Auch einen türkischen Raki (45%), den ich noch unter unseren Vorräten fand, haben wir zum Schluss in den Test miteinbezogen, um etwas „frischen Wind“ in all diese Lesvos-Produkte zu bringen. Und, ich muss Ihnen sagen, diese türkische Ouzo-Variante schnitt gar nicht mal schlecht ab.

 

Bevor der Geschmackstest begann, befürchtete eine Freundin, dass wir uns am nächsten Tag wahrscheinlich alle ziemlich schlecht fühlen würden. In diesem Fall wäre nicht der Alkoholmenge die Ursache, denn Ouzo kann sehr gesund sein, besonders wenn man Probleme mit dem Magen hat, sondern das Problem wäre der Genuss all dieser unterschiedlichen Marken hintereinander gewesen. Aber, wir machten es richtig: Schmeckte uns eine Sorte nicht, so spuckten wir den Schluck – wie es bei einer Weinprobe praktiziert wird -  einfach in ein eigens dafür aufgestelltes großes Glas. Also ging es gut aus, bis auf dass wir tagelang keinen Ouzo mehr sehen konnten.

 

Um den Geschmack der jeweiligen Sorten beschreiben zu können, mussten wir unser Vokabular voll ausschöpfen und einige Worte neu erfinden: Wir stellten fest, dass Ouzo fruchtig, mild, voll, parfümiert, chemisch, schrecklich oder wie Abwaschwasser schmecken kann. Wir bezeichneten ihn als sanft oder stark, brennend auf der Zunge oder im Abgang, manchmal hieß es einfach nur „nicht schlecht“ oder ungenießbar. Dann konnte man ein Ok und ein anderes mal einen angewiderten Laut wie „oark“ und „iieehh“  hören. Der Geruch ließ uns an Lakritz, Benzin oder gar Spülwasser denken.  Ich kann aber sagen, dass eine jede einzelne Marke ihren eigenen Geschmack hatte und sich von den anderen unterschied. Spuckten einige von unseren Freunden den Plomari-Ouzo aus, genoss ich mein Glas, aber bei 4 Marken waren wir uns einig: „Mini“, „Kefi“ und „Pitsiladi“ waren die Gewinner, während „Tikkeli“ bei jedem geschmacklich voll durchfiel.

 

Nach 14 Ouzo/Raki-Runden  hatten wir keine Energie mehr, das Design der Flaschen zu bewerten. Dabei war das neue Label des „Mini“ eigentlich für mich Anlass für die Ouzo-Probe. Das vergnügte Mädchen, dass seit den 60er Jahren auf der Flasche tanzte, ist durch eine moderner aussehende junge Frau ersetzt worden. Diese scheint wilder zu tanzen, ihr Rock schwingt etwas höher, die Schuhe hat sie ausgezogen, und die Beine, von denen man nun mehr sieht, haben eine gesunde braune Farbe. Aber, sie schaut nicht so glücklich drein, wie das Mädchen aus den Sixties. Wichtig ist jedoch, dass der Geschmack des „mini“ sich nicht verändert hat, wie das beim „Malamatina“ passiert ist, unserer bevorzugten Retsina-Marke. Uns wurde in diesem Sommer eine Flasche mit einem völlig veränderten Etikett vorgesetzt, und zu unserem Entsetzen mit einem Inhalt, der nicht mehr so gut schmeckt, wie unser „alter Malamatina“, den wir so lieben gelernt haben. So haben wir es uns in diesen Sommer zur Aufgabe gemacht, all die Tavernen, die noch einen alten „Malamatina“-Bestand hatten, bei der Leerung zu helfen.

 

Seit der Antike gibt es Anisschnäpse in Griechenland, wie z.B. den Tsipouri. Der Ouzo tauchte Mitte des 19. Jahrhunderts auf. So kam z.B. Efstathios J.. Varvayannis im Jahr 1860 nach Lesvos und baute sein Haus in Plomari. Er lernte die Kunst der Destillation in der russischen Stadt Odessa und setzte seine Kenntnisse mit den damals berühmten Weintrauben und dem geschmackvollen Wasser der Insel um und fügte Anis hinzu. Noch heute ist dieses Geheimrezept in Familienbesitz und dient der Herstellung des „Varvayannis-Ouzo“. Besuchen Sie das „Varvayannis-Museum“ in Plomari, und Sie erfahren viel Interessantes über Tradition, Entstehung und Neuerungen in der Herstellung des Nationalgetränks.

 

Als Griechenland sich vom Joch der türkischen Besetzung befreite, gelangte der Ouzo zu großer Popularität. Man sah ihn als Ersatz für den Absinth, dessen Genuss nicht nur Vincent van Gogh sondern vor allem einen Teil der französischen Bevölkerung seinerzeit in den Wahnsinn führte. Ouzo dagegen ist kein gefährliches Getränk, obwohl das Gerücht auf der Insel kursiert, dass die Einwohner von Plomari, die neben anderen Sorten aus ihrem Dorf auch den hochprozentigen „Varvayannis“ trinken, ein wenig verrückt seien. Eine lokale Redensart: „Nehmen Sie sich nie eine Frau oder einen Esel aus Plomari“.

 

Die einzige Gefahr beim Ouzotrinken ist, dass man nicht aufhören kann. Ein Glas Ouzo schmeckt nach mehr, 2 Gläser schmecken nach noch mehr, und nach dem Genuss von 3 Gläsern, hat man Lust auf eine weitere Flasche (in den meisten Tavernen werden 200-ml-Flaschen serviert). 4 Gläser schmecken nach guter Gesellschaft, und wenn dann der Fisch immer noch nicht auf dem Tisch steht, verliert man eh den Überblick, über die Anzahl der getrunkenen Gläser.

 

Der „Pitsiladi“ kommt auch aus Plomari, und nach unserer Ouzo-Probe kann ich nicht mehr sagen, dass ein jeder Ouzo mir bekommt, es sei denn, er wurde in Plomari hergestellt. Dann möchte ich an dieser Stelle erwähnen, dass ich einige Plomarier kennen gelernt habe, und das sind sehr nette Leute. Plomari kann sich mit Recht als die Ouzo-Stadt der Insel (und von Griechenland) bezeichnen, denn sie produzieren wirklich einen Ouzo von guter Qualität. Zugegeben, haben die meisten Marken einen stark parfümierten Geschmack, was aber wiederum gerade für die meisten Leute die Qualität ausmacht. Der größte Ouzo-Produzent in Mytilini, der „Mini“, war jahrelang im Besitz der französischen Firma „Pernod Ricard“. „Mini“ bleibt ein lokales Produkt, aber mit einem ausländischen Geschmack. Das neue „Mini-Mädchen“ tanzt weiterhin, aber sie sieht müde aus und scheint zu rufen: „ Hilfe, ich falle!“ Nun, vielleicht ist die Zeit gekommen, meine Lieblingsmarke zu wechseln...

 

Copyright ©Julie Smit 2007