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BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
Ziegen in einer „Plastik“-Landschaft
27.Februar 2007 - „Alkionides Tage“
Aus
dem Englischen von Gabriele Podzierski
Wenn ich schreiben würde, dass die „Alkionides Tage“ „een beetje uitgelopen zijn“ (ein bisschen ausgelaufen sind), dann wird derjenige, der meine Texte sprachlich korrigiert, mich sicherlich verbessern. Ja, ich muss zugeben, dass mein Holländisch weit davon entfernt ist, korrekt zu sein und ich weit unter dem Durchschnitt liegen würde, wenn ich an der niederländischen TV-Sendung „Diktat in holländischer Sprache“ teilnehmen würde.
Ich habe einen Freund, der meine Kolumne Korrektur liest, und er verbessert nicht nur allein meine Sprache sondern manchmal auch den Inhalt. So auch bei den News vom 26. Januar. Ich berichtete darin über den traditionellen „Kleinen Sommer“ im Januar. Er sagte mir, dass dies die „Alkionides Tage“ (auch „Halcion Tage“ genannt) seien und dass der „Kleine Sommer“ mehr mit dem „Indian Summer“ im Herbst zu vergleichen sei. Ich versprach ihm Rektifikation.
Alcyone, die Tochter von Aeolus, dem Gott der Winde, heiratete einen Sterblichen, und zwar einen König, mit Namen Ceyx. Dieser ertrank ganz jämmerlich bei einem schweren Sturm, und Alcyone war dermaßen betrübt darüber, dass sie sich ins Meer stürzte und ebenfalls umkam. Die Götter hatten Mitleid mit den beiden Liebenden und verwandelten sie in zwei Eisvögel. Aeolus sorgte dafür, dass die Winde - und somit auch das Meer - für 2 Wochen im Januar ruhig waren, so dass die beiden Seevögel in aller Ruhe ein Nest auf den Felsen bauen konnten, um darin Eier zu legen.
So haben die warmen und windstillen „Alkionides Tage“ ihren Platz im Januar gefunden, in der Zeit, in der man eigentlich Sturm und Kälte erwartet. In diesem Jahr kamen sie Anfang Januar, nein, halt... vielleicht war es auch Ende Januar? Tatsache ist, dass dieser Winter einen warmen Tag nach dem anderen produziert. Es sind auf jeden Fall so viele, dass es sich dabei nicht immer noch um Ausläufer der „Alkionides Tage“ handeln kann. Während sich über dem
restlichen Europa der Regen eimerweise ergießt, werden die Schauer, die über Lesvos niedergehen sollen und wollen, von Sonne und Wind vertrieben. In ganz Griechenland macht man sich Sorgen. Wenn sich die Trockenheit des Winters fortsetzt, wird man im Sommer das Wasser mit Tankschiffen zu den Kykladen bringen müssen, und in allen Teilen des Landes werden die Leitungen für Stunden täglich abgesperrt sein. Der Direktor der griechischen Energieversorgung ist extrem beunruhigt. Nicht nur, dass es durch die geringe
Wassermenge Probleme mit der Elektrizität geben wird, es kommt ja auch noch dazu, dass seit Jahresbeginn 77% weniger Strom aus Bulgarien geliefert wird, da zwei Kernkraftwerke in der Nähe von Sofia aus Sicherheitsgründen stillgelegt wurden. Während sich ganz Griechenland über die ansteigende Touristenzahl freut, leidet dieser Mann an Albträumen, wenn er diesbezügliche Vorausschauen liest. Ihm wird mehr und mehr bewusst, dass er es in der Hochsaison nicht schaffen wird, genügend Energie zu liefern, was bedeutet,
dass wir im kommenden Sommer im Dunklen auf dem Trocknen sitzen werden. Der einzige Trost, den wir hier auf Lesvos im Hinblick auf die kommende schwere Zeit haben, ist, dass das hiesige Elektrizitätswerk in Händen eines guten Managements ist. Letzte Woche traf Jan im „Lidl“ einen jungen Niederländer, der sehr überrascht war zu hören, dass auf der Insel Holländer leben, die griechisch sprechen. Er hat bis jetzt noch nichts von Lesvos, außer dem Elektrizitätswerk in Mytilini, gesehen, für dessen Funktion er seit
einigen Monaten verantwortlich ist und auch noch während der Sommermonate sein wird. Gut für uns! Wenn die schweren Zeiten ohne Strom da sind, können wir unsere Beschwerden in der Muttersprache vorbringen. Die Griechen fürchten sich ein wenig vor Veränderungen und öffnen sich Alternativen nur ungern. Wenn man nur mal ins Internet schaut (was der Grieche äußerst selten tut), wird man auf so viele Möglichkeiten des Energiegewinns stoßen.
Nehmen wir zum Beispiel England: Im Jahr 2005 exportierten die Engländer 280.000 Tonnen Raps, aus dem Bio-Kraftstoff hergestellt werden kann. Auch Bioabfall kann in Brennstoff umgewandelt werden: Amerika produziert jährlich 11 Billionen Tonnen Bio-Öl, hergestellt aus pflanzlichen Abfallprodukten, bezogen hauptsächlich von Kartoffelplantagen, Tiefkühlfabriken und Fast-Food-Restaurants. Man sieht, selbst ungesunde Kost ist letztlich für etwas gut. Diesen
Monat hat die griechische Regierung Investoren für Windenergie grünes Licht gegeben. Aber jedermann weiß, wie die Uhren hier in Griechenland gehen: Bis zur Realisierung dieser Vorhaben, wird noch viel Zeit ins Land gehen. Dies gilt auch für Christos Zafiris, dem Leiter des Projekts „Neue Energiequellen“. Er erklärte, dass der Tierabfall, der pro Jahr in Griechenland produziert wird, ausreichen würde, um einige Elektrizitätswerke laufen zu lassen. Hoffentlich hat auch der schlaflose Energie-Direktor diesen Artikel gelesen... Aber ich habe da so meine Zweifel daran, dass die griechischen Bauern nun
Schafs- und Ziegenköttel aufklauben und sie verschiffen... Im Prinzip, hat Griechenland genug alternative Energiequellen: Heißes Wasser, das an so vielen Stellen aus dem Boden sprudelt, Olivenöl in Massen, Rapsfelder, Tierabfall. Besser wäre es aber schon, wenn man Plastiktüten in Energie umwandeln könnte: Autos, die man mit Plastiktüten betanken könnte! Na, dann bräuchte man sie nur noch mit einer Apparatur aufzurüsten, die diese Tüten automatisch anzieht, während man durch die vermüllte Landschaft fährt.
Griechenland hat Abfall satt, nun muss dieser nur noch einer ökonomischen Bestimmung zugeführt werden. Copyright ©Julie Smit 2007 |