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BOULEVARD NEWS AUS LESVOS

 

Die „Gewelltblättrige Tulpe“ (Tulipa undulatifolia)

Die „Gewelltblättrige Tulpe“ (Tulipa undulatifolia)

 

1.Mai 2011 - Tulpen aus dem Osten

Aus dem Holländischen von Gabriele Podzierski 

 

Holland ist bekannt für seine Blumenzwiebeln und besonders für die Tulpen. Die Tulpe ist aber ebenso die Blume der Türkei, und so, wie die Tulpen aus Amsterdam, sollten eigentlich auch die Tulpen aus Istanbul berühmt sein.

 

Man weiß ja, dass die holländischen Blumenzwiebeln – vor allem die Tulpen – ursprünglich aus dem Gebiet der heutigen Türkei kommen (s. Lesvos-News 20.4.2008) Was ich noch nicht wusste, ist, dass sich auch die Türken ziemlich skurril bezüglich Tulpen verhalten. Der Name dieser besonderen Blume ist während des Osmanischen Reichs entstanden und kommt von dem persischen Wort für Turban = „dulband“. Diese Namensgebung ist entweder auf die turbanähnliche Form der Tulpe zurückzuführen oder auf die Tatsache, dass die Osmanen damals so begeistert von der Blume waren, dass sie ihre Kopfbedeckung damit verzierten.

 

Und sie waren ziemlich Tulpen-verrückt: Nachdem Kaufleute aufgrund der Spekulationsgeschäfte, während der Tulpenzwiebel-Hausse (1630-1637) in Konkurs gegangen sind, begann im Osmanischen Reich mehrere Jahrzehnte danach eine andere Tulpenmanie: Die „Tulpen-Epoche“ (auch „Tulpenzeit) dauerte mit 12 Jahren, von 1718 – 1730, lang genug, um in den Geschichtsbüchern aufgenommen zu werden.

In dieser Zeit, wurde dem Großwesir Ibrahim Pasha bewusst, dass Handel besser als Krieg ist, und er forcierte daraufhin die Handelsbeziehungen zwischen dem Osmanischem Reich und dem Westen. Tja, und da der Krieg dann nicht mehr Tagesthema war, galt es, sich auf etwas anderes zu konzentrieren, und da richtete die Elite ihren Fokus auf Blumen. Favoritin wurde schnell die Tulpe, war sie doch die Lieblingsblume des damals regierenden Sultans Ahmed III. Jedes Jahr im Frühjahr, richtete dieser Herrscher legendäre glanzvolle Feste in den Gärten seines Palastes aus, an denen sich die Partygäste nicht nur an den gepflanzten Tulpen erfreuen konnten, sondern es wurden aus Istanbul auch tausende dieser Blumen angekarrt, die in hunderten von Vasen an Pfade, Mauern und andere tulpenlose Stellen platziert wurden. Die Feierlichkeiten fanden abends statt, und so wurden die Gärten effektvoll mit Lampen und Kerzen in Szene gesetzt. Selbst Schildkröten, schlurften mit kleinen Laternen, befestigt auf ihren Panzern, zwischen den Beeten umher. Man diskutierte über die neuesten Gartenbautrends, und eine Blumenschau war Höhepunkt des Abends, so wie z.B. die Kür der schönsten Tulpe. Wer diese präsentierte, wurde mit einem Säckchen Gold und einer vom Sultan unterzeichneten Urkunde belohnt.

 

Die Tulpe blieb die Zierde eines osmanischen Gartens, und ihr Bildnis ist seitdem überall wiederzufinden, ob auf Tischdecken, Kleidung, Schildern, Büchern, etc. In der heutigen Zeit prangt ihre Abbildung selbst auf den Flugzeugen der „Turkish Airlines“, und Istanbul lässt jährlich um die 3 Mio Zwiebeln in den Grünanlagen pflanzen. In dieser Stadt gib es sogar eine türkische Version vom holländischen „Keukenhof“: Den „Emirgan Park“, direkt am Bosporus gelegen. Angelegt wurde dieser bereits im 17. Jahrhundert und ist einer der größten Parks in Istanbul. Neben einer eindrucksvollen Anzahl besonderer Bäume und Pflanzen, wird dort seit 2005 jährlich ein Tulpenfestival präsentiert, das mit Sorten- und Farbenvielfalt fasziniert.

 

Das heutige türkische Wort für Tulpe ist „lale“, und hiervon leiten sich die „Lalades“ ab, die wilden Tulpen von Chios. Zweifellos werden auch in den Gärten dort Tulpen blühen, aber die ägäische, direkt unterhalb von Lesvos liegende Insel, ist berühmt für ihre Wildtulpen, deren sechs verschiedene Sorten in dieser Jahreszeit an vielen Stellen anzutreffen sind.

 

Lesvos ist nicht bekannt für diese Blume, aber auch hier wachsen 4 verschiedene Wildtulpenarten. Ich finde es recht schwierig, sie zu finden, da sie aus der Ferne dem Klatschmohn ähneln, welcher in dieser Jahreszeit ebenfalls feuerrote Farbpunkte in die Insellandschaft setzt. Es ist doch bei dieser Vielzahl unmöglich, zu jedem vermeintlichen Mohn zu laufen, um zu überprüfen, ob es nicht doch eine Tulpe ist, und so findet man sie entweder zufällig, oder man hat die Info, wo sie gedeihen.

 

Während der Tulpenzeit habe ich Chios noch nicht besucht, und so weiß ich auch nicht, ob man dort endlos nach einem Tulpenfeld Ausschau halten muss. Hier, auf Lesvos, kann eine Tulpensuchtour Stunden dauern, denn sie wachsen vor allem an abgelegenen und schwer zugänglichen Stellen, so wie oben in den Hängen der Berge Lepetimnos und Olympos und bei Klapados. Gestern jedoch habe ich wilde Tulpen bei Vrisa entdeckt. So ungewöhnlich der Ort war, an dem sie standen, nämlich an einem Hang, inmitten eines Waldes, so ungewöhnlich war auch ihr Aussehen: Ausgesprochen keck und fröhlich geformtes Blattgrün sowie prächtige, spitz zulaufende, rote Blütenblätter: Die „Gewelltblättrige Tulpe“ (Tulipa undulatifolia). Gerüchten zufolge, soll es auf Lesvos auch gelbe Wildtulpen geben... Wer gibt den goldenen Tipp?

 

Heute ist der 1. Mai, der Tag, an dem in Griechenland der Beginn der Sommersaison, der Tag der Arbeit und der „Blumentag“ gefeiert wird. Blumenkränze werden überall aufgehängt, mit kleinen Sträußchen die Autos geschmückt, und viele Griechen gehen für ein Picknick raus in die Natur (oder sie picknicken in einer Taverne). Lesvos präsentiert sich derzeit in einem umwerfend farbenprächtigen Blumenkleid, aber ich muss zugeben, dass so ein Feld wilder Tulpen mich sehr stark beeindruckt, denke ich doch sehnsuchtsvoll an die Amsterdamer Blumenstände, übervoll mit farbenprächtigen Tulpen, von denen man Wälder mitnehmen kann, um sie daheim in Vasen zu stellen, in denen sie munter weiter wachsen und Tag für Tag das Herz erfreuen. Ich verstehe die Tulpenmanie voll und ganz, und wenn ich einmal viel Geld hätte, dann würde ich auch damit anfangen, ...