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BOULEVARD NEWS AUS LESVOS

 

Ackerbohnen (auch Dicke Bohnen/Saubohnen genannt) haben schöne Blüten

Ackerbohnen haben schöne Blüten

(auch Dicke Bohnen/Saubohnen genannt)

 

25.Mai 2011 - Bohnen-Blues

Aus dem Holländischen von Gabriele Podzierski 

 

Sie genießen einen herrlichen Frühlingstag und dann plötzlich, zack, ganz unerwartet, ist der Sommer da. Dieses Mal hat es ziemlich lange gedauert, bis sich dieser Tag eingestellt hat, denn Jahre zuvor hatten wir zur selben Zeit bereits erste Hitzewellen überstanden, aber egal, jetzt ist er endlich da, der Sommer, obwohl er nur widerwillig Einzug hielt.

 

Mit so viel Enthusiasmus, wie man den Sommer willkommen hieß, wurden auch die ersten frischen Bohnen des Jahres begrüßt: Sie sind wieder da, die „koukia“ (Acker-, Sau- oder Dicke Bohnen) und das einige Wochen früher, als der Sommer...

 

„Koukia“ (ficia faba), früher, und noch stets in einigen Ländern „favas“ genannt, wurden schon 6.000 Jahre vor Christus im östlichen Mittelmeerraum gegessen. Weitere Verwendung fanden die Bohnen bei den alten Griechen aber auch, um auszulosen, welche Kämpfer bei der Sportart „Pankration“, die Elemente von Ringen und Boxen ineinander vereinte, gegeneinander antreten, und im antiken Griechenland wurden die Bohnensamen beim Wahlgang im Parlament verwendet: Schwarzer Samen war das Zeichen für die Ablehnung eines Antrags, weiß bedeutete Zustimmung.

 

Kein Quatsch, die Griechen hatten sogar ein Bohnengott: Kyamites. Dieser etwas mysteriöse Gott, der über das Bohnenwachstum wachte, hatte sogar seinen eigenen Tempel, und zwar auf dem Weg von Athen nach Eleusis, einem Ort in Attika, wo Feste zu Ehren der Erntegöttin Demeter abgehalten wurden.

 

Der berühmte Mathematiker und Naturwissenschaftler Pythagoras (ca. 570-495 v. Chr.), geb. auf Samos, war auch ein Philosoph und Reformer, der stets eine Gruppe Schüler, bzw. Getreue, um sich versammelte. Irgendwie kann man diese Gruppe auch als eine Art Sekte bezeichnen, denn diese Gemeinschaft war strengen Regeln unterworfen, wie z.B.: Sie durften keine aus Tierprodukten hergestellte Kleidung tragen, nichts aufheben, was vom Tisch gefallen war und vor allen Dingen war der Verzehr von Bohnen verboten, denn Pythagoras vertrat die Ansicht, dass in dieser Frucht menschliche Seelen reinkarnieren würden, das Essen von Bohnen also mit Mord gleichzusetzen wäre. Ich gehe davon aus, dass er das bei den Ägyptern aufgeschnappt hat, deren Lehren er eine zeitlang studierte und deren Glaube es war, dass die Toten durch die Stängel der Bohnenpflanze ins Totenreich gelangten.

 

In seinem Alter ließ sich Pythagoras in Kroton (heute Crotone im italienischen Kalabrien) nieder, wo sich jedoch der Unmut der dort ansässigen Bürger gegen ihn, seine revolutionären Lehren und seine Anhänger (Pythagoreer) richtete. Eine (Anm. der Übersetzerin: nicht ganz so glaubwürdige) Überlieferung besagt, dass Pythagoras bei einem Aufstand die Flucht ergriff und in einem Bohnenfeld starb. Wie er nun letztendlich wirklich zu Tode gekommen ist, darüber streiten sich die Gelehrten noch heute, so gibt es die eine Geschichte, dass er in die Fänge seiner Mörder geriet, weil er ja nur recht zaghaft das Bohnenfeld durchquerte, um ja nicht eine Frucht zu zertreten, eine andere besagt, dass er es geschafft hat, das Bohnenfeld hinter sich zu lassen, aber in einem Tempel, in dem er Schutz gesucht hat, verhungert ist.

 

Auch in dem im Jahre 2001 erschienenen unterhaltsamen Roman „Onkel Petros und die Goldbachsche Vermutung“ des griechischen Schriftstellers Apostolos Doxiadis, spielen Bohnen eine Rolle, und zwar in Verbindung mit der Mathematik. Onkel Petros versucht in dieser Geschichte, mit Hilfe von (getrockneten) Bohnen, die er auf dem Wohnzimmerboden verstreut hatte, die Vermutung von Chr. Goldbach aus dem Jahre 1742 zu beweisen, die da lautet: „Jede ganze gerade Zahl > 4 ist als Summe von zwei ungeraden Primzahlen darstellbar.“ Obwohl die englischen und amerikanischen Herausgeber 2 Jahre nach Erscheinen dieses Bestsellers ein Preisgeld von 1 Mio. Dollar demjenigen zusagten, der die Formel lösen kann, ist es niemandem – auch Onkel Petros nicht – gelungen.

 

Nun, Bohnen haben in der Mathematik nicht wirklich weitergeholfen, aber sie helfen natürlich seit jeher Hunger zu stillen. Dicke Bohnen sind in den Niederlanden und in Deutschland lange nicht so populär wie in Griechenland. Vor allem, wenn sie frisch geerntet vom Acker kommen, wie hier auf der Insel, kann man daraus ein 5-Sterne-Gericht zaubern: Man pflückt sie, wenn sie noch klein sind, kocht und serviert sie in ihren Schoten.

 

Werden sie zu groß, mögen die Griechen sie nicht mehr, aber ich weiß es besser:

Befreien Sie die riesigen Bohnen aus ihren Hülsen, kochen Sie diese und bereiten  sie dann mit Speck und Sahne zu: Einfach köstlich!

 

Ein beliebtes Gericht in Griechenland, vor allem im Winter, ist „Fava“, welches von gelber oder grüner Farbe sein kann. Im Gegensatz zu dem, was der Name vermuten lässt, werden für die Zubereitung keine Dicke Bohnen verwendet, sondern Spalterbsen, eine Form der Kichererbsen. Merkwürdig, da fällt mir auf, dass ich hier auf Lesvos noch keine frischen Erbsen gesehen habe... naja, aber dafür tausende von Ackerbohnen, und das sicher dann, wenn die Bohnenpflanzen sich biegen, unter dem Gewicht ihrer mittlerweile schweren Früchte, und ein jeder zur Ernte einlädt. Obwohl die Einheimischen ihre Bohnen nicht so groß mögen, wäre es doch eine Schande, sie verkommen zu lassen. Wissen die Griechen eigentlich nicht, dass man aus der zweischaligen Saubohne auch ein verdammt gutes Fava machen kann? Man nimmt sie aus den Schoten, kocht sie für 5 Minuten, püriert sie dann mit etwas Pfeffer, Salz, Minze, Thymian, Zitronensaft, Knoblauch und fügt zum Schluss gehackte Zwiebel dazu. Jetzt kommt das Püree in eine Auflaufform, etwas geraspelten Käse darüber, ab in den Ofen, solange, bis der Käse zerläuft und das Ergebnis ist ein himmlisches Gericht aus Fava-Bohnen, das nicht Fava heißt...

 

In der Mitte des Sommers, dann, wenn die letzte Bohne geerntet ist, wird ein jeder hier wieder enttäuscht sein, dass die Bohnenzeit vorbei ist, und man wieder ein ganzes Jahr auf frische Koukia warten muss.