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BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
Vulkanlandschaft auf Lesvos mit dem Bergdorf Agra
11.Mai 2011 - Der Schatten von Megali Limni
Aus dem Holländischen von Gabriele Podzierski
Derweil West-Europa sich im wärmsten Frühling seit Jahren sonnt (Ostern
wurden einige Wärmerekorde gebrochen), muss Griechenland sich mit einem
ziemlich kalten und manchmal recht stürmischen Ausklang des Frühlings
abfinden, und zwar in einer Weise, dass der Sommer in weiter Ferne zu
liegen scheint.
In
den Niederlanden und Deutschland werden die Menschen derzeit die
Prophezeiungen bzgl. einer Erderwärmung bestätigt sehen, während wir,
hier in Griechenland, vom Gegenteil überzeugt sind, da jetzt, im
Wonnemonat Mai, sintflutartige Regenfälle auf uns niederprasseln und uns
ein schneidender eiskalter Wind, der wohl vom Nordpol kommt, um die
Ohren und durch die Winterbekleidung fegt.
Die
Wissenschaftler können ja jede Naturkatastrophe gebrauchen, um ihre
Thesen hinsichtlich einer Erderwärmung zu untermauern, aber es sind die
Geologen, die mit ihrer Arbeit nachweisen, dass in früheren Zeiten die
Erde weit größeren Katastrophen ausgesetzt war. Bodenuntersuchungen
belegen, wann Vulkane ausgebrochen sind und gewaltige Tsunamis die ganze
Welt unter Wasser setzten.
Eigentlich kennt ja jeder diese Geschichten aus den alten Schriften, wie
der Bibel und der griechischen Mythologie. Sowohl Gott als auch Zeus,
bestraften die Menschen mit einer Sintflut. Im Buch Genesis ist Noahs
Schicksal nachzulesen, der sich mit dem Bau einer Arche retten konnte.
Die griechischen Mythen sprechen Deukalion, dem Sohn des Prometheus
dieselbe Rolle zu, denn auch er soll mit dem Bau eines solchen Schiffes,
zusammen mit seiner Frau Pyrrha, dem Zorn des Göttervaters entkommen
sein, und zwar dank einer Vorwarnung seines Vaters.
Warum soll man daran zweifeln, dass solche Sintfluten stattgefunden
haben? Schließlich hat man ja auch Muscheln hoch oben auf Berggipfeln
gefunden. Wie hoch schlugen wohl die Wellen bei dieser Katastrophe? Dank
der Fortschritte bei den wissenschaftlichen Arbeiten, kommen immer mehr
Fakten auf den Tisch, dass Aussagen der Bibel auf wahre Begebenheiten
beruhen. So ist nicht auszuschließen, dass das jüdische Volk, als es auf
der Flucht aus Ägypten war und am Roten Meer angelangt war, einen
Tsunami erlebte, der das Wasser zu ihrer Rettung zurücksaugte, um es
gerade dann, als die Verfolger die Stelle erreichten, in haushohen
brausenden Wellen über die Soldaten zusammenschlagen ließ und sie
vernichtete.
Auch ist man immer mehr davon überzeugt, dass es die mythische Insel
Atlantis wirklich gegeben haben soll und ebenfalls ein Tsunami der Grund
ihres Untergangs war. Oder war gar Atlantis das minoische Reich (27. –
15. Jahrhundert vor Christus auf Kreta), das, und da sind die
Wissenschaftlicher sich mal einig, durch Flutwellen verschluckt wurde,
die durch einen Vulkanausbruch auf Santorin ausgelöst wurden?
Megali Limni (großes Meer) liegt in der Nähe von Agiássos und war, wie
der Name aussagt, früher ein großes Becken, angelegt, um Mytilini via
der berühmten römischen Aquädukte mit Wasser zu versorgen (Teile davon
sind noch in Moria und Lambou Mili zu sehen). Als dann 1823 auf der
Insel ein Aufstand gegen die Türken niedergeschlagen wurde, konfiszierte
der türkische Herrscher Megali Limni, legt einen großen Teil davon
trocken, um es als Anbaugebiet zu nutzen, dass von den Bewohnern von
Agiássos
in Form von Zwangsarbeit bewirtschaftet wurde. Ungefähr ein Jahrhundert
später, als Lesvos von der Türkenherrschaft befreit wurde, ließ man auch
den restlichen Teil des Beckens austrocknen, und heutzutage stehen dort
zahlreiche Obstbäume und es wird Getreide angebaut.
Geologen sind in dem Boden von Megala Limni auf Interessantes gestoßen:
Man kann in ihm die Vergangenheit „lesen“, und zwar die von zigtausend
Jahren (22.000 – 62.000 Jahre, wissenschaftlich ausgedrückt: 22 – 62
ka.BP). Während der Identifikation der übereinander liegenden
Bodenschichten fand man heraus, dass Tephra (Sammelbegriff für alle
festen Materialien, wie Lava, Asche, Gestein, die ein Vulkan ausspuckt)
von Vulkanausbrüchen, weit weg von Lesvos (z.B. auf Santorin, Nisyros,
der italienischen Insel Pantelleria und der italienischen Region
Campania) hier nieder regnete. Stellen Sie sich mal vor, wie gewaltig
diese Ausbrüche gewesen sein mussten, da war doch der des isländischen
Vulkans Eyjafjallajokull nichts dagegen, obwohl er tagelang den
Flugverkehr in Europa lahm legte.
Ja,
und dann gab es ja noch die Eruptionen auf Lesvos selbst, die riesige
Sequoias und andere Bäume vor Millionen von Jahren niedermähten und
verbrannten (und wer weiß, was sie noch an Tod und Verderben brachten)
und danach heftige Regenfälle sie versteinern ließen.
Fakt ist, dass die Erde noch nie ein sicheres Plätzchen war. Eiszeiten
setzten tropischen Wäldern am Südpol ein Ende, aber nach und nach färbte
sich die Erde wieder langsam und fröhlich grün. Der Boden von Megala
Limni zeigt zum Beispiel, dass es Zeiten gab, in denen Lesvos mit Bäumen
dicht bewachsen war, es aber auch eine Periode gab, in der auf der Insel
steppenartige Zustände, ohne nennenswerte Begrünung, herrschten.
Die
Wissenschaft erwartet, dass Griechenland stets wärmer und trockener
werden soll, vor allem der südliche Teil. Aber davon ist derzeit auf der
Insel gar nichts zu merken. Im Mai mit nackten Füßen durchs Meer waten,
mit einer dicken Winterjacke an? Das deutet doch wirklich nicht auf eine
Erderwärmung hin. Meiner Meinung nach steuern wir auf eine weitere
Eiszeit zu...
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