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BOULEVARD NEWS AUS LESVOS

 

(Foto: Internet)

 

9.März 2011 - Drachen und gegrillte Meeresfrüchte

Aus dem Holländischen von Gabriele Podzierski 

 

Früher, als die Papierdrachen in Deutschland noch Windvögel hießen (Anm. der Übersetzerin), ging ich mit meinem Bruder und den Nachbarjungens regelmäßig in die Dünen, um Drachen steigen zu lassen. Ein großer Spaß war das, der aber auch seinen Preis hatte, denn blutige Schrammen zierten danach Arme und Beine, da wir oft genug unsere abgestürzten Flieger aus stacheligen Büschen bergen mussten. Ich weiß noch, dass wir weiße Flugzeuge, mit roten rotierenden Flügeln hatten, welche Exemplare da noch so am Himmel über den sandigen Hügeln schwebten, daran kann ich mich leider bei bestem Willen nicht mehr erinnern.

 

Googelt man heutzutage das Wort „Drachen“ überrascht die erscheinende Auflistung. In einem Geschäft einen ganz „normalen“ simplen Drachen zu finden, wird zur Herausforderung. Früher bestand diese Welt der Flieger allein aus Objekten, die an einer einzigen Leine zu führen waren, und heute gibt's Zwei- bis Vierleiner, Lenkmatten, Powerkites, etc. Das Geschäft hat dank des Windes einen rasanten Aufschwung genommen, und auch bei den Einleinern hat sich in den Jahrzehnten einiges getan, jedoch nicht nur hinsichtlich der Entwicklung von Farbe, Form und Material sondern auch bzgl. der Preise, die schon bei bis zu mehreren hundert Euro liegen können.

 

Ich glaube, dass wir entweder damals keine erfahrenen „Piloten“ waren, oder dass die Flieger der alten Zeit es nicht gebracht haben, denn ich weiß noch, dass wir die meiste Zeit des Drachensteigenlassens mit der schmerzhaften Stürzen und Suche nach ihnen im dornigen Gebüsch verbrachten.

 

Internetrecherchen ergeben meist, dass der Ursprung der Drachen in China liegen soll. Es gibt Hinweise, dass sie bereits im 6. Jahrhundert vor Christus erfunden wurden (Anm. der Übersetzerin). Die einen Geschichten berichten, dass es ein Bauer war, der ungewollt den allerersten Drachenvorläufer erfand, indem er eine Schnur an seinem Hut befestigte, weil der Wind ihm ein jedes Mal den Hut vom Kopf wehte. Andere berichten von einem General, der Flugdrachen einsetzte, um die Entfernung zur nächsten Stadt zu berechnen. Auch zur psychologischen Kriegsführung verwendeten Heerführer diese Flugobjekte. So erzählt man sich von einer Legion die den Kampf verweigerte, weil sie einen Kometen gesichtet haben soll, der als Omen für Unheil angesehen wurde. Das brachte einen Kriegsherren auf die Idee einen Drachen steigen zu lassen, an dem ein Feuerball befestigt war. Tja, und nun, da die Krieger einen „umgedrehten Kometen“ darin erkannten, der ja dann nur für Positives stehen konnte, stürzten sie sich wieder Hals über Kopf ins Kampfgewühl. 

 

Auf einer anderen Webseite fand ich einen Bericht, dass Drachen wahrscheinlich in den Anrainerstaaten rund um den Pazifik ihren Ursprung haben, wo man sie mit Netzen und Aas präparierte, um so Fische zu fangen. Eine sehr komplizierte aber interessante Art des Fischfangs meiner Meinung nach.

 

Obwohl das Internet überwiegend aussagt, das Marco Polo die Drachen im 13.Jahrhundert von China nach Europa brachte, gibt es Beweise dafür, wie z.B. die Abbildung eines Mädchens mit einem Drachen auf einer Vase, dass sie bereits mehrere Hundert Jahre vor Christus in Griechenland bekannt waren. Eine griechische Gottheit jedoch, hab ich nie mit einem Drachen ertappen können. Die Mythologie berichtet einzig und allein über Ikarus, der sich die von seinem Vater Daidalos erfundenen Flügel anlegte und, ungeachtet der Warnungen seines Vaters, dann voller Übermut zu hoch flog, so dass die Sonne das Wachs schmolz, mit dem die Federn befestigt waren, diese sich lösten und er ins Meer stürzte.

 

Tja, und unabhängig davon, ob wir heutzutage nun schon mit metallenen Maschinen fliegen können, bleibt das Drachensteigenlassen überall auf der Welt nach wie vor ziemlich beliebt. Überall finden Drachenfestivals statt, zu deren Anlass immer größere Flugobjekte in den Himmel geschickt werden. In manchen Ländern lässt man an bestimmten Tagen aus traditionellen Gründen Drachen fliegen, wie z.B. in Griechenland am Rosenmontag , der hier der „Saubere Montag“ (Kathara Deftera) heißt, und der letzte Tag des Karnevals, und der Beginn der griechischen Fastenzeit, ist.

 

Gestern haben sich die Kinder von Molyvos zu diesem Anlass versammelt, obwohl ich immer wieder beobachten kann, dass es die Väter sind, die am Drachensteigenlassen den meisten Spaß haben. Obwohl es am Morgen regnete und der Himmel grau war, war das kleine Festival ein Erfolg, denn der Wind war mäßig, aber gerade richtig, damit die Flieger schnell ihren Weg hoch in die Wolken finden konnten. Heute hätte sich die Aktion schwieriger gestaltet, denn der Wind war wesentlich stärker, geradezu stürmisch. Die eisigen Temperaturen zur Karnevalszeit hielt aber niemanden davon ab, auf dem Schulhof in Molyvos ein fröhliches jorti (Fest) zu feiern. Obwohl das Geld für einen Umzug in diesem Jahr fehlte, hat man alles daran gesetzt, um eine kleine Karnevalsfeier mit Gesang, Tanz, kleinen Snacks,  Getränken und viel Spaß zustande zu bringen. Es ist gelungen! Und danach? Krise hin oder her: Die Restaurants hatten eine Menge zu tun...

 

Am Rosenmontag ist es hier üblich, kein Fisch oder Fleisch zu essen, nur Kalamaris, Oktapus, Muscheln und Sepia sind „erlaubt“. So bekam ich vorgestern von einer Freundin eine große Tüte voll mit Muscheln geschenkt, worunter sich auch Archemuscheln (längliche Venusmuscheln) befanden. Ich kenne diese Muscheln schon seit meiner Kindheit, aber gegessen hatte ich sie noch nicht, und so informierte ich mich bei meiner Freundin nach der Zubereitungsart. Sie sagte mir, dass man diese Art grillt. Gegrillte Muscheln? Nun, auf einer Art war ich froh, denn oft erhält man diese Meerestiere in ziemlich verschmutztem Zustand direkt vom Fischer, und sie vor der Zubereitung von Schlamm und Algen zu befreien, ist eine ziemlich mühselige Angelegenheit. Jetzt konnte ich sie einfach so wie sie waren auf den Grill legen und das Ergebnis: Als ich sie aufklappte, erwartete mich herrlich orangefarbenes Muschelfleisch, lecker, mit einem wunderbaren leicht rauchigem Geschmack von dem Holz.

 

Die Griechen essen Schalentiere roh, aber das ist mir leider zuwider. Heute war ich bei Freunden, wo wir auf unorthodoxe Weise, doch etwas Fleisch auf den Grill legten. Tja, und dann kam doch ein Säckchen mit Austern, Jakobs- und Venusmuscheln dazu. Was für ein fantastisches Mahl! Eigentlich wollten wir ja auch die Drachen steigen lassen, aber der starke Wind und die eisige Kälte verbannten sie bis zum nächsten Jahr im Schrank. Aber schade ist es doch, dass diese Tradition nur einmal im Jahr gelebt wird.