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BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
Foto aus dem Internet
12.April 2011 - Eselstutenmilchkäse
Aus dem Holländischen von Gabriele Podzierski
Warum trinken wir eigentlich Kuhmilch? Schenken wir der Wissenschaft
Glauben, so ist z.B. Ziegenmilch wesentlich gesünder. Na, ich gehe mal
davon aus, dass es ein wirtschaftlicher Aspekt ist, da eine Kuh mehr
Milch gibt, als eine Ziege und dem Verbraucher deshalb schon von je her
die Kuhmilch schmackhaft gemacht wird. Trotz alledem genießt man überall
auf der Welt hier und da Ziegenmilch und man gebraucht sie nebenbei auch
zur Herstellung von sehr schmackhaftem Käse.
Gibt’s eigentlich neben Ziegen- und Kuhmilch noch andere Milch? Ja, denn
viele weibliche Säugetiere produzieren diesen Muttersaft, wenn sie Junge
haben, wie z.B. die Eselinnen. Vielen ist Eselsmilch ein Begriff, den
sie mit den Badegewohnheiten der Kleopatra in Verbindung bringen. Einige
Ehefrauen römischer Kaiser wollten auch so schön werden, wie sie und
wuschen sich ebenfalls mit diesem Schönheitsmittel. Zu diesen eitlen
Damen zählte auch Kaiserin Poppaea Sabina, die zweite Frau Neros. Das
Problem, dass Eselstuten nicht so viel Milch gaben, stellte sich für sie
nicht, denn mit ihrem Reichtum konnte sie sich hunderte davon halten, um
ihre Wanne jederzeit voll zu bekommen.
Was
man seinerzeit noch nicht wusste, war, dass Eselinnenmilch der
Muttermilch am ähnlichsten ist, und demzufolge gesünder ist, als
Kuhmilch. Sie ist nicht so fett, hat viel mehr Proteine und einen 60%
höheren Anteil an Vitamin C. Darüber hinaus enthält die Eselsmilch keine
Bakterien, muss also nicht pasteurisiert werden. Warum also trinken wir
sie nicht?
Im
Guinessbuch der Rekorde ist Maria Esther de Capovilla aus Ecuador als
älteste Frau der Welt verzeichnet. Kürzlich ist sie mit 116 Jahren, 3
Wochen vor ihrem 117. Geburtstag verstorben. Nach ihrem Tod verrieten
die Kinder den wahrscheinlichen Grund ihres langen Lebens: Maria trank
regelmäßig Eselsmilch!
Meines Wissens nach, trinkt man in Griechenland nicht die Milch der
Eselsstuten. Seit jeher werden die Esel hier als Zug- und Packtiere
gehalten. So musste ein Grautier, um eine Öl- oder Getreidemühle zu
bedienen, schon etliche Kilometer im Kreis laufen. Inzwischen haben
Maschinen und Kraftfahrzeuge viele Esels in die Arbeitslosigkeit
gedrängt, und ihre Anzahl ist in Griechenland dermaßen drastisch
zurückgegangen, dass man sie in Zukunft schon auf der Liste der
bedrohten Tierarten vermuten kann.
Die
Esel, die es jetzt noch in Griechenland gibt, führen eigentlich ein
ziemlich bequemes Leben. Naja, nicht alle, wenn ich z.B. an die armen
Grautiere auf Santorin denke, die dort den ganzen Tag die Touristen vom
Hafen hoch in die Stadt und zurück schleppen müssen. Nun, aber den
Tieren, die man nicht auf diese Weise ausbeutet, geht’s doch heutzutage
recht gut: Sie streunen durch die herrliche Natur, verzehren saftig
grünes Gras (noch lieber jedoch alles, was man mühe- und liebevoll im
Garten angepflanzt hat), und gehen ab und an mal mit einem Touristen auf
den Rücken auf Safari.
Im
Winter haben die auf Lesvos beheimateten Esel, abgesehen von einigen
Transportarbeiten während der Olivenernte, frei. Gerne nutzen sie diese
Zeit mit Spaziergängen durch die Berge, wo ein Teppich voller köstlicher
Blüten und Gräser ausgerollt auf sie wartet. Die Grautiere unserer
örtlichen Eselsfarmer, Michalis und Kostas, erwartete jedoch letzte
Woche ein Extrabonus, denn sie sind in Urlaub gefahren!! Naja,
vielleicht war es doch mehr ein Betriebsausflug, denn sie waren
Teilnehmer an einer Eselssafari. Stellen Sie sich das mal vor, da gingen
doch wahrhaftig hunderte der Tiere auf eine Fähre! Ob sie seekrank
geworden sind, darüber habe ich keine Info, was ich jedoch weiß, ist,
dass sie wohlbehalten zurück sind, denn gestern hab ich sie in Eftalou
gesehen, auf ihrer ersten Touristentour in dieser Saison, und sie
machten einen sehr zufriedenen Eindruck auf mich.
Zurück jedoch zu ihrer Reise, die sie zu dem bekannten Bergdorf
Makrinitsa, nah bei Volos, im Pilion, führte, wo der Getränkegigant „RED
BULL“ ein
"Eselcross“
organisierte. Ich hab von diesem Sport, einer Mischung aus Motocross und
Eselreiten, noch nie etwas gehört. Nun, es waren also 30 berühmte
Motocrossfahrer aus der ganzen Welt eingeladen, das pittoreske Örtchen
unsicher zu machen, und zwar sowohl auf ihren eisernen Rössern, als auch
auf Eselsrücken. So eine Rennstrecke durch das Dorf, über
jahrhundertealte Treppen, durch Wasserläufe und über schmale Eselspfade
zu meistern, ist wahrhaftig kein Kinderspiel, schon gar nicht auf den
sturen Vierbeinern, die sich nicht so einfach einen Gang höher schalten
lassen, wenn es drauf ankommt. So boten sich den Zuschauern
urkomische Szenen,
und ich verstehe jetzt die Jugendlichen von Molyvos, die nur zu gerne
mit ihren Mopeds durch die holprigen engen Gassen brettern, und
vielleicht sind sie die Vorreiter für die neue Sportart "Eselcross“,
denn unser Dorf wäre mehr als geeignet für eine solche Veranstaltung.
Bislang haben aber allein die Esel aus Molyvos an diesem aufregenden
Event teilhaben dürfen und schleppten die robusten Motorradteufel,
behelmt und in voller Ledermontur durch Makrinitsa, obwohl die Bilder
den Eindruck auf mich machten, dass mehr als ein Teilnehmer seinen Esel
ziehen musste, um überhaupt über die Ziellinie zu gelangen. Aber trotz
alledem, welch ein großartiges Gefühl für die Besucher von Lesvos, die
in diesem Sommer einen Eselsritt buchen, wenn sie sich vorstellen, dass
auf demselben Sattel ein berühmter Motocrossfahrer kürzlich erst ein
Rennen bestritten hat.
Tja, aber nun wissen wir, dass es noch eine andere Verwendung für Esel
gibt, und daher mein heißer Tipp an Kostas und Michalis: Eröffnet eine
Eselsmolkerei! Wenn ich daran denke, dass in London im Februar mit viel
Tamtam erstmalig Eiscreme mit Muttermilchanteil angeboten wurde und
seitdem ein Renner ist, kann ich mir schon vorstellen, dass so ein
Eselstuteneis nach einer anstrengenden Eselssafari in glühender Hitze
auch nicht zu verachten ist. Tja, und wenn man aus Muttermilch Käse
machen kann, wie die niederländische Künstlerin
Ine
Poppe
es 1984 bewies und im letzten Jahr das Restaurant „Klee Brasserie“ in
New York, das sein Menü um „Mommy´s milk cheese“ ergänzte, bin ich
sicher, dass man auch Eselstutenmilchkäse herstellen kann, und wenn es
klappt, hätte man viele Esel beschäftigt und aus der Arbeitslosigkeit
gerettet...
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