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BOULEVARD NEWS AUS LESVOS

 

Plomari

Plomari

 

4.März 2010 - Das Krisen-Wunder

Aus dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski 

 

Soviel wird über die Finanzkrise Griechenlands geschrieben, dass ich es nicht mehr zum Thema machen möchte. Vielmehr möchte ich heute über eine Krise schreiben, aus der etwas ganz wundervolles entstanden ist, und zwar handelt mein Bericht über die frühere Hauptstadt des Inselsüdens: Megalochori.

 

Jahrhunderte zuvor erstreckte sich im Süden von Lesvos eine große Wildnis,

eine ideale Gegebenheit für Menschen, sich zurückzuziehen. Demzufolge entstanden kleine Gemeinden, die sich rund um ein Kirchlein scharten. Später kam eine Olivenmühle dazu, und so entstanden kleine Dörfer. Die größte Siedlung trug den Namen Megalochori (mega = groß, chori = Dorf), und eine geraume Zeit war sie die tonangebende in der Region. Die Dörfer lagen hoch in den Bergen, mit sicherem Abstand von der See und somit geschützt vor den Piraten, die regelmäßig mit ihren Raubzügen Tod und Zerstörung über die Inseln brachten.

 

Im 19. Jahrhundert war die Piraterie mehr oder minder ausgestorben, aber die Dörfer an den Südhängen des Olympos bekamen es dann mit einem anderen Widersacher zu tun: In den Jahren 1841, 1842 und 1843 fraßen sich regelrechte Flammenmeere über die Berge und legten sowohl Siedlungen als auch Felder und Olivenhaine in Schutt und Asche. Als dann 1850 auch noch der große Frost Kais (s.Lesvos News vom 24.1.2006) Einzug hielt, und noch mehr Bäume und Pflanzen sterben ließ, war schon ein Großteil der Bevölkerung hinunter zur Küste abgewandert, um sich dort am Meer anzusiedeln, wo schon einige Fischer wohnten.

 

Tja, und so wurden rund um die Mündung des Flusses Sedountas Häuser gebaut, Seifenfabriken aus dem Boden gestampft, Olivenpressen wurden errichtet ebenso wie Mühlen, um Mehl zu gewinnen, Ouzo wurde gebrannt und schlussendlich Schiffe gebaut, um mit diesen Erzeugnissen Handel treiben zu können. Dieser neue Standort zog Seeleute aus ganz Griechenland an, so z.B. aus Kythira, Psara, den Kykladen und dem griechischen Festland. Es war eine gute Zeit, für einen Neubeginn. Die Siedlung hatte einen idealen Standort direkt an der Küste, die Wirtschaft florierte auf der Insel und so konnte das neue Städtchen Plomari, damals noch genannt „Potamos“ (= Fluß, genuesisch: Flumare) einen großartigen Start hinlegen, wurde ein wichtiger Handelshafen, zumal es ja über den idealen Weg zum Osmanischen Reich über Thessaloniki, Antalya und Odessa verfügte.

 

Um 1922, als die Wirtschaft von Lesvos und die des Osmanischen Reiches zusammenbrach, erwischte es auch Plomari hart, und all die große Fabriken mussten schließen. Kommt man heute nach Plomari, flüstert es noch aus den Gassen „hier war man mal wer“: Verfallene, ehemals großartige Patrizierhäuser, Mühlen und Fabriken dominieren das Bild und sind stumme Zeugen der ehemals blühenden Stadt.

 

Obwohl die Wirtschaft extrem zurückfiel, besteht der Hafen von Plomari seit 1928 so wie wir in heute kennen. Er hielt sich durch den Fischfang und mehr noch durch den Schiffsbau, erlangte er doch Ruhm durch den Bau von hölzernen Segelschiffen in den Kategorien von 20 – 150 Tonnen.

 

Plomari war schon immer das Außenseiterstädtchen der Insel. In früheren Zeiten war es kaum erreichbar, es gab keine befestigten Straßen dort hin,

und so führte es ein mehr oder weniger isoliertes Leben am Fuße der südlichen Hängen des Olymps, abhängig von den Seewegen.

 

Heute ist Plomari die Ouzo-Hauptstadt, dank der hervorragenden –meiner Meinung nach sehr würzigen- Erzeugnisse alter Familienbetriebe, wie Varvayannis, Pitsiladi und Arvaniti, die jeder Krise widerstanden. Aber auch das Olivenöl, das von den - nach dem großen Kälteeinbruch 1850 – neu gepflanzten Bäumen gewonnen werden konnte, räumt einen Preis nach dem anderen in heutigen internationalen Wettbewerben ab.

 

Begibt man sich heute auf eine Fahrt nach Plomari, der Hauptstadt des Südens, ebnen gut ausgebaute Straßen den Weg dorthin, und es ist lang nicht mehr so abenteuerlich, wie damals, aber es ist trotz alledem eine atemberaubende Reise, denn die Landschaft ist faszinierend und wird nicht ohne Grund „die Schweiz von Lesvos“ genannt. An den Flanken der Berghänge sind noch viele idyllische Bergdörfer versteckt, unversehrt von großen Bränden und der Zerstörung durch den große Frost. Begeben Sie sich dort hin, werden sie das gut versteckte Neochori mit seiner alten Ölmühle entdecken, und Ambelico, an einem steilen Hang erbaut, wird Sie mit seinem mittelalterlichem Turm (15. Jahrhundert)in der Mitte des Dorfplatzes und einem interessanten kleinen Museum mit folkloristischen und religiösen Schätzen erwarten. Dann ist da noch Akrasi, gebaut rundum eines Dorfplatzes, der einen fantastischen Ausblick auf eine Schlucht bietet und das lebendige Dörflein Paleochori, wo der Bäcker noch das Brot im Holzofen zubereitet. Allein die Siedlungen Milies und Koernella sind menschenleer.

 

 

So hat Lesvos, verursacht durch die Krise von Bränden und Frost im 19.Jahrhundert, ein wunderschönes, fast italienisch anmutendes Städtchen, das an den Hängen des Berges zu kleben scheint, mit einer grandiosen Aussicht auf das Meer. Im Labyrinth der kleinen steilen Gassen, vorbei an neoklassizistischen Häusern, die trotz ihres Verfalls eine edle Ausstrahlung haben und neben fröhlichen bunten neuen Häusern stehen, werden auch Sie die Kraft spüren , die Plomari bewegt hat, sich aus der Armut herauszuwinden und jegliche Krise zu überwinden. Und wenn Sie dann da sind, dann gehen Sie mal in den unteren Teil der Stadt, an die Mündung des Flusses Sedountas, wo die weißgekalkten Seifefabriken stehen, denn dort gibt es ein idyllisches Plätzchen unter einer riesigen Platane, gleich neben dem Hafen, einfach geschaffen, um einen Kaffee zu trinken.

 

So sieht man, dass man eine Krise nicht nur überwinden, sondern dass aus ihr auch etwas Neues und Wunderbares entstehen kann. Plomari ist derzeit noch eine vom Tourismus unentdeckte Perle an der Südküste von Lesvos, ein gemütliches Städtchen, wo die Griechen trotz soviel Krise aufrecht gehen...

 

 

P.S.:

Eine andere, botanische Erklärung für die Entstehung des Namens Plomari ist diese: In der Umgebung der Stadt findet man seit jeher vermehrt die Pflanze Palisaden-Wolfsmilch ( euphorbias characias ). Eine Pflanze aus der Familie der Wolfsmilchgewächse. Im Volksmund der Griechen heißt sie Flomos. Die alten Leute aus Plomari erinnern sich noch daran, dass die Siedlung damals, benannt nach dieser Pflanze, Flomari hieß und eine Lautverschiebung das heutige Plomari daraus machte.