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BOULEVARD NEWS AUS LESVOS

 

Der farbenprächtige Markt von Dikili

Der farbenprächtige Markt von Dikili

 

6.Mai 2010 - Staubwolken und Streiks

Aus dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski 

 

Früher war das Reisen ein Abenteuer, auch für Touristen: Wollte man nach Griechenland, ging es entweder mit dem Zug über Jugoslawien nach Athen oder man fuhr nach Italien und bestieg dort ein Schiff. In den 60er und 70er Jahren waren Flugreisen noch nicht so populär. Die Zeiten, in denen das „Inselhopping“ mit dem Boot Standard war, sind seit Jahrzehnten vorbei, heute ist es für den Reisenden selbstverständlich, mit dem Charter direkt an den Bestimmungsort zu kommen.

 

Man kennt das ja: Wenn was schief geht, dann geht’s richtig schief. Der Vulkanausbruch in Island hat uns recht krass vor Augen geführt, wie abhängig wir heutzutage vom Flugverkehr sind, denn nicht nur die Tourismusbranche sondern auch die Wirtschaft erleidet enormen finanziellen Schaden, wenn der Flugverkehr brachliegt. Auf die Idee, die Phantasie spielen zu lassen, kommt kaum noch jemand, was ein berühmter Modedesigner bewies, der sich verzweifelt die Haare raufte, weil seine neueste Kollektion von Mailand in die Niederlande musste, und kein Flugzeug startete. Er hat wohl vergessen, dass Mailand keine Siedlung auf einem kleinen Eiland mitten im Ozean ist, sondern eine Großstadt, in der es Bahnhöfe gibt und aus der Autobahnen ins restliche Europa führen. Auch ein Journalist, der in Istanbul arbeitet, kam nicht überzeugend rüber, als er ausführte, aufgrund des Vulkanausbruchs unfreiwillig in den Niederlanden gestrandet zu sein. Ja, hat er denn noch nichts von dem berühmten Orient-Express gehört? Dieser legendäre Zug, der damals von Paris nach Istanbul fuhr? Ok, der hat inzwischen zwar seine Dienste eingestellt, aber soviel ich weiß, kommen immer noch Züge im Bahnhof der türkischen Metropole an.

 

Auch ich bin mehr oder weniger in meinem eigenen Haus gestrandet, als ich zwecks Erledigung einiger Angelegenheiten nach Holland musste, aber die Luft, im wahrsten Sinne des Wortes, nicht rein war, sondern voller vulkanischer Asche. Die Sachen waren aber nicht so dringend, dass ich mich dazu entschloss, aufs Boot oder Auto umzusteigen, was aber auch eine Möglichkeit gewesen wäre, von der Insel wegzukommen (für Menschen mit Flugangst sind diese Reisemethoden völlig normal). Also fassten wir uns in Geduld, und nahmen die Woche Verzögerung hin, bis wir den Flieger besteigen konnten, um unsere Dinge in Amsterdam zu regeln. Schnell wollten wir wieder zurück, mussten aber auch unseren Rückflug verschieben, da die Flüge nach Lesvos und Athen aufgrund der Ferienzeit in den Niederlanden ausgebucht waren. Durch diese Planänderung kamen wir jedoch ein paar Tage später alsdann in den Genuss eines günstigen Direktflugs, von dem ich mir erhoffte, dass er mich in 3,5 Stunden nach Mytilini bringen würde.

 

Dieses Mal war ein kein Vulkan der Sand ins Getriebe streute, sondern die Griechen. Während die Regierung händeringend alles Mögliche und Unmögliche versucht, um nicht unterzugehen, scheint die Bevölkerung noch nicht wirklich davon überzeugt zu sein, dass es dringend notwendig ist, ihren Lebensstil zu ändern. Zum Zeichen ihres Unmuts darüber und auch aus Angst davor, dass die finanziellen Hilfen aus Amerika und einigen europäischen Staaten, ein Versuch der Übernahme des Landes ist, werden immer mehr Streiks ausgerufen.

 

Tja, und dann stand ich am frühen Dienstagmorgen am Schalter im Flughafen Schiphol, bereit um einzuchecken, und musste just dort zu meiner großen Überraschung erfahren, dass nicht Mytilini Ziel dieses Fluges sein wird, sondern das türkische Izmir, da ein Streik im griechisch-öffentlichen Dienst den gesamten Luftraum über Griechenland lahm gelegt hat. Und so nahmen die Dinge ihren Lauf: Kaum hatten wir das prächtige und weiträumige Flughafengebäude von Izmir verlassen, wurden wir überaus freundlich von der Reiseleitung empfangen und zu Reisebussen begleitete, die uns nach Dikili bringen sollten, einem Hafenstädtchen, direkt gegenüber von Lesvos.

 

Und ich sage Ihnen, es war so beeindruckend, diese Umgehungsstraße von Izmir, dem früheren Smyrna, wo einst so viele Griechen wohnten, zu befahren. Nun strecken sich überall riesige Hochhäuser in die Luft, ein typisches Phänomen der heutigen Türkei. Kaum lag jedoch Izmir hinter uns, verlor die Gegend ihren städtischen Charakter, und es kamen stattdessen reichlich mit Obst- und Olivenbäumen bewachsene Hügel und Berge in Sicht. Endlich konnte ich die Landschaften sehen, in denen die Bücher des großen türkischen Schriftstellers Yasar Kemal spielen (z.B.„Der Granatapfelbaum“ und „Das Unsterblichkeitskraut“). Je näher wir Dikili kamen, umso grüner und weniger bebaut präsentierten sich uns Anhöhen, Bergrücken und ausgestreckte Ebenen.

 

Im beschaulichen Dikili angekommen, hatten wir genügend Zeit, um den Markt zu besuchen und etwas vom türkischen Leben zu kosten, bevor wir mit 2 Flugzeugladungen Lesvos-Besuchern auf eine gecharterte Fähre nach Ayvalik gepresst wurden. Das Meer war glatt und nahm die Farben der untergehenden Sonne an, Delphine wünschten uns eine gute Reise und gegen Abend erreichten wir Mytilini, unser Reiseziel.

 

Ich sage Ihnen, hätte ich all das vorher gewusst, so wäre meine Kleidungswahl eine andere gewesen, und ich wäre ausgeruhter auf diese Reise gegangen, die ich übrigens nur jedem ans Herz legen kann. Auch viele schlaue Griechen, vor allem aus Thessaloniki, wählen die Route per Auto über die Türkei, um dann mit der Fähre von Ayvalik oder Dikili aus in ca. 90 Minuten nach Lesvos überzusetzen, da dies nämlich viel preiswerter ist, als die Schiffsverbindung von Athen oder Thessaloniki. Auch für Flugreisende ist es billiger, Izmir anzufliegen. Sie müssen dann halt nur dafür Sorge tragen, nach Ayvalik oder Dikili zu kommen und sich rechtzeitig danach erkundigen, ob eine Fähre am gewünschten Tag ablegt (im Sommer fahren diese regelmäßiger, als im Winter).

 

Wirklich reisen, kostet Zeit, aber wenn Sie dazu bereit sind, kann der Beginn der Reise, auch gleichzeitig der Beginn Ihres Urlaubs sein. Wie müde ich auch war, ich habe jede Minute dieser unerwarteten kleinen Reise durch die Türkei genossen, und so kann ich nur jedem empfehlen, irgendwann auch etwas Abenteuer mit dem Urlaub zu verbinden und kein Problem sondern Chance in Ereignissen, wie z.B. einem Vulkanausbruch oder Streik, zu sehen. Wäre ich eine Geschäftsfrau, so würde ich in diesen unsicheren Zeiten dem Orient-Express wieder Leben einhauchen, denn das altmodische Reisen mit Zug, Bus und Schiff kann in meinen Augen eine goldene Zukunft haben...