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BOULEVARD
NEWS AUS LESVOS
Das Meer in Eftalou
12.Januar 2010 - Das Salz in der Suppe
Aus
dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski
Die
meisten Länder nördlich und westlich von Griechenland stöhnen über das
harte Winterwetter. Die Niederlande und auch Deutschland haben Sorge,
dass der Salznachschub gewährleistet ist, denn der Streugutbestand ist
nahezu aufgebraucht.
Hier auf der Insel glitzern die Salzberge unbekümmert in den
Sonnenstrahlen. Salz gibt es wahrlich genug auf Lesvos .....(s.
News vom 24.6.2009), glatte Straßen sind bei diesem warmen
Winterwetter nicht in Sicht, und außerdem ist eh genug Salz auf den
Straßen, denn die ungewöhnlichen Südwestwinde lassen die Wellen auf die
Straßen schlagen, wo die Touristen im Sommer gemächlich spazieren gehen.
Derzeit sieht es so aus, als brauche man nur noch etwas Geduld, um auf
dem Eftalou-Boulevard und der Strandstraße von Petra mit der
Salzgewinnung beginnen zu können. Eine Goldgrube, wenn man bedenkt, dass
anderswo in Europa das Salz knapp zu werden scheint. Es bedarf nur einem
griechischen Schlaumeier, der die Marktlücke erkennt und all die weißen
Berge zum doppelten Preis auf den Markt bringt.
Die
Griechen haben eh das Geld bitternötig, denn es ist kein Geheimnis mehr,
dass der Staat fast bankrott ist und sich unter Sparzwang setzt. So wird
für alte Fahrzeuge eine Art Öko-Abgabe eingeführt, die Steuern auf
reinen Alkohol (von 11,4 Euro/Liter auf 13,7) und Zigaretten (von 57,5
auf 70%) wurden erhöht.
Die
Gemeinden Petra und Molyvos werden sich beim Anblick der erheblichen
Sturmschäden die Haare raufen, denn sie ahnen bestimmt, dass ihre
Hilferufe um finanzielle Unterstützung Richtung Athen angesichts der
leeren Staatskassen wahrscheinlich verhallen werden, und dabei hat der
Winter gerade erst begonnen.
Während im Norden von Lesvos die salzige See Straße und Wege untergräbt,
ziehen es die Niederländer vor, ihr Land selbst zu untergraben, indem
man kurzum das Solfeld Barradeel, in der nördlichen Provinz Friesland,
für eine zusätzliche Salzgewinnung erweitert. „Not bricht Gesetze“ ist
die Erklärung der Wirtschaftsministerin Maria van der Hoeven, als würden
wir nicht in Europa wohnen, wo man doch überschüssiges Salz aus anderen
Staaten der Gemeinschaft importieren könnte...
Die
Regierungen hätten sich nicht so von der Pharmaindustrie in Panik
versetzen lassen und, statt all das Geld in Schutzimpfungen gegen die
Schweinegrippe zu investieren, einfach ein zusätzliches Salzdepot
anlegen sollen. Jetzt liegt ein Teil Europas flach, nicht aufgrund der
so gefürchteten Grippeepidemie, sondern wegen des harten Winters und dem
daraus resultierenden Streugutmangel. Hätte man den Salzvorrat
Griechenlands gekauft, wäre es obendrein auch noch eine Art moderner
Entwicklungshilfe gewesen.
In
der Region von Polychnitos und Lisvori, um den Golf von Kaloni, wurden
Ruinen von sehr alten Siedlungen gefunden. Entlang der Küste von
Skamnioudi stieß man auf Spuren eines großen ehemaligen Hafens. Die
Wellen graben dort langsam einen imposanten Wall aus, dessen
archäologische Überreste den Blick auf verschiedene Schichten von
historischen Siedlungen frei geben. Münzen, und selbst Skelette, kommen
so wieder ans Tageslicht. Andere Funde weisen darauf hin, dass dieses
Ufer früher die „weiße Küste“ genannt wurde. Vielleicht hatte man den,
an Burgen, Häusern und dem großen Hafen zu erkennende Reichtum der
Salzgewinnung zu verdanken. Fakt ist, dass es einmal eine Zeit gab, in
der Salz so wertvoll war, wie Gold, und der Salzberg bei Skala
Polychnitos von solch großer Bedeutung war, dass er Grund für einen
Krieg gewesen sein könnte.
Tja, und heute werfen wir alle das „weiße Gold“ so einfach mal auf
unsere Straßen.
Ich
geh mal davon aus, dass die Salzpreise angesichts des jetzigen kalten
und vor allem glatten Winters etwas in die Höhe gehen werden, aber die
Zeiten, in denen man einen Sklaven für eine Handvoll Salz kaufen oder
verkaufen konnte sind definitiv vorbei. Man wird sich vielleicht
zukünftig auch noch etwas über das Salz streiten, wie jüngst in
Friesland, aber Waffen und Rüstung wird deshalb niemand mehr aus dem
Schrank hervorholen, und so wird der Salzberg von Skala Polychnitos
alsbald bei Unternehmern und Touristen in Vergessenheit geraten.
Auch wenn hier in Eftalou kein Schnee liegt, wird es in kürzester Zeit
zum wirtschaftlichen Stillstand kommen, wenn man nicht endlich bezüglich
der zerstörten Straße handelt. Wenn es dazu kommt, dass der
Eftalou-Boulevard nicht mehr für Autos und den saisonalen Linienbus
passierbar ist (derzeit können ihn nur kleine PKWs auf eigene Gefahr
befahren) wird ein Teil des Ortschaft von der Außenwelt abgeschnitten
sein. Klar, der Weltwirtschaft wird es nicht schaden, aber trotzdem...
Nein, wir haben nicht unter Schneestürmen zu leiden, nur unter
fliegendem Salz aus dem Meer!
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