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Molyvos

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21.Mai 2010 - Das Meer steigt

Aus dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski 

 

Wie sah die Welt wohl früher aus, und welche Lehren können wir aus der Vergangenheit ziehen?

 

Vor einigen Tagen herrschte ein gewaltiger Sturm auf Lesvos, der die See in ungeahnte Höhen aufpeitschte. Der bösartige Westwind, der vergangenen Winter Strände, Straßen und sogar das eine und andere Hotelzimmer in der salzigen See verschwinden ließ, schaffte es, die Wellen zu einem erneuten Angriff auf die Küsten anzutreiben. Diese ließen sich nicht lange bitten und schlugen mit enormer Kraft gegen die gerade erst ausgebesserten Kaimauern und Straßen. Tagelang waren die Strände rund um Molyvos unzugänglich für die ersten Touristen und das, wo man die Ausbesserungsarbeiten erst kürzlich abgeschlossen hatte und bereit für die Saison 2010 war. Wie ärgerlich ist das denn? Jetzt kann manch einer wieder von vorn anfangen...

 

Natürlich schießen mir bei diesen Bildern gleich die unheilvollen Berichte und Voraussagen über die Erderwärmung, die den Meeresspiegel ansteigen lässt, in den Sinn. Ich glaube zwar nicht, dass die Ägäis in Nullkommanix um einen halben Meter (so wie in den letzten Tagen) höher wird, aber ins Grübeln komme ich dennoch.

 

Es soll jedoch auch Städte geben, die vom steigenden Meeresspiegel profitieren. So liegt das antike Ephesus (nah bei dem türkischen Urlaubsort Kusadasi) einige Kilometer von der See entfernt, obwohl es doch ursprünglich ein wichtiger Hafen, gelegen an der Mündung des Flusses Kaystros, war. Nachdem diese, für den Seehandel erforderliche Verbindung mit dem Meer, durch Schwemmablagerungen verlandete, verödete der Ort und wurde aufgegeben. So ging er vorbei, der unschätzbare Wohlstand der einst so blühenden Stadt, die bereits um das 10. vorchristliche Jahrhundert durch ionische Griechen besiedelt und, der Sage nach, von Androklos, König von Attika, erbaut wurde.

 

Heute stellt Ephesus eine der bedeutendsten archäologischen Stätten der Welt dar, wo mehreren Hunderttausenden Besuchern jährlich die Möglichkeit gegeben wird, auf weitläufigen Rundgängen Einblick in das Leben der Antike zu nehmen. So ist Ephesus eine blühende Touristenstadt, obwohl dort kein Mensch mehr lebt, und wenn man sich jetzt vorstellt, dass das Meer wieder an die Türen des Ortes klopfen würde, die Besucher also per Schiff, statt mit dem Bus, angereist kämen, das wäre doch eine großartige Entwicklung.

 

Das nächste Beispiel ist die griechische Stadt Pavlopetri, einst gelegen am südlichsten Punkt der Peloponnes: Wissenschaftler vermuten, dass sie vor ungefähr 2.500 Jahren durch die Setzung des Bodens und den Anstieg des Meeresspiegels unterging. Diese Stätte wurde 1967 von dem Meeresarchäologen Nic Flemming mit einem einfachen Schnorchel aufgespürt und erkundet. Er zeichnete seine Entdeckungen über die versunkene Stadt auf und publizierte sie ein Jahr später. Er und sein archäologisches Team gingen davon aus, dass man Ruinen aus der mykenischen Periode (1600-1100 v.Chr.) aufgespürt habe.

 

40 Jahre dauerte es, bis 2009 die Forschungen wieder aufgenommen wurden und die Ergebnisse die Welt in Staunen versetzte: Gefundene Keramikscherben weisen darauf hin, dass Pavlopetri 5.000 Jahre alt sein kann, so dass manch einer den Verdacht hegt, dass das sagenumwobene Atlantis gefunden wurde.

 

Das Einzigartige dieser Unterwasserstadt ist, dass die gesamten Straßen noch deutlich zu sehen und Gebäude teilweise erhalten sind. Grundmauern und Grundrisse lassen sich nahezu vollständig rekonstruieren. Die neuesten Entdeckungen erstrecken sich allein auf 9.000 Quadratmeter ! Die Aufregung unter den Wissenschaftlern ist mehr als verständlich, aber ich fürchte, es wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen, bis man erklären kann, weshalb die Stadt auf dem Meeresgrund, statt auf dem Land liegt. Eine Theorie dafür ist, dass sie – wie die kretisch-minoische Kultur – dem Ausbruch der Vulkaninsel Santorini (1626 – 1600 v.Chr.) zum Opfer fiel. Tja, und nun haben auch wir es mit einem Vulkan zu tun, der unser Leben aus den Fugen geraten lässt. Ich will ja nicht –wie manch ein Experte derzeit – den Teufel an die Wand malen, aber was wird aus der Welt werden, wenn Katla, der große Bruder des derzeit spuckenden Vulkans Eyjafallajökull, ausbricht?

 

Die meisten Dörfer auf Lesvos, wie Molyvos, Vatoússa, Sikaminea und Skalochorí, liegen zwar im Trockenen auf einem Berg und müssen keine Angst vor einem, durch einen Vulkanausbruch angestauten Tsunami haben, aber bei den Hafenstädten Mytilini, und Plomári, da hätte die See freies Spiel, wenn sie auf Kriegspfad ginge. Stellen Sie sich mal vor, dass man in ein paar tausend Jahren diese Städte auf dem Meeresgrund wieder findet und zu Füßen des Wahrzeichens von Pétra, der Kirche Panagia Glykofilloúsa, die dann einsam auf dem Felsen stehend aus den Fluten ragen wird, ein versunkenes Dorf entdecken wird.

 

Bislang jedoch stehen diese Inselorte noch an der Küste und lecken sich derzeit die Wunden, die der jüngste Sturm ihnen zugefügt hat. So schnell lässt sich Lesvos, im wahrsten Sinne des Wortes, nicht unterkriegen, weder durch Krise, Streiks noch Unwetter. Die grünen Hügel und Berghänge, durchzogen mit bunten Frühlingsblumen, vermitteln nach wie vor den Eindruck, als gäbe es sie ewig...