Molyvos (Mithimna)

Lesvos

Home

Home
Lesvos-News 2010

23.Dezember 2010
13.Dezember 2010
8.Dezember 2010
24.November 2010
17.November 2010
8.November 2010
1.November 2010
23.Oktober 2010
11.Oktober 2010
6.Oktober 2010
27.September 2010
22.September 2010
14.September 2010
7.September 2010
1.September 2010
24.August 2010
16.August 2010
10.August 2010
2.August 2010
28.Juli 2010
19.Juli 2010
13.Juli 2010
6.Juli 2010
29.Juni 2010
22.Juni 2010
15.Juni 2010
10.Juni 2010
3.Juni 2010
27.Mai 2010
21.Mai 2010
12.Mai 2010
6.Mai 2010
1.Mai 2010
17.April 2010
8.April 2010
30.März 2010
26.März 2010
14.März 2010
10.März 2010
4.März 2010
22.Februar 2010
16.Februar 2010
8.Februar 2010
2.Februar 2010
25.Januar 2010
19.Januar 2010
12.Januar 2010
5.Januar 2010

BOULEVARD NEWS AUS LESVOS

 

Eine Ragwurz (Ophrys)

Eine Ragwurz (Ophrys)

 

8.April 2010 - Seilchenspringen mit Fuchshodeneis

Aus dem Holländischen/Englischen von Gabriele Podzierski 

 

Alle Jahre wieder macht mich die Pracht und Fülle an Wildblumen, die in Rekordzeit im Frühjahr aus der Inselerde schießt, schier sprachlos. Es beginnt, manchmal bereits im Dezember, mit den bunten Anemönchen, dann folgen die kräftig roten Blüten des Mohns und der Anemonen, das filigrane Rosa der Zistrosen, das strahlende Weiß-gelb der Narzissen, und in Windeseile sind Wiesen, Hügel und Hänge übervoll mit bunten Frühlingsblühern. Den Touristen, die im Sommer kommen, entgeht diese Pracht, und es ist kaum vorstellbar für sie, was die trockene Erde, die sie bei ihrem Aufenthalt antreffen, bereits Wundervolles hervorgebracht hat.

 

Die Blume der Blumen zwischen all den Naturschönheiten ist die Wilde Orchidee, die zahlreiche Sammler und Fachleute auf der ganzen Welt in ihren Bann zieht. Es ist nicht nur ihre fragile und exotische Schönheit, die begeistert und zum Sammlerobjekt macht, sondern auch die Tatsache, dass diese Pflanze die Fähigkeit hat, sich noch stets zu verändern, d.h. immer wieder neue Exemplare hervorzubringen. Eine Eigenschaft, die im heutigen Pflanzenreich einzigartig ist.

 

Nehmen wir z.B. die faszinierende Bestäubungsbiologie der Bienen-Orchideen: Da sie den Insekten keinen Nektar anbieten können, täuschen sie mit Farbe, Geruch oder Struktur vor, weibliche Bienen, Wespen oder Käfer zu sein und locken so die Männchen an. Tja, und die fallen drauf rein, wollen das „falsche Weibchen“ begatten und befruchten so die Ragwurz. Das ist doch ein Wunder der Schöpfung, oder?

 

Wenn man sich bewusst macht, wie viele Orchideenarten es gibt (allein auf Lesvos 60 – 100) und wenn man sie so betrachtet, dann kann man schon bei der manchmal frappierenden Ähnlichkeit Verständnis dafür haben, dass so ein Bienchen durcheinander kommt und versehentlich auf einen Typen fliegt, der

sie gar nicht anmachen wollte, tja, dann kommt es zu einer Kreuzbestäubung, die, wenn alles gut geht, eine neue Ragwurz-Variante, Art oder Unterart hervorbringt.

 

Orchideen verdrehen nicht nur Botanikern, Sammlern, Bienen, Schmetterlingen und anderen Insekten den Kopf, sondern auch der Gruppe von Menschen, die in dieser Pflanze ein Aphrodisiakum sehen. Schon der Name gibt einen Hinweis darauf, denn der Name Orchidee wird vom griechischen Wort „Orchis“ = Hoden, abgeleitet und beruht auf der Ähnlichkeit der beiden im Boden liegenden Knollen mit eben diesen männlichen Merkmalen.

 

Es war der griechische Philosoph und erste Naturforscher Theophrastos von Eressos (371 –287 vor Christus), der dieser exzentrischen Pflanze diesen frivolen Namen gab. Einige Jahrhunderte später bestätigte der Arzt und berühmteste Pharmakologe der Antike, Pedanios Dioscurides (40 – 90 nach Christus), in seiner aus 5 Büchern bestehenden Arzneimittellehre „De materia Medica“, Theophrastos Theorie, dass die Orchidee gut sei, um die männliche Potenz zu verstärken bzw. wiederzubeleben.

 

Somit ist das wichtigste Nebenprodukt der Orchidee der „Salep“, eine Verkürzung des arabischen Wortes „khus yatus alab = Fuchshoden (griech. Salepi). Nach der Blütezeit gräbt man die saftigen Orchideenknollen aus, trocknet sie in der Sonne, bis sie hart sind und reibt sie dann, bis ein feines Pulver entsteht. Eines der Geheimnisse des französischen Chocolatier und Hoflieferanten des französischen Königshauses, Sulpice Debauve, war, dass er seine Schokolade mit persischem Salep bereitete.

 

Salep ist auch die Bezeichnung für ein vor allem in der türkisch-arabischen Welt verbreitetes Getränk: Saleppulver wird mit Milch und Zucker erhitzt, bis es cremig wird und vor dem Servieren mit Zimt bestäubt. Im 17. und 18. Jahrhundert, bevor der Kaffee- und Teekonsum sich in ganz Europa ausbreitete, war dieser Trunk sogar in England populär und wurde für eine lange Zeit in Griechenland und der Türkei auf den Straßen und in Kafenions verkauft. Wer sich einen Kaffee nicht leisten konnte, trank Salep vor Arbeitsbeginn, denn es hatte eine ähnlich stimulierende Wirkung.

 

Heutzutage findet man in Athen noch ein paar wenige Straßenhändler, die Salep anbieten, aber im allgemeinen ist es aus dem griechischen Leben verschwunden, zumal die Wilden Orchideen in ganz Europa zu den geschützten Pflanzen zählen und es daher verboten und strafbar ist, das Pulver herzustellen. In der Türkei jedoch wird Salep noch reichlich getrunken, hauptsächlich im Winter. In der Sommerzeit genießen die Türken eine andere Spezialität mit diesem Pulver: „Salepi dondurma“ (Salep-Eis). Es ist ein schleimigzähes Gefrorenes, das neben Salep, Sahne, Zucker, Milch und Mastix enthält. Diese fast gummiartige Masse ist so dick, dass man sie mit Messer und Gabel isst, und scheint so elastisch zu sein, dass man so lange Stränge daraus ziehen kann, die sich zum Seilspringen eignen!

 

Die große Beliebtheit von „Salepi dondurma“ bereitet Naturschützern echtes Kopfzerbrechen, denn um 1 kg Salep zu gewinnen, sind mehr als 1.000 (!) Knollen nötig. Da kann man sich ausrechnen, wie viele Orchideen jährlich untergehen müssten, wenn die Türkei noch Tonnen Salep exportieren würde. Der Export ins Ausland ist aber verboten, doch die Türken selbst, sowohl Konsumenten als Eishersteller, weigern sich, auf das geliebte Produkt zu verzichten und das, obwohl Schäfer und Sammler inzwischen schon angedeutet haben, dass es immer mühevoller wird, überhaupt noch Orchideen zu finden und gar die große Gefahr besteht, dass sie in der türkischen Landschaft aussterben.

 

Eine nützliche Eigenschaft von Salep ist, dass man damit Milch oder Wasser andicken kann. Die Vermutung liegt nahe, dass das Getränk Salep, was derzeit verkauft wird, nur wenig oder gar kein Orchideenpulver enthält, sondern mit Maisstärke oder Vanillepulver gemischt wird. Die Orchideenknollen haben einen solch subtilen Geschmack, dass es keinen Unterschied macht, wenn man Salep durch Speisestärke ersetzt.

 

Auch in Griechenland ist „Salepi Dondurma“, nicht unbekannt. Hier heißt es „Kaimaki-Eis“. Um die Orchidee zu schützen, nachfolgend ein Rezept für

„Falsches Fuchshodeneis“: Anstelle von Salep, wird Maismehl, etwas Vanillepulver und Rosen- oder Orangenblütenwasser eingesetzt. (Sie benötigen jedoch eine Eismaschine)

 

3 Tassen Sahne

3 Tassen Vollmilch

1,25 Tassen Zucker

3 Esslöffel Stärkemehl

1 Teelöffel Rosen- oder Orangenblütenwasser

1 Teelöffel Vanillepulver

½ Teelöffel Mastixpulver

 

Verrühren Sie die Stärke mit etwas Milch zu einem Brei. Erhitzen Sie die restliche Milch mit dem Zucker in einer Pfanne und fügen Sie den Brei sowie die anderen Zutaten hinzu, sobald die Milch heiß ist. Lassen Sie alles unter ständigem Umrühren aufkochen, bis eine cremige Substanz entsteht. Dann nur noch abkühlen lassen und den Rest erledigt die Eismaschine.